Der Besen im System
schüttelte den Kopf und bestellte bei dem inzwischen offen feindseligen Barmann den nächsten Drink. Der Barmann schaute Lang böse an. Lang ignorierte ihn. »Nein«, sagte ich, »meine Verlobte besucht ihren Bruder, der hier studiert, und ich bin zum Spaß mitgekommen. Ich war in all den Jahren ja nie wieder hier.«
Lang starrte in den Spiegel. »Ich auch nicht. Obwohl, liegt ja noch nicht so lange zurück. Ich war auf ein paar Ehemaligentreffen. Und die waren irre.«
»Ja, sie sind immer wieder sehr lustig.«
»Da sagst du was.«
»Bist du verheiratet, in Scarsdale?«, fragte ich, zugegebenermaßen aus einem wenig souveränen und egoistischen Grund. Instinktiv betrachte ich alle anderen Männer als potenzielle Bedrohung für meine Beziehung zu Lenore.
Und ein verheirateter Mann mehr war ein Gefahrenherd weniger.
»Yeah, ich bin verheiratet.« Lang schaute auf sein Spiegelbild.
Ich kicherte wie unter Gleichgesinnten.
»Ist deine Frau mitgekommen?«
»Nein, ist sie nicht«, sagte Lang. »Meine Frau ...«, er sah auf die Uhr, »... die Frau liegt in dieser Sekunde mit ziemlicher Sicherheit auf dem Liegestuhl im Garten, zusammen mit einem Martini und der Cosmopolitan , und tut etwas für ihre Bräune.«
»Verstehe.«
Lang schaute mich an. »Ehrlich gesagt, ich weiß auch nicht, warum ich hergekommen bin. Aber ich hatte irgendwie das Bedürfnis nach etwas ... Heimat.« Er trommelte mit dem Knöchel auf die Theke.
»Ja, genau«, sagte ich und hätte fast seinen Arm angefasst. »Das kann ich dir nachfühlen. Nur einmal wieder eindringen in diesen ganz...«
»Was?«
»Ach nichts«, sagte ich. »Nichts. Was machst du beruflich, Andrew? Ich darf doch Andrew sagen?«
»Klar, Dick«, sagte er, wandte sich mir zu und hüllte mich in seinen Erdnuss-Atem. Der Glanz in seinen Augen erlosch. »Im Augenblick bin ich in der Buchhaltung. Mein Schwiegervater ist Wirtschaftsprüfer, und zurzeit arbeite ich da. Aber ich kenne das schon, daraus wird sowieso nichts. Am besten, ich kündige. Habe ich wahrscheinlich schon getan, indem ich einfach nicht zur Arbeit gegangen bin.« Er trank Bier weg, wischte sich die Lippen und schaute in die Ferne. »Nach der Uni habe ich zuerst in Übersee gearbeitet, für meinen Daddy. Mein Daddy besitzt diese Firma in Texas, und in der war ich ein paar Jahre beschäftigt. Das wär’s gewesen.«
»Aber stattdessen hast du geheiratet?«
»Genau.« Wieder Erdnüsse. »Bist du verheiratet, Dick? Ach, Quatsch, du hast ja gesagt, du wärst verlobt.«
»Richtig, ich ... ich bin verlobt. Mit einem wunderbaren, wunderbaren Mädchen.« Immerhin war er verheiratet. »Ich war aber vorher mal verheiratet. Wir haben uns scheiden lassen.«
»Und hast dich gleich wieder verlobt? Mutig, Dick. Dann war die Strafe wohl noch nicht hart genug.«
»Bitte nenn mich Rick«, sagte ich. »Meine Freunde nennen mich Rick. Nein, diesmal sind die Voraussetzungen glücklicherweise ganz andere.« Mir war nicht wohl, es so darzustellen. Lenore und ich waren im eigentlichen Sinn nicht verlobt, andererseits schien mir unsere Verlobung lediglich eine Frage der Geduld und ausreichenden Spucke.
»Schön für dich. Wie heißt denn die Glückliche?«
»Ms. Lenore Beadsman aus East Corinth, anders ausgedrückt aus Cleveland, Ohio«, sagte ich.
Lang lutschte nachdenklich das Salz von einer Erdnuss. Er sah in den Spiegel und entfernte etwas von seiner Lippe. »Beadsman, Beadsman.« Er schaute mich an. »Hmmm, sie ist nicht zufällig hier in der Nähe zum College gegangen? Genauer, in Mount Holyoke?«
»Nein, nein«, sagte ich voller Erregung über diese weitere Verbindung – immerhin der Jahrgang ’83. »Aber ihre Schwester. Ms. Clarice Beadsman, mittlerweile Mrs. Alvin Spaniard aus Cleveland Heights, Cleveland, Ohio.«
»Ich will verdammt sein«, sagte Lang. »Clarice Beadsman hat damals mit meiner späteren Frau in einer WG gewohnt, ich selbst war damals im zweiten Jahr. Ich kenne sie. Ich glaub, mich streift ein Bus, wie lang ich das jetzt her? Meine Frau und sie haben sich allerdings nie besonders verstanden.«
»Aber dass sie sich kennen, das ist... also wer hätte das gedacht?«, brabbelte ich vor Aufregung und voller Blase. Doch vor Lang auf die Toilette zu gehen war undenkbar. » Wie heißt denn deine Frau, damit ich es Lenore und sie es dann Clarice erzählen kann?«
»Ihr Mädchenname war Melinda Metalman«, sagte Andrew in den Spiegel.
In diesem Moment schien die Erdachse zu kippen. Ich hatte den Eindruck,
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