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Der Besuch

Der Besuch

Titel: Der Besuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.G. Wells
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der Vikar, der sich in schrecklicher Verlegenheit befand.
    „Nun?“
    „Es müssen Vorkehrungen getroffen werden.“
    „Er ist ein unheilstiftender Faulpelz ... Ich kenne die Brut. Aber ich werde Ihnen eine Woche Zeit geben ...“
    „Danke“, sagte der Vikar. „Ich verstehe Ihre Lage. Ich sehe ein, daß die Situation allmählich unerträglich wird ...“
    „Es tut mir natürlich leid, daß ich Ihnen diesen Ärger bereite“, sagte Sir John.
    „Eine Woche“, sagte der Vikar.
    „Eine Woche“, sagte Sir John im Weggehen.
    Der Vikar kam zurück, nachdem er Gotch hinausbegleitet hatte, und blieb lange vor dem Pult seines Arbeitszimmers in Gedanken versunken sitzen. „Eine Woche!“ sagte er, nach schier endlosem Schweigen. „Da ist ein Engel, ein herrlicher Engel, der meine Seele Schönheit und Freude schauen läßt, der meine Augen öffnet für das Land der Wunder und etwas, das über das Land der Wunder hinausreicht ..., und ich verspreche, daß ich ihn innerhalb einer Woche loswerde! Was hat es mit uns Menschen bloß auf sich ...? Wie soll ich es ihm bloß sagen?“
    Er begann, im Zimmer auf und ab zu gehen, dann ging er in das Speisezimmer und starrte mit leerem Blick hinaus auf das Kornfeld. Der Tisch war bereits für das Mittagessen gedeckt.
    Alsbald drehte er sich um, noch immer traumversunken, und schenkte sich fast mechanisch ein Glas Sherry ein.

43
    Der Engel lag auf der höchsten Klippe über der Bandram-Bucht und starrte auf das glitzernde Meer hinaus. Direkt unter seinen Ellbogen fiel die Klippe steil ab, hundertfünfzig Meter bis zum Meeresspiegel, und die Meeresvögel flatterten und segelten unter dem Engel. Der obere Teil der Klippen bestand aus grünlichen Kreidefelsen, die unteren zwei Drittel waren von einem warmen Rot, marmoriert mit Gipsstreifen, und eine Vielzahl von Wasserfontänen spritzten auf, um in langen Kaskaden wieder hinunterzustürzen. Die Dünung schäumte weiß gegen die felsige Küste, und das Wasser, das von einem Felsvorsprung überschattet war, lag grün und purpurn in tausend Schattierungen da, und schäumende Gischt trieb in Flocken und Streifen darüberhin. Die Luft war erfüllt von Sonnenschein, dem Plätschern der kleinen Wasserfälle und dem gleichförmigen Rauschen des Meeres. Ab und zu flatterte ein Schmetterling über die Klippen, und eine Vielzahl von Meeresvögeln saß auf den Felsen und flog hierhin und dorthin.
    Der Engel lag da, seine verkrüppelten, geschrumpften Flügel krümmten sich über dem Rücken, und beobachtete die Möwen und Dohlen und Saatkrähen, wie sie im Sonnenschein ihre Kreise zogen, dahinsegelten, herumflatterten, hinunterstürzten zum Wasser oder sich aufschwangen in das lichte Blau des Himmels.
    Lang lag der Engel da und beobachtete, wie sie mit ausgebreiteten Flügeln umhersegelten. Er beobachtete sie, und während er sie beobachtete, erinnerte er sich mit unendlicher Sehnsucht der Flüsse aus Sternenlicht und der Lieblichkeit des Landes, aus dem er gekommen war. Eine Möwe glitt über ihm dahin, rasch und leicht, und die weiten Flügel hoben sich weiß und hell vom Blau des Himmels ab.
    Und plötzlich verdüsterte sich der Blick des Engels, der Sonnenschein wich daraus, er dachte an seine eigenen verkrüppelten Schwingen, barg sein Gesicht im Arm und weinte.
    Eine Frau, die über den Pfad des Klippengebietes ging, sah nur einen zusammengekauerten Buckligen, der die alten Kleider des Vikars von Siddermorton trug, sich an der Kante der Klippe idiotisch rekelte und seine Stirn auf den Arm gelegt hatte. Sie blickte immer wieder zu ihm hinauf. „Das dumme Geschöpf hat sich schlafen gelegt“, sagte sie und ging, obwohl sie einen schweren Korb tragen mußte, zu ihm hin und wollte ihn aufwecken. Aber als sie näherkam, sah sie, wie seine Schultern bebten, und sie hörte sein Schluchzen.
    Sie stand einen Augenblick lang ruhig da, und ihr Gesicht verzog sich zu einer Art Grinsen.
    Dann drehte sie sich leise um und ging zum Pfad zurück. „Ist so schwer, da irgendwas zu sagen“, sagte sie. „Armer, geplagter Kerl!“ Bald darauf hörte der Engel auf zu schluchzen und starrte mit tränenüberströmtem Gesicht hinunter auf die Bucht.
    „Diese Welt“, sagte er, „umklammert und erstickt mich. Meine Flügel schrumpfen ein und werden unbrauchbar. Bald werde ich nichts anderes als ein verkrüppelter Mensch sein, ich werde altern, dem Schmerz erliegen und sterben ... Mir ist so elend zumute. Und ich bin allein.“ Dann stützte er sein Kinn

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