Der bessere Mensch
wahrscheinlich betäubt …“
„Wer sagt das?“
„Koller … wegen der Muskelkontraktion oder so was …“
„Ich kann Ihnen nicht ganz folgen …“
„Ich mir auch noch nicht“, gab Schäfer zu und zerriss den Bierdeckelwürfel in mehrere Teile, „wir brauchen auf jeden Fall schnelle Ergebnisse … wenn sich Mugabe und der Innenminister an dem Fall festbeißen, wird das Ganze wieder ein sinnloses Politikum …“
„Tut mir leid … aber zurzeit denken Sie etwas zu schnell für mich …“
„Born war ein Rechter, ein extremer Rechter, Sie müssen sich mal den Scheiß ansehen, den der in seinem Wohnzimmer hortet … vor zehn Jahren war das Aas in der Regierung, wenn auch nur für zwei Wochen … und wer waren die Koalitionspartner damals? Eben die debilen Gesinnungsbrüder von unserem Innenminister … Sie können sich ja vorstellen, wohin der die Ermittlungen bewegen wird …“
„Nein.“
„Bergmann! Was wohl … erst wird er uns gegen die linken Autonomen aufhetzen, dann gegen irgendwelche Altkommunisten … und wenn da nichts dabei rauskommt, ist wahrscheinlich der Mossad dran … das meine ich mit Politikum.“
„So habe ich das noch gar nicht betrachtet …“
„Sie haben ja auch die Fußarbeit erledigt … hat Ihnen die Born irgendwas erzählt, das uns weiterbringen könnte?“
„Nicht wirklich.“ Auch Bergmann fing jetzt an, einen Bierdeckel zu zerlegen. „Sie wird uns die Drohbriefe der letzten Jahre heraussuchen … die hat ihr Mann alle aufgehoben … das hat ihn offensichtlich stolz gemacht, dass ihn so viele gehasst haben …“
„Irgendein Name?“
„Nein … so wie ich das einschätze, hat sich Frau Born aus dem politischen Geschäft herausgehalten, so gut es ging … was nicht heißen soll, dass sie es nicht verstanden hat …“
„Weil es da viel zu verstehen gibt, bei diesen Dumpfbacken …“
„Ja, nein … was ich sagen wollte: Sie hat ihn wohl nicht wegen seiner politischen Ansichten geliebt …“
„Born, die Sexmaschine … so habe ich das noch gar nicht gesehen … das könnte doch ein Hinweis …“
„Mein Gott“, meinte Bergmann verzweifelt, „können wir uns nicht Schritt für Schritt voranarbeiten … diese Sprunghaftigkeit … seit Sie diese Tabletten nehmen …“
„Ach, Bergmann … lösen Sie sich doch einmal von den Konventionen. Lassen Sie Ihrem Gehirn freien Lauf …“
„Mein Gehirn muss im Gegensatz zu Ihrem mit seiner natürlichen Menge an Neurotransmittern auskommen …“
„Ah“, sagte Schäfer anerkennend, „Neurotransmitter … Sie haben sich informiert …“
„Natürlich“, erwiderte Bergmann gereizt, „wen treffen denn die Nebenwirkungen?“
„Wollen Sie sagen, dass ich gemein zu Ihnen bin? Ich bringe Ihnen Überraschungseier mit, stelle Ihnen Tulpen auf den Schreibtisch …“
„Eben … wieso machen Sie das? Das sind doch gar nicht Sie …“
„Also bitte: Ich zeige Ihnen meine Wertschätzung und … lassen wir das … wie machen wir weiter?“
„Wir beide?“
„Mit dem Fall, Sie Esel … Entschuldigung.“
„Ach so … die Überprüfung der Telefonate habe ich veranlasst, Kovacs hat mit den Nachbarn begonnen …“
„Gibt’s eigentlich Personal?“
„Eine Putzfrau, die dreimal die Woche kommt … eine Köchin, die sie bei Bedarf bestellt … und den Gärtner.“
„Schön“, meinte Schäfer und winkte den Kellner heran, um die Rechnung zu verlangen, „dann setzen wir uns jetzt mit der gesamten Knechtschaft zusammen und besprechen, wer morgen was zu tun hat … Säure … so ein Arschloch …“
Er stand auf, griff in seine Hosentasche, holte eine Handvoll Kleingeld heraus und legte dem Kellner den genauen Betrag auf den Tisch. Der strich die Münzen kommentarlos in seine Geldtasche, räumte den Tisch ab und ging wieder.
„Arschlochservice“, murmelte Schäfer und ging mit dem kopfschüttelnden Bergmann im Schlepptau zum Wagen.
Auf dem Weg ins Kommissariat drückte Schäfer am Autoradio herum, um herauszufinden, ob irgendein Sender den Mord schon in den Nachrichten hatte. Er kam nur bis zu einem Lied von Johnny Cash, das er auf keinen Fall abwürgen wollte. Take this weight from me, let my spirit be unchained. Auch gut – dass die Medien zu spät von der Sache Wind bekamen, musste er ohnehin nicht befürchten. Plötzlich prasselten dicke Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Bergmann drückte ungerührt den Hebel für die Scheibenwischer nach oben, während Schäfer erstaunt in den Himmel
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