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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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wollen, nicht mehr retten können«, sagte ich.
    »Falsch!« Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass die Wassertropfen von ihren nassen Haaren sprangen. »Noch zehn Sekunden… fünf… drei…«
    Die Zikaden wurden immer lauter. Wie sollte ich das Getöse mit meiner richtigen Antwort durchdringen? Zikaden. Möwen.
    Wellenrauschen. Und dann ein höhnischer Chor, der sang: Schade, schade, schade…
    Ich wachte auf, wischte mir den Speichel aus dem
    Mundwinkel – das passiert mir schon mal bei der Siesta – und hörte den Sprecher von WDR 2 sagen, dass bei der Preisfrage des Tages irgendein Hörer die Chance vertan hatte, eine Kaffeetasse mit dem Aufdruck des Senders zu gewinnen.
    Kaffeetasse! In meinem Traum war es immerhin um runde zweihunderttausend Mark gegangen. Und um meine Zukunft.
    Das Telefon klingelte, es klang so ähnlich wie in meinem Traum das Zirpen der Zikaden. Heutzutage macht ja kein Gerät mehr die Geräusche, die man eigentlich erwarten könnte. Ich hob ab. »Ja?«
    »Herr Elmar Mogge?«
    »Hm.«
    »Jürgen Kallmeyer hier. Wir hatten über den Fall
    gesprochen.«
    »Geben Sie mal ein Stichwort, Herr Kallmeyer.«
    »Toter Vogel.«
    »Toter was bitte?«
    »Vogel, so nennen wir die männlichen Tauben. Einem Mitglied unserer Reisevereinigung, Rene Laflör heißt der Mann, dem ist der beste Vogel abgeschossen worden; er meint, dass es jemand aus dem Verein war, konkret will er das unserem Kassenwart, Horst Bodach, anhängen. Sie erinnern sich an unser Gespräch vor ein paar Wochen?«
    Klar, dass ich mich an den aufregenden Fall erinnerte. Ich unterdrückte ein Gähnen. »Und jetzt?«
    »Zurzeit läuft wieder ein Rennen. Und wenn das vorbei ist, möchte ich mal zu dem Kollegen Laflör rausfahren und gucken, was sich da so tut bei dem am Schlag.«
    »Tun Sie das, Herr Kallmeyer.«
    »Ja, aber es sollte einer von außerhalb des Vereins mit dabei sein und da dachte ich, dass Sie…«
    So weit war es also mit mir gekommen. Zugegeben,
    komplizierte Fälle sind nicht mein Gebiet, die kann ich als Ein
    Mann-Betrieb auch gar nicht bewältigen; ich lebe davon, Versicherungsschwindler zu jagen, Beweise für Scheidungen zu sammeln, Kleinkram also. Aber war ich schon so weit unten, mich mit einem Taubenmord befassen zu müssen, war ich das?
    In diesem Moment hätte ich höflich auf mangelnde Zeit verweisen oder direkt einhängen sollen. Ich sagte: »Ich bin teuer.«
    »Was nehmen Sie denn, Herr Mogge?«
    Ich nannte meinen normalen Tagessatz.
    »Einverstanden.« Er gab mir die Adresse. »Aber es eilt.«
    »Wieso eilt es plötzlich so?«
    »Die Tauben sind vor drei Stunden gestartet, die Sieger werden bald eintreffen. Ich habe schon ein paar Mal versucht, Sie zu erreichen. Aber Ihr Telefon…«
    »Ich mache mich auf den Weg.«
    Der Taubenverein Heimattreu hatte seinen Sitz im Duisburger Norden, in Walsum. Ich nahm die Bundesstraße 8, kam bis Hamborn gut durch, musste dann aber wegen Straßenarbeiten einer Umleitung folgen. Zwei Minuten später und einen Block abseits der Hauptstraße befand ich mich in einem anderen Land. In den meisten Häusern wohnten Ausländer, einige standen völlig leer, vernagelte Fenster, Grünzeug wucherte, rostige Zäune. Schlanke Jugendliche lehnten an den Ecken und sprachen in Mobiltelefone. Einer winkte mir zu, als ginge es um sein Leben.
    Ich drehte das Seitenfenster herunter. »Wo brennt es?«
    »Suchste ‘nen Abstellplatz für die Karre, Langer?« Ich drehte das Fenster wieder hoch, ein Stück nur, sein Ellbogen war im Weg.
    »Gebe funfehunnert, mitte Papiere und Schlüssel?«
    Ich ließ den Motor aufheulen. Mein Passat Kombi war von außen tatsächlich Schrott, aber der Motor hatte es in sich, feines Maschinchen.
    »Gebe sechsehunnert, Langer.«
    Ich legte den Gang ein.
    »Sechsehunnertfunfzig.«
    Ich ließ die Kupplung schleifen.
    Zwei weitere Jugendliche kamen herangeschlendert, ölige Haare, halbhohe Turnschuhe, aufknöpfbare Trainingshosen.
    »Ich bin ein wenig in Eile, Kumpel.«
    »Zeige, wie spät, Langer. Brauchse neue Uhr?« Er
    präsentierte mir seine Kollektion am entblößten Unterarm.
    »Willse wasse zu rauchen?«
    »Gerade abgewöhnt.«
    »Ficki-fick?« Er nickte zu einem Mädchen hin, das an der Hauswand lehnte. »Isse ganz jung und lieb und nix teuer.«
    Bis jetzt waren das alles nur Angebote gewesen. Auch in Supermärkten wurde man ja ständig auf Sonderangebote hingewiesen. Es juckte mir in den Fäusten. Aussteigen und ihm eine runterhauen. So was wirkt ja manchmal

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