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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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auch, ich hätte ihm bei dieser Abzocke geholfen.«
    »Du hast versucht, ihm die Wahrheit zu sagen, Lenore.«
    »Ach, das war doch vollkommen unmöglich. Dieser Mann ist unfähig zuzuhören. Ich brauche bloß das Wort ›Vater‹ in den Mund zu nehmen, und schon legt er los, stampft mit den Füßen und zeigt an die Decke, als hätte er Gott weiß was zu verkünden. Im Übrigen hat er furchtbar Mundgeruch, den schlimmsten, den ich jemals bei einem Menschen festgestellt habe, er übertrifft sogar Judith, den bisherigen Champion.«
    »Ich hasse die Prietht.«
    »...«
    »Wenigstens hat Lang sein Zimmer bekommen. Er wird mir gute Dienste leisten.«
    »Und weißt du, er fehlt mir jetzt schon. Allein mit Candy über den voll gesabberten Spiegel zu schimpfen war schön. Und mich hat auch nie gestört, dass man dauernd sein Futter und die Vogelscheiße wegsaugen musste, oder das obszöne Zeug, das er von sich gegeben hat. Im Gegenteil, es war irgendwie tröstlich.«
    »Was hältst du von Lang?«
    »Und gleichzeitig brutal, fast wie bei Großmutter. Die hat einen auch daran gewöhnt, dass immer nur sie redet .., und ich zuhören muss.«
    »Er ist natürlich anders als wir, aber ich spüre da eine gewisse Geistesverwandtschaft.«
    »... und dann ist sie plötzlich weg und spricht nicht mehr, richtet es aber so ein, dass Vlad zu mir spricht, auch wenn er nur Sachen sagt, die man ihm vorgesagt hat, und selbst das nicht allzu korrekt ...«
    »Keine Ahnung, woher diese Nähe kommt, aber sie ist da. Zwei Insider-Außenseiter ...«
    »... sodass ich beinahe mit mir selber sprechen könnte, nur intensiver, weil mich dieses kleine gefiederte Pseudo-Ich ständig daran erinnert, dass ich eigentlich nur mit mir selbst rede.«
    »Aber jetzt nicht mehr, dank Mrs. Tissaw und ihrem Evangelisten.«
    »Stimmt.«
    »Das heißt, ich zähle gar nicht? Bin ich etwa eine Puppe, eine Bloemker-Puppe vielleicht?«
    »Du weißt, wie ich das meine, Rick. Ich bin dankbar, dass es dich gibt. Das weißt du.«
    »Das heißt, du liebst mich? Ich habe dich noch?«
    »Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich das Wort ›haben‹ in diesem Zusammenhang nicht haben will.«
    »Okay, dann reicht mir, dass du mich liebst.«
    »Ja, das sollte dir reichen.«
    »Also liebst du mich?«
    »Was habe ich gerade gesagt?«
    »Was hast du gerade gesagt, Lenore? Da bin ich mir bei dir nie ganz sicher. Jedenfalls ist dir das Wort ›Liebe‹ nicht herausgerutscht.«
    »...«
    »Manche Wörter verlangen Wörtlichkeit, Lenore. Nur wörtlich leisten sie wirklich das, was sie leisten sollen. ›Liebe‹ ist so ein Wort, ein performatives Wort. Erst Worte machen Dinge im wörtlichen Sinne wahr.«
    »Du und Großmutter, ihr solltet euch zusammentun. Ich bin sicher, sie würde dich mit allen Tischtennisschlägern verhauen, die zu haben sind. Darüber hinaus auch mit Baseballschlägern, Hämmern, Brettern mit Nägeln drin ...«
    »Um Gottes willen, Lenore!«
    »Ich tue mein Bestes, Rick.«
    »Also liebst du mich?«
    »Ich tue mein Bestes.«
    »Und das heißt was?«
    »...«
    »Und warum liebst du mich?«
    »Bitte, nicht schon wieder.«
    »Nein, im Ernst, Lenore. Warum? Auf welcher Grundlage? Ich muss das wissen, damit ich die Eigenschaften, um deretwillen du mich liebst, verstärken und dich immer in mir haben kann.«
    »Du könntest vor allen Dingen mal aufhören, immer von ›haben‹ zu reden.«
    »Bitte, Lenore. Bitte!«
    »…«
    »Ich weiß, ich bin mehr als nur ein bisschen neurotisch. Ich weiß, ich bin besitzergreifend. Ich weiß, ich bin zu zerstreut und leicht effeminiert. Ich habe so gut wie kein Kinn, bin weder groß noch stark und kriege langsam eine Glatze, sodass ich immer dieses alberne Barett ... obwohl es andererseits natürlich ein sehr schönes Barett ist.«
    »...«
    »Vor allem aber, Hand aufs Herz, sexuell ungenügend, Ich kann dich unmöglich befriedigen. Es gibt keine Vereinigung zwischen uns. Die Tür zur körperlichen Vereinigung bleibt mir für immer verschlossen. Alles, dessen ich fähig bin, ist ein verzweifeltes Hantieren an deiner Außenseite. Und nur an deiner Außenseite. Ich kann nicht wirklich in dir sein. Na gut, nah genug, um das Risiko einer Schwangerschaft nicht auszuschließen, aber zu weit weg für wahre Erfüllung. Unser Zusammensein muss in dir eine schreckliche Leere hinterlassen. Und führt außerdem immer zu einer Schweinerei.«
    »...«
    »Also warum liebst du mich? Bitte nenne mir die Eigenschaft, um deretwillen du mich liebst, und

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