Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
beschossen Hardies Haus mit schwerer Artillerie, während er sich im Innern befand. Ein Reporter verglich den Tatort mit einer Szene aus Kabul. Kaputte Fenster, gesplitterte Holzbalken, zerfetzte Pflanzen, überall Brocken von Ziegelsteinen.
Doch Hardie hatte den Angriff überlebt, obwohl er sich irgendwas zwischen einer und drei Kugeln gefangen hatte. (Also, die Polizei konnte das nicht genau sagen, da er beim zweiten Angriff erneut von denselben Gewehren getroffen wurde.)
Wie auch immer, Charlie Hardie, der harte Knochen, hatte nicht nur überlebt, sondern war auch in der Lage, sein blutendes Ich aufzurappeln, sich in die Garage zu schleppen, seinen Wagen zu starten und zum Haus seines Freunds und Partners zu rasen, um ihn zu warnen, dass die Albaner es womöglich auch auf ihn abgesehen hatten.
Doch er kam zu spät.
Als er dort eintraf, waren die Gangster bereits vor Ort. Sie versuchten, Charles Hardie erneut zu töten. Einem Bericht zufolge legten sie sogar eine Pause ein, um nachzuladen, und setzten die Exekution dann fort. Diesmal stand Hardie jedoch nicht wieder auf und nahm die Verfolgung auf.
Aber er starb auch nicht.
Ein lokaler Kolumnist taufte ihn »Chuck, der Unverwundbare«.
Zunächst hielten ihn alle für einen Helden. Einen »typischen Philadelphia-Helden«, wie ein anderer Kolumnist schrieb. Hardie habe sein Bestes gegeben und verloren – genau wie Rocky. Trotzdem habe er alles gegeben. Und dafür gebühre ihm Respekt.
Doch kurz darauf schlug die Stimmung um, wie das meist geschieht. Einige Mitglieder des Stadtrats hinterfragten Hardies Rolle bei der Polizei in Philly – war er dort als Berater oder als Auftragsschläger tätig? Was hatte er angestellt, dass die Albaner so sauer waren? Gerüchte von Betrug und Korruption machten in der regionalen Presse und in Blogs die Runde. Hardie weigerte sich, die Sache zu kommentieren; und die Polizei ebenfalls.
Wenig später … wurde die Berichterstattung eingestellt. Hardie brauchte sechs Monate, um wieder zu genesen, dann ging er ins Exil.
Factboy musste zugeben, die Geschichte war ein ziemlicher Knaller. Wie sich herausstellte, hatte Hardie ebenfalls Frau und Kind, doch glücklicherweise waren sie nicht zu Hause, als die Gangster ihm ihren Besuch abstatteten. Factboy
wollte sich lieber nicht vorstellen, dass ihm so etwas passierte – seiner Frau und seinen Kindern. Das waren die Dinge, die nachts durch seinen Kopf geisterten, wenn er nicht schlafen konnte. All die Dinge, die sein Beruf mit sich brachte.
Und darum war das, was er als Nächstes tun musste, mehr als nur ein bisschen unheimlich.
Aber mein Gott, das war sein Job.
O’Neal gab Mann einen kurzen Lagebericht, während sie ihre Augen erneut notdürftig versorgte. Er wusste, dass man besser nicht versuchte, sie davon zu überzeugen, ein Krankenhaus aufzusuchen – oder womöglich den ambulanten Arzt, der auf Abruf für sie arbeitete. Sie wollte bleiben und den Job zu Ende bringen. Trotzdem könnte er versuchen, sie ein wenig zur Vernunft zu bringen. Vielleicht eine machbare Alternative vorschlagen.
»Was ist mit dem Team, das den anderen Auftrag durchführt?«
Sie klebte ein Pflaster auf ihre Braue. »Was soll damit sein?«
»Es ist vor heute Abend nicht im Einsatz, und ich weiß, dass es hier in der Gegend ist. Warum lassen wir es nicht herkommen und die beiden erledigen?«
»Nein.«
O’Neal fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, senkte den Blick und versuchte es erneut.
»Wir könnten eine Einbruchgeschichte daraus machen. Das ist kein Problem. Sie verkriecht sich im Haus ihres Freundes. Während dieser Typ die Bude ausräumt. Die Sache
läuft aus dem Ruder, sie fängt an zu schreien, wird erschossen …«
»Viel zu viele Zufälle. Und sobald wir Schusswaffen ins Spiel bringen, wird Gott und die Welt anfangen, die Geschichte auseinanderzupflücken. Mit dem Einsatz von Schusswaffen scheidet ein Unfall eigentlich aus, es sei denn, wir haben es mit einem zehnjährigen Kind, unaufmerksamen Eltern und einem unverschlossenen Schrank zu tun.«
Okay. Der Handlungsablauf. Für Mann stand der Handlungsablauf immer an erster Stelle. Sie hatte so eine Abneigung gegen Pistolen, dass man meinen könnte, sie würde an ihren Wochenenden Arm in Arm mit Oprah Winfrey und George Clooney auf irgendwelchen Kundgebungen »Kumbaya« singen.
»Das hier könnte in zwanzig Minuten vorbei sein«, sagte O’Neal. »Du solltest die Möglichkeit wenigstens in Betracht
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