Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
beschützen.
Unten im Wandschrank des Schlafzimmers gab es, wie sie gesagt hatte, einen geheimen Raum. Und ja, tatsächlich, da war auch das Gras, drei dicht gepresste Ballen, sowie eine Kiste voll kleiner Plastiktüten mit losem Pot. Aber keine Pistole. Nicht mal ein Messer. Womit schnitt der Typ seine Marihuana-Ballen? Mit seinem 99-Cent-Korkenzieher?
Das Pot nutzte ihm im Grunde nichts, es sei denn, er könnte es bei seiner barbusigen Freundin gegen eine Waffe eintauschen. Wenn sie was kiffte, linderte das vielleicht die
Schmerzen in ihrem Auge. Hardies Mutter war eine Kifferin gewesen, und um zu rebellieren, war er zum Alkoholiker geworden. Warum hatte Lowenbruck hier unten keine kleine Bar oder so was? Warum waren sie nicht in der Prohibitionszeit, warum war hier unten keine Flasche mit Selbstgebranntem versteckt?
Und überhaupt, warum konnte das hier nicht einfach ein stinknormaler Auftrag sein?
Hardie wünschte sich nichts sehnlicher, als auf einer bequemen Ledercouch aufzuwachen, im Schoß eine halbleere Flasche Bourbon, und festzustellen, dass er einen echt seltsamen beschissenen Traum mit irgendwelchen Promis gehabt hatte.
VIERZEHN
Ich kann immer noch sehen!
ANGEBLICH ALTERNATIVER SCHLUSSSATZ VON ROGER CORMANS
DER MANN MIT DEN RÖNTGENAUGEN
M ann und O’Neal berieten sich kurz im Heck des Lieferwagens auf der Spitze des Hügels. O’Neal war entsetzt, als er Mann sah. An ihren Wangen lief Blut hinunter, und sie trug ihr Bikinioberteil offensichtlich verkehrt herum. Doch O’Neal wusste, dass er auch schon mal besser ausgesehen hatte. Er hatte sich rechtzeitig das Adrenalin verabreicht, um das Herzinfarkt-Serum zu neutralisieren, doch er fühlte sich wie dreißig Kilo feuchte Scheiße. Seine Haut war klebrig und warm. Er schwitzte aus jeder einzelnen Pore seines Körpers. Und ihm dröhnte der Schädel. Wenn sich so ein Herzinfarkt anfühlte, dann, so schwor sich O’Neal, würde er sich die Kugel geben, wenn ihm sein Hausarzt erklärte, dass er einen leicht erhöhten Cholesterinspiegel habe. Er würde sich intravenös Haferflocken zuführen, falls das die Arterien sauber hielt.
»Was ist unser Plan?«, fragte O’Neal.
Mann setzte sich auf eine Kiste, riss einen Erste-Hilfe-Kasten auf und fing an, ein Stück Verbandsmull mit Desinfektionsmittel einzureiben.
»Ich will mehr über den Mann wissen, mit dem wir es zu tun haben. Hol Factboy ans Telefon und sag ihm, in zehn Minuten will ich weitere Informationen haben. Wenn er dir mit irgendeiner Ausrede kommt, sag ihm, dass unser Geschäftsverhältnis beendet ist.«
O’Neal sah dabei zu, wie Mann ihr Gesicht verarztete. Erneut lief Blut an ihrer Wange hinunter. Die Augenverletzungen schienen schrecklich wehzutun. Er wartete darauf, dass sie zusammenzuckte. Doch nichts. Mit ihren Fingern schnipste sie mehrere Plastiksplitter aus den Augenwinkeln. Was gar nicht so leicht war, mit verminderter Sehkraft und ohne Spiegel.
»Kann ich helfen?«, fragte O’Neal.
»Ja. Ruf Factboy an.«
Factboy hockte auf der Toilette und las einen Artikel über das Sterben und Leben des Charles Hardie.
Diesmal musste er keinen elektronischen National Security Letter verschicken. Die Geschichte hatte vor drei Jahren in sämtlichen regionalen Zeitungen gestanden. (Er fand, dass er diesen kleinen Leckerbissen gegenüber Mann noch nicht erwähnen sollte.) Offensichtlich hatte Hardie mit einem Detective namens Nate Parish zusammengearbeitet. Der wiederum war Mitglied einer Sondereinheit aus örtlicher Polizei und FBI mit dem Ziel, in Philadelphia ein für alle Mal aufzuräumen. (Factboy war früher mal dort gewesen. Scheiße, Mann, viel Spaß dabei.)
Eine Bande albanischer Gangster hatte das in einem Vorort gelegene Haus von Parish gestürmt und den Detective und seine Familie – seine achtunddreißigjährige Frau und seine zehn und sechs Jahre alten Töchter – erschossen, regelrecht exekutiert. Hardie war ebenfalls am Tatort und wäre fast seinen Schussverletzungen erlegen. Er erlitt einen Herzstillstand und so weiter, doch die Rettungssanitäter konnten ihn wiederbeleben. Nach mehreren Operationen im Pennsylvania Hospital war klar, dass Hardie es schaffen würde. Sechs Monate später war er wieder auf den Beinen.
Doch seltsam war nicht die Tatsache, dass Hardie überlebt hatte, sondern dass er zweimal überlebt hatte.
Zunächst in seinem eigenen Haus, das die Gangster aufgesucht hatten, bevor sie das von Parish stürmten. Die Albaner
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