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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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dieser Mann seinem Wesen nach eher gut oder eher schlecht ist. Na, interessiert?«
    »Nicht ... ziemlich müde.«
    »Gefallen dir die Geschichten nicht mehr?«
    »Darum geht es nicht. Die Geschichten sind ... irre. Aber wenn ich jetzt nicht schlafen darf, sterbe ich.«
    »Nun, dann wird es dich interessieren zu hören...«
    »Hgnaa.«
    »... dass ich eine nicht unbedeutende Inspiration hatte.«
    »...«
    »Sie betrifft dich unmittelbar.«
    »Hgnaa.«
    »Und dadurch auch mich.«
    »...«
    »Was für eine Antiklimax.«
│14│   1990
│a│
    In der Telefonzentrale von Frequent &. Vigorous bzw. Bombardini Company befanden sich: Lenore Beadsman, Candy Mandible, Judith Prietht. Unter der Telefonanlage und sichtbar nur als ein Paar Stiefel: Peter Abbott. Das Gebäude verließ soeben: ein namenloser Bote, der Lenore ein riesiges Blumenarrangement gebracht hatte, ein verschlungenes Yin-Yang-Symbol aus roten und weißen Rosen. Das kranzartige Gebilde steckte auf statt in dem Papierkorb, denn es passte nicht hinein. Im Papierkorb lag nur die begleitende Karte: »Miss Beadsman. Die Zeit drängt. Sie werden ein Teil von mir – so oder so.«
    Da Peter Abbott unter Lenores Arbeitsplatz herumkrauchte, war nicht daran zu denken, sich hinzusetzen. Sie und Candy Mandible standen vor ihrer Kabine. Candy rauchte und blies Ringe in die Luft. Judith Prietht wusste vor Arbeit kaum, wo ihr der Kopf stand, trotzdem fand sie immer wieder Zeit, den Stiefeln von Peter Abbott kurze Blicke zuzuwerfen, die scharrend an einer mysteriösen Aktion unter Deck beteiligt waren. Dem Vernehmen nach brachte Peter etwas an der Anlage von Frequent & Vigorous an, Candy zufolge etwas Langes, Kompliziertes und Teures. Dafür hatte er die F&V-Leitung kurzzeitig abklemmen müssen, worüber Lenore nicht unfroh war.
    Candy rauchte eine ihrer Nelkenzigaretten, die sich bekanntermaßen für Rauchringe besonders gut eignen. Die Asche ließ sie in die geöffneten Blüten des Yin fallen. »Er ist reich, weißt du«, sagte sie zu Lenore.
    »Das ist nicht mehr komisch«, sagte Lenore nach einem Blick auf die Blumen. »Aber vielleicht kann Dr. Jay die Fernsehleute für mich anrufen. Nur gut, dass er mittlerweile zu fett ist, um herunterzukommen – hoffe ich jedenfalls.«
    »Geld ist immer ein Argument, Kleines«, sagte Candy. »Vielleicht willst du das Stonecipheco-Geld nicht, aber gegen Geld per se kann man nichts haben.«
    »Und deswegen bist du jetzt mit Mr. Allied zusammen? Holt er dich wenigstens aus diesem Loch heraus?«, lachte Lenore und machte eine Geste.
    »Wir sind noch nicht über das animalische Stadium hinaus«, sagte sie und lachte mit dem Rauch. »Das ist ein echter Kerl, Lenore.« Sie sah sie an. »Überhaupt hält die Welt zurzeit ungewöhnlich viele echte Kerle bereit.«
    »Was soll das bedeuten?«
    Candy senkte die Stimme, und Lenore sah, wie sich ihre Pupillen weiteten. »Ich weiß ja nicht, woher du diesen Lang hast, aber ... o mein Gott.«
    »Ich will davon nichts hören.« Lenore schaute auf Judiths Hinterkopf mit dem am Ohr festgeklebten Hörer. »Und reich kann ich auch so werden, dank Vlad. Trotzdem müssen wir das noch durchsprechen, du bist schließlich meine Freundin. Und auch eine Freundin von Vlad.«
    »Vlad hat inzwischen sicher einen Käfig mit Ganzkörperspiegel und kriegt vor lauter Freude einen Orgasmus nach dem anderen.«
    »Scheiße!« Es war Peter Abbotts Stimme unter dem Tisch.
    »Gesundheit«, sagte Judith Prietht durch das Gefiepe ihrer Anlage.
    »Aber wenn ich ihn in einem Monat nicht zurückhabe, nehmen wir uns einen Anwalt«, sagte Lenore. »Oder vielmehr Rick nimmt sich einen Anwalt. Irgendwie und rein rechtlich gehört Vlad der Pfähler nämlich noch ihm, weil er die Quittung hat. Er hat sich gestern Abend ziemlich komisch angestellt.«
    Judith wirbelte auf ihrem Drehstuhl herum. Sie hatte die BESETZT-Taste gedrückt. »Lenore, Liebes ...«, lächelte sie augenzwinkernd. »Ich darf doch Lenore sagen?«
    »Sicher. Nur mit Lenore, Liebes wäre ich vorsichtig«, sagte Candy.
    Lenore wandte sich zu Candy. »Wie kommt es, dass sie heute so nett ist?«
    »Sie möchte, dass du ihr ein Autogramm von Hart Lee Sykes besorgst«, sagte Candy und schnippte Asche in die Blumen. »Offenbar ist sie Mitglied im Partner-Club. Große Sache.«
    »Du, wenn es sich irgendwie machen lässt...«, säuselte Judith.
    »Judith, ich will diesen Sykes nie wieder sehen«, sagte Lenore.
    »Aber du könntest ihm schreiben«, sagte Judith Prietht.

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