Der bessere Mensch
umblättern …“
„Aha … na … immer noch besser als die Axt …“
„Die Axt? Ach so, der Amerikaner, die Nebenwirkungen, ja … also was sagt Ihr Freund?“
„Mesaric ist nicht offiziell gemeldet. Aber seine Familie lebt in Rijeka, und wenn er dort ist, fangen sie ihn für uns ein.“
„Sehr gut … was ist mit dem Escortservice, für den er gearbeitet hat?“
„Alles legal … sehr kooperativ … eine Kundenliste gibt’s aber nur mit Staatsanwalt …“
„Na, das haben wir doch gleich …“
„Sie haben wohl vergessen, dass Isabelle nicht mehr unsere Staatsanwältin ist …“
„Isabelle … verdammt … die wollte ich anrufen … schönen Abend noch, Bergmann.“
13.
Die kroatische Polizei hatte Mesaric gefunden und festgenommen. Nicht wegen seiner Tätigkeit in Wien – dazu hatten sie noch keine Befugnis –, aber aufgrund von ein paar vagen Verdachtsmomenten in verschiedenen unaufgeklärten Vergehen in Kroatien, die zusammengenommen einen Haftbefehl ermöglicht hatten.
Schäfer hielt es für das Beste, Bergmann nach Rijeka zu schicken, um vor Ort mit Mesaric zu sprechen. Seine Intuition sagte ihm, dass dieser Zeuge und nicht Täter war. Doch wenn er nicht kooperierte, drohten ihm eine lange U-Haft und eine Auslieferung nach Österreich, wo er in einen Mordprozess verwickelt werden würde – das hatten ihm die kroatischen Behörden bereits angedeutet. Ein fähiger Anwalt hätte Mesaric nach ein paar Stunden auf freien Fuß bekommen; doch so einen konnte sich der Kleinganove und Prostituiertenchauffeur nicht leisten; also musste er abwarten, bis der Chefinspektor aus Wien eintraf.
Bergmann fuhr nach der Morgenbesprechung gemeinsam mit Kovacs los, die aufgrund ihrer Herkunft aus dem österreichisch-ungarischen Grenzland Serbokroatisch als zweite Muttersprache hatte. Gut sechs Stunden würde die Fahrt dauern, dann die Vernehmung, eine Übernachtung, möglicherweise eine zweite Vernehmung, am späten Abend des nächsten Tages könnten sie zurück sein. Sie sollten es auf keinen Fall versäumen, sich einen schönen Strand zu suchen, meinte Schäfer zum Abschied, das Meer hatte bestimmt schon über zwanzig Grad. Gute Idee, erwiderte Bergmann, doch Schäfer ahnte, dass das Pflichtbewusstsein seines Assistenten ihn während eines Dienstaufenthalts höchstens dann ins Meer brächte, wenn er einen Ertrinkenden retten oder einen davonkraulenden Mörder fassen müsste.
Seltsam, das Büro einen ganzen Nachmittag für sich allein zu haben. Nachdem Schäfer auf Bergmanns Platz die Tageszeitung gelesen und mit dem Gedanken gespielt hatte, sich Zigaretten zu besorgen und im Büro genüsslich vor sich hin zu rauchen, setzte er sich auf seinen eigenen Stuhl und fuhr den Computer hoch. Er war doch kein Teenager, dessen Eltern für eine Woche auf Urlaub gefahren waren und der jetzt alle daraus resultierenden Freiheiten in Laster umsetzen wollte. Bergmanns Telefon läutete. Wie konnte man das Ding eigentlich umleiten? Bergmann konnte das bestimmt, doch der war nicht da, weshalb er das Telefon ja umleiten wollte … und wenn er wieder zurück war, hätte Schäfer es bestimmt schon wieder vergessen.
„Koller! … Der ist in Kroatien … Warum rufst du eigentlich nicht gleich mich an? … Du Hund … Bist du sicher? … Jaja, schon gut … Wie heißt das genau? … Pro-po-fol … und das zweite … Re-mi-fen-ta-nil … Und wie wirkt das? … Aber wenn er daran sowieso gestorben wäre, wozu dann die Säure? … Ja, entschuldige, dass ich immer wieder davon ausgehe, dass du über deinen Fachbereich hinaus etwas wissen könntest … Danke dir auf jeden Fall … Ist gut … Servus.“
Das wurde ja immer bizarrer. Born war vor dem Säureangriff professionell narkotisiert worden. Eine frische Einstichstelle und die Bluttests ließen daran laut Koller keinen Zweifel. Der Täter wollte also verhindern, dass Born unter Qualen starb. Eingeschläfert wie ein Tier. Nach einer halben Stunde Hirnsafari durch Dickicht und pfadlosen Dschungel gab Schäfer auf und begann damit, Bergmanns gesammelte Berichte auf seinem eigenen Computer abzuspeichern.
Hermann Born, zweiundsiebzig, ehemaliger Vorsitzender der Nationalpartei, rechtsextrem, zahlreiche Anklagen wegen Wiederbetätigung und Verhetzung, Freispruch, zahlreiche Feinde, Drohbriefe, Attentat auf seinen Wagen; Vorliebe für farbige Frauen; hatte seinen Mörder höchstwahrscheinlich selbst ins Haus gelassen; weil er ihn für den Chauffeur des Escortservice hielt, der
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