Der Besuch
anfangen soll, Arbeit, Nahrung und Obdach zu bekommen. Und ich fürchte mich allmählich vor den Menschen ...“
„Phantastereien, Phantastereien“, sagte Crump und beobachtete ihn, „Wahn.“
„Es hat keinen Sinn, Sie weiter zu quälen“, sagte er plötzlich, „aber sicher ist die Situation, so wie sie jetzt ist, unmöglich.“ Er stand mit einem Ruck auf.
„Guten Morgen, Mr. – Engel“, sagte er, „kurz und gut – ich sage das als medizinischer Betreuer dieser Gemeinde –, Sie sind ein ungesunder Einfluß. Wir können Sie nicht behalten. Sie müssen fort.“
Er drehte sich um und schritt durch das Gras in Richtung Straßendamm und ließ den Engel tief betrübt auf dem Baumstumpf zurück. „Ein ungesunder Einfluß“, sagte der Engel langsam, starrte mit leeren Augen vor sich hin und versuchte zu verstehen, was das bedeutete.
42
Sir John Gotch war ein kleiner Mann mit struppigem Haar und einer kleinen, dünnen Nase, die aus einem Gesicht stach, das von Falten zerfurcht war. Er trug enge, braune Gamaschen und hatte eine Reitgerte bei sich. „Ich bin gekommen, wie Sie sehen“, sagte er, als Mrs. Hinijer die Tür schloß.
„Danke“, sagte der Vikar, „ich bin Ihnen sehr verbunden. Ich bin Ihnen wirklich sehr zu Dank verpflichtet.“
„Es freut mich, wenn ich Ihnen irgendeinen Dienst erweisen kann“, sagte Sir John Gotch.
(Steife Haltung.)
„Diese Sache“, sagte der Vikar, „diese unglückselige Sache mit dem Stacheldraht – ist wirklich, wissen Sie, eine unglückselige Sache.“
Sir John Gotch wurde sichtlich noch steifer.
„Das kann man sagen“, sagte er.
„Da dieser Mr. Engel mein Gast ist ...“
„Kein Grund, meinen Draht zu zerreißen“, sagte Sir John Gotch kurz und bündig.
„Überhaupt keiner.“
„Darf ich fragen, wer dieser Mr. Engel ist?“ fragte Sir John Gotch mit sorgfältig eingeplanter Schroffheit.
Die Finger des Vikars fuhren ans Kinn. Was hatte es für einen Sinn, mit einem Menschen wie Sir John Gotch über Engel zu sprechen?
„Um Ihnen die Wahrheit zu sagen“, sagte der Vikar, „es gibt da ein kleines Geheimnis ...“
„Lady Hammergallow sagte mir das schon.“ Das Gesicht des Vikars färbte sich grellrot.
„Wissen Sie“, sagte Sir John, fast ohne Unterbrechung, „daß er durch das Dorf ging und den Sozialismus predigte?“
„Großer Gott!“ sagte der Vikar, „nein!“
„Doch. Er hat jeden Tölpel, der ihm über den Weg lief, festgehalten und gefragt, warum er arbeiten müsse, während wir – ich und Sie, Sie verstehen – nichts arbeiteten. Er hat gesagt, daß wir jeden Menschen auf das Bildungsniveau bringen sollten, auf dem Sie und ich stehen – ohne Unterschied, nehme ich an, wie immer. Er hat angedeutet, daß wir – ich und Sie, verstehen Sie – diese Leute unterdrückten
– ihr Gehirn ausstopften.“
„Gütiger Himmel!“ sagte der Vikar. „Ich hatte keine Ahnung.“
„Er hat diesen Draht zerrissen als eine Art Demonstration, das sage ich Ihnen, als eine sozialistische Demonstration. Wenn wir darauf nicht äußerst scharf regieren, dann sage ich Ihnen, werden als nächstes die Zaunpfähle in Flinders Lane umgeworfen werden, und das nächste werden in Flammen aufgehende Schober sein, und jedes verfluchte (Verzeihen Sie, Vikar. Ich weiß, ich verwende dieses Wort zu gern), jedes verdammte Fasanenei in der ganzen Gemeinde wird zerschlagen sein. Ich kenne diese ...“
„Ein Sozialist“, sagte der Vikar, völlig außer Fassung. „Davon hatte ich keine Ahnung.“
„Sie verstehen, weshalb ich beabsichtige, gegen unseren Gentleman Schritte zu unternehmen, obwohl er Ihr Gast ist. Mir scheint, er mißbraucht Ihre väterliche ...“
„Oh, nicht väterlich!“ sagte der Vikar. „Wirklich ...“
„Entschuldigen Sie, Vikar – es war ein Ausrutscher. Er mißbrauchte Ihre Gefälligkeit, um überall Unheil zu stiften, Klasse gegen Klasse aufzuwiegeln, und die Armen gegen ihre Brotgeber.“ Die Finger des Vikars waren wieder am Kinn.
„Es gibt also von den zwei Möglichkeiten für ihn nur die eine“, sagte Sir John Gotch. „Entweder Ihr Gast verläßt die Gemeinde, oder –
oder ich leite ein gerichtliches Verfahren ein.
Das ist mein letztes Wort.“
Der Mund des Vikars war verzogen.
„Das ist die Situation“, sagte Sir John und sprang auf. „Wäre es nicht Ihretwegen, würde ich sofort gerichtliche Schritte unternehmen.
So wie die Dinge liegen – soll ich etwa kein Verfahren einleiten?“
„Sehen Sie“, sagte
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