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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Großbildschirms aufgestellt, als seien sie Teil des Publikums.
    »Mami, wie oft müssen wir das Stück noch spielen?«, fragte Stoney etwas dumpf unter seiner Maske. »Wir haben es jetzt fünfmal hintereinander gespielt.«
    Angenehme Hintergrundmusik berieselte das Publikum auf dem Bildschirm. Das Haus war beinahe ausverkauft. Die Pappfiguren waren die Stehplätze.
    »Okay, das ist die letzte Vorstellung. Nächste Woche gibt es etwas anderes.«
    Das Gummiband an Spatulas Spatula-Maske verdrehte sich und ziepte an ihren Haaren, sie fing an zu weinen. Alvin hinter seiner Alvin-Maske tröstete sie. Das Publikum auf dem Bildschirm murmelte, was bedeutete, dass nach Laserdisk-Zeitrechnung das Familientheater bereits begonnen hatte. Clarice startete das Programm neu und spulte zurück zu einem Zeitpunkt, als erst wenige Plätze besetzt waren. Sie verteilte die Requisiten: eine Spiro-Agnew-Uhr für Alvin, ein Bilderbuch von Richard Scarry für Stoney, English Muffin, den Teddybär, für Spatula, und für sich selbst hatte sie eine Visa-Goldcard. Mit ihrem Mineralwasser und den Tiefkühlerbsen setze sich Lenore in den Sessel neben dem Großbildschirm und der Pappfigur von Alvin.
    Clarice sah auf die Uhr an der Unterseite ihres Handgelenks.
    »Fang an, Schatz«, sagte sie zu Stoney. Stoney trat näher an den Bildschirm heran, während Clarice, Alvin und Spatula im Hintergrund enger aneinander rückten.
    Das Publikum stellte das Husten ein und schaute gebannt. Clarice piekste Stoney mit dem Finger in den Rücken.
    »Es existierte einmal«, deklamierte Stoney hinter seiner Maske, »eine soziale Einheit mit Namen die Snapiard-Familie. In dieser Familie hielten alle zusammen und fühlten sich durch starke Familienbande stark verbunden.« Da umarmten sich die vier Spaniards und küssten sich durch ihre Masken hindurch ab. »Und nicht nur das«, fuhr Stoney vor dem Großbildschirm fort, »alle Familienmitglieder fühlten sich mehr als ... mehr als ...«
    »Familienmitglieder«, soufflierte Clarice hinter ihm.
    »Mehr als Familienmitglieder wie als richtige Menschen, die echte, eigene Individuen sind. Alle dachten immer nur an die Familie und sahen sich selbst auch so nur als Familienmitglieder.«
    Clarice nahm vier rote Masken vom Boden, die große Ähnlichkeit mit Piktogrammen hatten und auf der Stirn mit dem Schriftzug »Familienmitglied« versehen waren. Ein Piktogramm für Vater, ein Piktogramm für Mutter, eines für Sohn und eines für Tochter. Und alle Spaniards zogen ihre entsprechende Maske über die bereits vorhandene Maske, was ein bisschen umständlich war.
    Jetzt trat Stoney einen Schritt zurück, und Alvin trat vor. »Das hatte eine gute und eine schlechte Seite. Die gute Seite war, dass sich jedes Familienmitglied im Schoß der Familie geborgen fühlte und sich mit einer sozialen Einheit identifizieren konnte, die größer war als er selber. Beziehungsweise als sie selber. Seine beziehungsweise ihre Sorgen waren nie allein seine beziehungsweise ihre Sorgen, sondern gingen in ein größeres Wertesystem ein. Beziehungsweise gingen auf. Weil jedes Familienmitglied eben Teil einer übergeordneten organisch-emotionalen Einheit war, die eine Identifikationsmöglichkeit beziehungsweise Halt bot, kurz, Sicherheit und menschliche Wärme. Vier Individuen bildeten einen Einheit.« Das Publikum spendete freundlich Applaus.
    Spatula trat vor. »Aber das Ganze hatte auch eine schlechte Seite. Und das lag daran, dass jeder in der ... Familie sich nur als Familienmitglied sah. Und wenn dann etwas Schlimmes passierte, das die Familie als Familie kaputtmachte, dann machte es auch die Familienmitglieder als Menschen kaputt, weil dann alle allein waren und unglücklich und deshalb fast nicht mehr richtig da waren, und dann ging alles ziemlich schnell den Bach runter.« Die Spaniards nahmen ihre »Familienmitglied«-Masken ab und legten weiße, gesichtslose Masken an, Masken mit roten Rissen und winzigen Nasenlöchern. Sie traten drei Schritt auseinander und drehten sich um. Tuscheln im Publikum. Lenore aß das Fruchtfleisch. Sie sah, wie sich Stoney unter der Maske heimlich in der Nase bohrte.
│d│
    Ich erhielt, mit Datum vom 1. September 1990, folgendes Schreiben von Mr. Rummage aus der Sozietät Rummage &. Naw, Cleveland, in Vollmacht von Mr. Stonecipher Beadsman III, Präsident und CEO von Stonecipheco Baby Food Products:
    Sehr geehrter Mr. Vigorous,
    nach Studium und in eingehender Würdigung der publizistischen Leistungen

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