Der Bestseller
hat.«
>Eine Olivetti-Reiseschreibmaschine, sieh an.<
Innerlich tat ich einen tiefen Seufzer. Wieviel leichter wäre das Aufbewahren des geschriebenen Wortes, wenn alle Schriftsteller auf Computern schreiben würden! Aber nein, es gibt noch immer welche, die nur mit Bleistift schreiben und noch dazu in Langschrift. Und nur zu oft gehen Manuskripte verloren. Man denke nur an Hemingways Koffer.
Aber wir Verleger sind ja nicht besser. Mehr als einmal hat mich ein Autor gefragt, ob ich sein Werk nicht lieber auf Diskette haben möchte, und jedesmal mußte ich bedauernd lächeln, beschämt den Kopf beugen und zugeben, daß Barlow & Company sich im Schneckentempo auf das digitale Zeitalter zubewegt. Überall in Amerika schreiben eifrige Schriftsteller ihre Bücher auf Computern, lassen sie von Laserdruckern ausdrucken und schicken sie an einen Drucker; fünf Wochen später haben sie gebundene Bücher, während wir sogenannten »Publikumsverlage« neun bis achtzehn Monate brauchen, um ein Buch auf den Markt zu bringen. Es ist zum Lachen. Warum sind wir nicht au courant ? Warum trödeln wir so? Es ist die Macht der Gewohnheit, nehme ich an: Das haben wir schon immer so gemacht — seit Gutenberg.
Anscheinend war mir anzusehen, wie sehr ich in Gedanken versunken war, denn Mrs. Michaelson räusperte sich und sagte: »Mr. Barlow?«
»Ja?«
»Fühlen Sie sich nicht wohl?«
»Doch, doch, danke. Ich habe nur gerade gedacht... Hat Ihr Mann das Manuskript... hinterlassen?«
»Ja.«
»Was ist daraus geworden?«
Sie zögerte und bot mir einen Teller Kekse an. Ich lehnte dankend ab, obwohl sie wirklich appetitlich aussahen.
»Ich habe es einem gemeinsamen Freund von Alex und mir gegeben«, sagte sie. »Er ist auch Schriftsteller.«
»Ach, ja? Und was hat dieser Freund gesagt?«
»Er hat gesagt, das Buch habe zwar Parkers destruktive Kritik nicht verdient, sei aber bestenfalls mittelmäßig. Er hat mir empfohlen, es zu vernichten.«
»Zu vernichten? Aber das haben Sie doch nicht...«
»Eigentlich nicht«, sagte Mrs. Michaelson. »Ich wollte noch ein zweites Urteil einholen. Mein Freund war einverstanden und schlug Peter Jensen vor, den Kritiker.«
Ich nickte. »Eine vernünftige Idee. Ich kenne Jensen — nicht gut, aber ich respektiere sein Urteil.«
»Mein Freund sagte mir«, fuhr sie fort, »daß er das Manuskript per Fahrradkurier an Jensen schicken würde. Aber der Kurier ist nie bei Jensen angekommen. Er wurde unterwegs von einem Wagen angefahren, und das Manuskript ist irgendwie verschwunden. Jedenfalls wurde es nie gefunden.«
»Wie schade«, murmelte ich. »Haben Sie es gelesen? Bevor Sie es an Ihren Freund geschickt haben?«
»Nein.« Sie verzog ganz kurz das Gesicht. »Wir haben nie die Arbeiten des anderen gelesen. Alex hatte Angst, das könnte unsere Ehe gefährden.«
»Ich verstehe nicht.«
»Man könnte zu kritisch sein und den anderen verletzen oder eine schlechte Arbeit loben, um die Gefühle des anderen nicht zu verletzen. Sie müssen wissen, Mr. Barlow: Wir hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Schreiben.«
Das war’s dann also. Eine Sackgasse.
Als Herbert Poole am Nachmittag in mein Büro kam, erzählte ich ihm von meinen beiden Besuchen bei Mrs. Michaelson und wie enttäuscht ich von dem Ergebnis war.
»Hätten Sie das Buch denn tatsächlich veröffentlicht?« fragte er. Wieder einmal fiel mir sein Virginia-Akzent auf.
»Mit ziemlicher Sicherheit. Obwohl diese Dame meiner Meinung nach eine Tatverdächtige ist.«
»Meinen Sie wirklich?« Poole, der auf meinem Besuchersessel saß, erhob sich, ging zu einem meiner Mahagoni-Regale, nahm ein Buch heraus und begann darin zu blättern. Ich sah, daß es sich um Blutiger Mord von Julian Symons handelte.
»Ich habe ein bißchen darüber nachgedacht«, sagte er, »und ich glaube, daß sie wahrscheinlich genug gelitten hat. Immerhin hat sie ihren Mann verloren, noch dazu auf besonders grausame Weise. Ein Selbstmord ist immer entsetzlich, und für die Hinterbliebenen ist es schwer, damit fertigzuwerden.«
Ich dachte darüber nach. »Was das Leiden angeht, haben Sie wahrscheinlich recht...«
»Und glauben Sie wirklich, daß sie zu Foxcrofts Beerdigung gekommen wäre, wenn sie für seinen Tod verantwortlich wäre?«
»Hmm, nein, wahrscheinlich nicht.«
»Wohl kaum«, sagte Poole mit Nachdruck.
Damit schien dieses Thema fürs erste abgeschlossen. »Haben Sie den Entwurf schon fertig?« fragte ich Poole.
»Noch nicht ganz. Aber er nimmt
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