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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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bedeutet Tod und Untergang. Ja, tut mir Leid, da bin ich mir ziemlich sicher. Hm-hm. Die Vernichtung der Natur durch den Geist. Ist dies das erste Thema? Da darfst du gespannt sein, was ihm noch alles einfällt.« Der Antichrist sah zu Breather hinüber. »Breather, sei ein braver Sancho und hol mir mal meine Phänomenologie des Geistes .«
    Der Breather ging die wenigen Stufen vom Wohn- in den Schlaf- und Badbereich hoch. Im Fernsehen, gestört nur durch wenige vertikale Streifen, brachte Marilyn Munster gerade eine Männerbekanntschaft nach Hause, die gleich Reißaus nahm, als sie Vater Herman sah, und im Zeitraffer auf einen Telefonmast zuflüchtete, was beide als Indiz für Marilyns Charme ansahen und worüber das Publikum lachte. Der Breather kehrte zurück und gab dem Antichrist das Buch.
    »Vernichtung N. durch G., wollen mal sehen«, sagte LaVache blätternd. Er hielt inne. »Bingo, also ... okay, pass auf, N.R., warum kommt du nicht vor dem Abendessen vorbei und wir sprechen über die Sublimation durch die Begriffe? Genau. Das Bein hat zu dieser Zeit natürlich einen Riesenhunger. Genau. Bis dann.«
    Der Antichrist legte auf und stellte das Telefon auf den Boden. »Ein Hegel-Tutorium bei Huffman«, sagte er zu Breather. »Das Bein mag das.«
    Der Breather grinste und ließ vor Lenore seine Brauen spielen.
    »Also Rick... geht nur ein bisschen spazieren ... für ihn als Ehemaligen ... werden natürlich Gefühle wach ...«, murmelte Lenore.
    Der Antichrist sah sie an. »Warum bist du noch nicht unter der Dusche?«, fragte er. »Um vier sind die »Munsters« zu Ende, meine Katharsis ist vollendet. Dann sind wir nicht mehr hier, denn Heat muss noch lernen.«
    »Okay«, sagte Lenore. Sie löste die Riemen des Koffers, wühlte sich durch Ricks Unterwäsche, bis sie einen Waschlappen und eine Zahnbürste hervorzog und damit zur Treppe ging.
    »Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid«, sagte der Breather.
    »Danke«, sagte Lenore. Sie zitterte.
    »Schätze, wenn alle weg sind, könnte ich auch ein Mandrax gebrauchen, A. C.«, sagte der Breather zu LaVache.
    Lenore hängte den verbogenen Drahtbügel ab, mit dem die Badezimmertür offen gehalten wurde, und schloss den Fernsehhintergrund, die leisen Stimmen und das glatte Geräusch der Schublade aus.
│h│
    Ich bin nicht sicher, wie ich schließlich, um drei Uhr nachmittags, im Flange gelandet bin, und ich weiß auch nicht, wann das Flange zur Schwulenbar wurde, aber es muss nach 1968 gewesen sein. Ich weiß nämlich, dass ich in jenem Jahr zusammen mit anderen Außenseitern von der Psi-Phi-Fraternity jeden Mittwoch dort war, um ein paar zu heben, Poolbillard zu spielen und, in unseren Tweedjacketts, weißen Socken und Weejun-Schuhen, ein bisschen die Grenzen abzubauen zwischen uns und den anderen von der Städtischen Uni. Und darf wohl sagen, keiner von ihnen war damals in irgendeiner Weise schwul.
    Aber der Glasperlen-Vorhang klickte, und da stand ich, etwas erhitzt vom Gehen und mit einem kitzligen Brennen von trockenem Laub in der Nase. Der Laden war relativ leer an diesem Montag, außer ein paar tanzenden Pärchen und einer Gruppe, die an einem Ende der Bar die »Bob Newhart Show« guckte, eine Serie, die auch ich immer gemocht habe. Die Bar war nicht aufdringlich schwul wie so viele andere, womit ich nicht sagen will, dass ich darin über allzu große Erfahrung verfüge. Allerdings verrieten mir Art und Platzierung der Bilder und Spiegel, das plüschige Zimmerpalmen-Ambiente, der Barmann mit dem orangefarbenen Mascara sowie die Zusammensetzung der Tanzpaare alles, was ich wissen musste. Aber das war mir egal. Ich wollte nur einen Canadian Club mit destilliertem Wasser trinken und später auf der Toilette nach meinen Initialen suchen. Ich war sicher, ich hatte sie dort hinterlassen. Ich setzte mich auf einen Barhocker etwas weiter weg von den Newhart-Guckern und fühlte mich ein bisschen kindisch, aber das lag an den Barhockern. Auf Barhockern fühle ich mich immer leicht kindisch, weil meine Füße nicht bis an die Fußrasten reichen, sondern hängen, manchmal auch schwingen und meine Schenkel von ihrem eigenen Gewicht an der Sitzkante platt gedrückt werden und dadurch nicht selten einschlafen.
    Automatisch wechselte ich in meinen Bar-Modus. Ich schaute mir die Leute an. Die Leute an der Bar waren leicht zu beobachten – wegen des Spiegels, in den wir alle schauten. Der Spiegel zeigte mir auch, dass der Barmann am Hinterkopf einen Irokesenschnitt hatte. Ich

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