Der Bestseller
schläft?«
Diese Frage ließ mich zusammenzucken. Die Andeutung, daß in Susans Brust anstatt Liebe nur Ehrgeiz brannte, machte mich mißtrauisch. Wenn es nun stimmte, daß sie nicht an einer Liebesbeziehung, sondern nur an ihrer Karriere interessiert war?
»Ich gebe zu, das ist nicht ausgeschlossen«, sagte ich, »aber andererseits bin ich gar nicht in der Lage, ihre Karriere zu fördern, und würde es auch nicht tun, wenn ich könnte.«
»Nein?« Mein Bruder, der Skeptiker.
»Nein, unter gar keinen Umständen. In dieser Familie gibt es schon genug Nepotismus.«
Tim grinste. »Ich merke schon, du bist in diesem Punkt ein bißchen empfindlich, also laß uns dieses Thema nicht weiterverfolgen. Auf jeden Fall hoffe ich, daß alles gut endet, Nick.«
Erleichtert gab ich ihm einen leichten Boxhieb auf die Schulter. »Ich kann nur sagen: So weit, so gut.«
Dann sprachen wir über das, was Susan mir über Parker erzählt hatte.
»Irving«, murmelte Tim. »Irving.« Er kratzte sich am Kopf. »Denken wir zuerst an Bücher. Wer sind die Irvings? Irving Stone?«
»Irving Wallace?«
»Clifford Irving?«
»Oder vielleicht der Irving Trust?«
Tims Gesicht hellte sich auf. »Das könnte es sein. Die Irving Trust Company...«
»Parker hat von einer Jahresrente gesprochen.«
»Da könnte es einen Zusammenhang geben«, sagte Tim und drehte seinen Rollstuhl zur Wand, wie er es häufig tat, wenn er angestrengt nachdachte.
»Glaubst du«, fuhr er fort, »daß Joe Scanlon oder einer der Polizisten, die mit dem Mord befaßt sind, herausfinden könnten, ob Parker ein Konto beim Irving Trust hatte?«
»Wohl eher ein Schließfach, meinst du nicht auch?«
Er nickte. »Ja... und um an die ranzukommen...«
»...braucht man einen Gerichtsbeschluß, und der dürfte angesichts der Tatsache, daß Parker tot ist, nicht schwer zu kriegen sein.«
»Das wäre jedenfalls einen Telefonanruf wert, Nick.«
Dann berichtete ich ihm von Judith Michaelson.
»Ich hätte einen Vorschlag«, sagte Tim.
»Laß hören.«
»Wenn ich dich recht verstanden habe, bist du ziemlich verärgert über Parkers Brief...«
>Verärgert? Das ist vornehm ausgedrückt. Ich bin sauwütend.<
»Parker ist mir schon zu Lebzeiten auf die Nerven gegangen«, sagte ich, »aber seit er tot ist, entdecke ich immer mehr Gründe, ihn aus tiefstem Herzen zu hassen. Buchstäblich jeden Tag erfahre ich neue Schweinereien.«
»Mein Vorschlag ist, daß du zu Judith Michaelson gehst und ihr anbietest, den Roman ihres Mannes postum zu veröffentlichen, zum Andenken an ihn. Erinnerst du dich an die Verschwörung der Idioten}«
»Von O’Toole? Natürlich. Er hat sich umgebracht, weil keiner das Buch haben wollte, wie Michaelson. Das erzählt man sich jedenfalls.
Aber was ist, wenn Michaelsons Roman tatsächlich nichts taugt?«
»Das war Foxcrofts Meinung, Nick. Warum bittest du seine Witwe nicht einfach um eine Kopie? Dann kannst du dir selbst ein Bild machen.«
Und genau das tat ich, als ich am nächsten Montagmorgen wieder in New York war.
Judith Michaelson zögerte, als ich sie fragte, ob ich sie noch einmal besuchen dürfe, aber ich blieb beharrlich, und schließlich gab sie nach. Ich hatte das Gefühl, daß sie nicht sehr viel Besuch bekam, und zwar nicht, weil sie ihren Mann verloren hatte oder ungesellig war, sondern weil viele Schriftsteller, wie ich weiß, oft einsam sind, wenn sie nicht schreiben — und auch wenn sie schreiben.
Als sie mich an der Wohnungstür begrüßte, schien sie dasselbe Hauskleid zu tragen, das sie bei meinem ersten Besuch angehabt hatte. Ich hatte nicht unbedingt erwartet, daß sie sich für mich herausputzte. Ein Zugeständnis an die Eitelkeit hatte sie immerhin gemacht: Sie hatte Make-up aufgelegt.
Als wir uns gesetzt hatten und das Teeservice vor uns stand, erklärte ich ihr, warum ich gekommen war.
»Wenn Sie mir also eine Kopie des Manuskripts Ihres Mannes überlassen würden...«
»Unmöglich, Mr. Barlow.«
»Wie bitte?«
»Denken Sie nicht, ich wüßte Ihr freundliches Angebot nicht zu würdigen. Wenn ich eine Kopie hätte, würde ich sie Ihnen selbstverständlich gerne geben. Aber es gibt keine Kopie, Mr. Barlow.«
»Keine Kopie?«
»Keine einzige.«
»Keine Diskette?«
»Mein Mann hat nie auf einem Computer geschrieben. Er wollte nicht einmal eine elektrische Schreibmaschine benutzen. Er hat immer auf der alten Olivetti-Reiseschreibmaschine geschrieben, die er von seinen Eltern zur Abschlußprüfung geschenkt bekommen
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