Der Besen im System
Geschichte von ›Partner-Club Gott‹«, rief Sykes und zeigte mit dem Finger an die Decke. Lang stand mit einem kleenexumwickelten Finger wieder neben Candy und schaute nach oben, um zu sehen, worauf Sykes zeigte.
»Säen, um zu ernten!«, kreischte Vlad der Pfähler.
»Mrs. Tissaw meint, sie nimmt sich den Vogel als Schadensersatz für die zerhackte Wand und wegen der Vogelscheiße auf dem Boden, was insgesamt mehr kosten würde, als du zahlen kannst«, sagte Candy. »Als Ausgleich krallt sie sich zeitweise den Vogel. Ihr Mann unterstützt sie dabei, damit sie mal eine Weile verschwindet, glaube ich.«
»Der Vogel gehört der Ewigkeit«, sagte der Reverend leise.
»Da dürften die Gerichte anderer Meinung sein. Aber wenn Sie unbedingt Ärger haben wollen«, sagte Candy und legte ihren Arm um Lenore, die es immer noch zur Tür zog.
»Natürlich würden wir auf die Anwesenheit von Mrs Simpson verzichten, wenn Sie das erwählte Werkzeug des Herrn lieber selber begleiten wollen, wofür ich vollstes Verständnis hätte«, sagte Sykes zu Lenore.
»Heißt das, ich kriege die Wohnung nicht?«, fragte Lang.
»Ich muss ins Bad«, flüsterte Lenore verzweifelt in Candys Ohr.
»Jedes Abo ist steuerlich voll absetzbar! Ja! Ja! Gut so!«, sagte Vlad der Pfähler.
»Endlich!«, rief Sykes und stürzte zum Käfig.
»Action!«, brüllte der Regisseur.
»Geliebte, leg dein Haupt voll absetzbar!«
»Miss Beadsman, hören Sie das? Das ist der Auftrag des Herrn!«, donnerte Sykes. Die Kamera fuhr heran und machte alles ganz groß.
Nach ihrem Zimmer kam ihr der Flur kühl und leer vor. Lenore verkeilte die Badezimmertür mit der Spitze eines Turnschuhs. Sie schaute auf die Papageien auf dem Duschvorhang.
»Noch ein Wort und ich drehe euch den Hals um.«
│13│ 1990
»Also machst du dir Sorgen?«
»Ich bin viel zu müde, um mir Sorgen zu machen. Ich weiß nicht, warum ich so müde bin.«
»Genau wie dein Bruder.“
»Welcher Bruder? Der, der die ganze Zeit bekifft ist, oder der Anorektiker, der von Jahr zu Jahr ein Stück bekloppter wird und der jetzt verschwunden ist und vielleicht auch längst tot? Ich will nur schlafen. Leg deinen Arm ... ja, so. Danke.«
»Aber hast du nicht gesagt, John will bloß nicht schuld sein am Tod von etwas und deshalb nichts essen, weil Essen nun einmal den Tod von etwas anderem bedeutet? Das hat mit Anorexie nichts zu tun.«
»Doch, zum Teil schon, wenn du mal darüber nachdenkst.«
»Und dass er den horizontalen Beweis für ein ausnahmsloses Tötungsverbot hätte.«
»Einen diagonalen Beweis.«
»Diagonalen Beweis.«
»Glaube ich.«
»Will er ... das vielleicht veröffentlichen?«
»Ich bezweifle, dass er seinen Beweis überhaupt aufgeschrieben hat, denn das würde bedeuten: Papier. Und Papier bedeutet gefällte Bäume und so weiter.«
»Interessanter Bursche. Eine noble Einstellung.«
»Ich kenne ihn eigentlich kaum. Er ist wie ein Häftling aus Auschwitz, der einmal im Jahr, zu Weihnachten, zu Besuch kommt. Neuerdings hat er sogar die Religion für sich entdeckt. Sagt, er wolle ein Buch schreiben: Das Christentum als Selbstbestrafung des Universums. Denn nichts anderes sei es: das Angebot einer unwiderstehlichen Belohnung für eine undurchführbare Aufgabe.«
»Na ja, wer schafft das schon?«
»Letztlich mache ich mir mehr Sorgen um John als um Lenore.«
»Von mir aus dürfte er zumindest ein gefiedertes Tier gerne essen.«
»Das ist nicht komisch, Rick.«
»Entschuldige. Aber um ehrlich zu sein, ich glaube, es tut dir ganz gut, wenn du das Biest eine Weile nicht am Hals hast, zumindest bis sich das mit dem Altenheim und deinem dünnen Bruder geklärt hat.«
»Armer Vlad. Alles, was er je im Leben wollte, war ein Spiegel, etwas zu essen und ein Vogelbad.«
»Letzteres hat er aber leider kaum benutzt, wenn ich mich recht erinnere.«
»Ich glaube immer noch nicht, dass Mrs. Tissaw Tausende von Dollar Schadensersatz haben will. So viel ist es nicht. Sie hat mich angelogen. Sie stellt sich hin und lügt einem ins Gesicht.«
»Sie befindet sich eindeutig in einem Zustand religiöser Ekstase. Leute im Zustand religiöser Ekstase nehmen lebende Schlangen in den Mund, begatten die Augenhöhlen verwesender Schädel und beschmieren sich mit Kot. Illusionen über die Höhe einer möglichen Schadensersatzforderung sind eher kleine Fische.«
»Niemals hat eine Dusche so gut getan wie an diesem Nachmittag.«
»Und hat wahrscheinlich auch länger gedauert. Sonst hätten sie
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