Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
einem starken, exotischen, rückstandslosen Gift umbringen, kündigte man das nicht an. Man pumpte es einfach ins Haus.
Ob er eine Runde durch das Gebäude machen sollte, um sämtliche Öffnungen abzudichten?
Hardie rieb sich die Augen. Lane hatte ihren Kopf gegen seine Schulter gelehnt und ihre Lider geschlossen. Das hier hätte ein zärtlicher, ja, womöglich sogar leicht erotischer Moment sein können, wenn sie nicht gezittert und nach Kotze gerochen hätte.
Hardie dachte erneut über die da draußen nach. Versuchte, sich in ihre Köpfe zu versetzen und herauszufinden, was sie als Nächstes taten.
Doch dann fiel ihm ein, was einer von ihnen gesagt hatte.
»Lane.«
»Hm.«
»Bist du noch da?«
»Ich will schlafen.«
»Ich möchte, dass du mir sagst, mit wem wir es hier wirklich zu tun haben.«
Langsam öffneten sich Lanes Lider.
»Hab ich dir doch gesagt. Keine Ahnung.«
»Ich hab dir erzählt, dass ich diese einäugige Frau getroffen habe, oder? Den barbusigen Zyklopen?«
»Ja.«
»Sie meinte, du hättest das hier verdient. Und dass ich dich nach dem Grund dafür fragen soll.«
Lane blinzelte, als hätte man ihr gerade eine Ohrfeige verpasst. Demonstrativ raffte sie sich auf. Sie schnaubte, schüttelte den Kopf.
»Natürlich muss sie so was sagen.«
»Schon klar. Aber ich glaube trotzdem, dass du mir nicht alles erzählst. Und ich bin mir sicher, dass du deine Gründe dafür hast. Aber womöglich sterben wir hier. Weil du mir irgendwas vorenthältst. Du sagst, du hättest keine Ahnung, warum die uns töten wollen, trotzdem weißt du offensichtlich eine ganze Menge über diese Leute.«
Lane starrte die Wand an.
»Denkst du etwa immer noch, ich wäre einer von denen?«, fragte Hardie. »Falls ja, dann …«
»Nein, es ist nicht so, dass ich … es ist …«
»Was?«
Um einen klareren Kopf zu kriegen, rieb Lane sich die Augen, merkte aber schnell, wie schmerzhaft das war. Außerdem hatte sie einen absolut widerlichen Geschmack im Mund. Sie streckte sich und blickte dann zu Hardie.
»Okay, hör zu, das klingt vielleicht etwas verrückt. Wie die Geschichte vom Schwarzen Mann oder so. Aber mein Exfreund hat mir mal von diesen Leuten erzählt. Ich dachte, er redet totalen Scheiß, macht sich über mich lustig. Ich habe nicht geglaubt, dass es die wirklich gibt, bis heute Morgen … Mein Gott, das muss sich völlig bescheuert anhören.«
»Überhaupt nicht.«
Sie zögerte erneut.
»In L. A. kursiert diese Geschichte. Gerüchte von Killern, die Jagd auf berühmte Leute machen und die Sache wie einen Unfall aussehen lassen. Man macht Witze über sie, wie Kinder Witze über den Schwarzen Mann machen – doch tief im Innern haben die Leute eine Heidenangst, dass die Gerüchte wahr sein könnten. Es kann passieren, dass dir auf einer Party ein Besoffener erzählt, er wüsste, wie Marilyn Monroe tatsächlich gestorben ist oder dass John Belushis Überdosis in Wirklichkeit gar keine Überdosis war. Und dann werden alle plötzlich ganz still, denn davon haben sie ebenfalls schon gehört.«
Hardie spürte, wie er in seinen alten Cop-Modus verfiel. Möglichst wenig kommentieren. Sich alles anhören. Sich ein Bild machen.
»Jedenfalls hat mein Ex gesagt – hat mir geschworen –, dass es diese Organisation tatsächlich gibt. Dass sie von höchster Stelle gedeckt und von den reichsten Leuten auf diesem Planeten finanziert wird. Diese Leute sind diejenigen, die die Schweinerei wieder aufräumen. So hat er sich ausgedrückt. Kurz darauf hat er angefangen, seine Witze zu machen. Zwing mich nicht, die Unfall-Leute anzurufen .«
»Du glaubst also, er hat sie tatsächlich angerufen.«
Lane war fassungslos.
»Nein! Nicht mein Ex. Es ist nur so, dass ich ihm glaube. In seiner Position könnte er tatsächlich von diesen Leuten wissen.«
»Was ist er denn – Schauspieler?«
Lane nickte, nannte seine Namen.
Es war der blonde Wikingergott .
Alle kannten den blonden Wikingergott .
Die Unterhaltungsmagazine hatten diesem Schauspieler direkt nach seinem ersten Leinwandauftritt – einer Nebenrolle in einem Oscar-nominierten Kriegsstreifen – diesen Spitznamen verpasst. Es folgten mehrere Independent-Thriller, dann eine Rolle in einer aufwendigen Superheldengeschichte und schließlich seine eigene Produzententätigkeit. Alles, was er anfasste, verwandelte er zu Leinwand-Gold. Berühmter konnte man nicht sein. Ein Vierzig-Millionen-Dollar-Mann in einem geschrumpften Hollywood,
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