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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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der andere jung … wenn sie Vampire wären, hätten sie wenigstens zwei auffällige Beißer … also das Gehirn … was ist da drinnen …“
    „In deinem?“
    „Nicht viel, schon klar … entschuldige, dass ich die Pointe vorwegnehme …“
    „Ach, schade … aber ich weiß, was du meinst … es ist der Platzhalter für zahlreiche nicht stoffliche Phänomene … Ethik, Erinnerung, Glaube, Liebe …“
    „Hass, Eifersucht … das Böse …“
    „Natürlich … Hitler ohne Kopf hätte keinen großen Schaden anrichten können …“
    Schäfers Telefon läutete. Leitner. Er hatte eben mit einem Zuhälter gesprochen, für den besagter Milo vor eineinhalb Jahren den Handlanger gespielt hatte. Mit Nachnamen hieß er Mesaric; ein Kroate, der in letzter Zeit als Chauffeur für einen Escortservice gearbeitet hatte.
    „Was heißt gearbeitet hat?“, wollte Schäfer wissen, worauf ihm Leitner erklärte, dass sich Mesaric am Tag nach Borns Ermordung nicht mehr hatte blicken lassen. Wahrscheinlich sei er in seiner Heimat untergetaucht. Sollten sie ihn über Europol zur Fahndung ausschreiben? Nein, nicht bevor sie mehr über ihn wussten; sie sollten warten, bis er zurück im Kommissariat sei.
    „Kennst du eigentlich einen Peter Wedekind?“, wechselte Schäfer das Thema, nachdem er das Gespräch mit Leitner beendet hatte.
    „Nicht, dass ich wüsste … den Schriftsteller kenne ich … aber der hieß sicher nicht Peter, sondern … fällt mir jetzt nicht ein … warum, wer soll das sein?“
    „Mein neuer Nachbar … Masseur …“
    „Und warum soll ich den kennen?“
    „Wegen dem Namen …“
    „Wedekind ist kein jüdischer Name … außerdem kenne ich nicht alle Juden, die in Wien wohnen …“
    „Bis jetzt hast du noch jeden gekannt, nach dem ich dich gefragt habe …“
    „Ach … was ist denn mit diesem Wedekind … hat er wen umgebracht?“
    „Nicht dass ich wüsste …“
    „Also nur dein übliches Misstrauen der gesamten Menschheit gegenüber …“
    „Das sagst ausgerechnet du …“
    „Bei mir ist das historisch begründet, das kapiert ein Goi nicht … aber wieso gibst du seinen Namen nicht in eure Datenbank ein, wenn du glaubst, dass …“
    „Sicher nicht … ich bin doch keiner von diesen paranoiden Nachbarspitzeln …“
    Als Schäfer in Richtung Schottenring ging, blieb er bei einem Imbiss stehen und aß einen Falafel-Teller. Am Abend musste er unbedingt noch seine Aufzeichnungen aktualisieren – langsam begann er den Überblick zu verlieren.
    „So!“, gab er von sich, als er das Büro betrat, und erinnerte sich zum wiederholten Mal daran, dass sein Vater bei jeder Gelegenheit „So!“ sagte und er diese Angewohnheit nie übernehmen hatte wollen.
    „Was ‚so‘?“, schaute ihn Bergmann fragend an.
    „Nichts … das sage ich nur so … so eben …“
    „Ach ja … was machen wir mit dem Kroaten?“
    „Tja, Meister Bergmann“, Schäfer setzte sich und verschränkte die Hände, „wenn wir ihn über Europol zur Fahndung ausschreiben, kann das dauern … außerdem: Borns Mörder war ein Profi … passt das damit zusammen, dass er ihn davor anruft?“
    „Nicht wirklich, nein …“
    „Eben … also nicht gleich die Kavallerie nervös machen … ich schlage vor, dass Sie wieder einmal Ihr treffliches Sprachvermögen einsetzen …“
    „Ich? Wen soll ich anrufen?“
    „Die Kollegen in Kroatien … Sie sprechen doch Serbokroatisch, oder?“
    „Mehr schlecht als recht …“
    „Jetzt stellen Sie Ihr Licht nicht so unter den Dings und rufen Sie Ihren Freund an … den …“
    „Den Petrovic … schon klar“, antwortete Bergmann und griff zum Hörer.
    Schäfer hörte ein „Dobar dan, Duschko“, und dann nichts mehr, dem er eine Bedeutung zuschreiben konnte. Warum hatte er es eigentlich nie geschafft, eine Fremdsprache besser zu lernen? Englisch, Französisch … das ging einigermaßen … aber seine zahlreichen Versuche, Arabisch, Türkisch, Tschechisch oder Ungarisch zu lernen, waren spätestens in der vierten Stunde gescheitert. Ebenso wie seine Ambitionen, ein Instrument zu lernen … Klavier zum Beispiel, herrlich… am Flügel sitzen und Schuberts „Winterreise“ zum Besten geben … und Bergmann blätterte ihm die Noten um.
    „Was kichern Sie da vor sich hin?“, fragte Bergmann, der sein Gespräch mittlerweile beendet hatte.
    „Nichts … ich habe mir nur vorgestellt, wie ich in einem barocken Konzerthaus Klavier spiele und Sie im Frack neben mir stehen und die Noten

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