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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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aussah?«
    »Nur nachdem der Schuss sein Gesicht weggerissen hat«, erwiderte ich bewusst hart.
    »Man soll über Tote nicht schlecht sprechen, aber er war nun mal alles andere als attraktiv. Nein, nein, da war nichts; aber wenn ich’s darauf angelegt hätte, hätte ich wohl jeden im Verein haben können.«
    Das glaubte ich ihr aufs Wort. Ich richtete meinen Blick auf ihre Nasenwurzel: »Kein Anlass zur Eifersucht, welches Motiv hätte Ihr Mann denn sonst haben können?«
    Sie zuckte die Achseln. »Das, dachte ich mir, könnten Sie womöglich herausfinden.« Sie zog die Nase hoch. »Wenn überhaupt, aber wahrscheinlich ist da gar nichts.«
    Wenn und aber, ich musste da mal zwischengehen, sonst hatte ich im Handumdrehen meine Zeit verplaudert. »Ihr Mann betrügt Sie nach Strich und Faden. Sie aber glauben an ihn.
    Liebe?«
    »Liebe?«, wiederholte sie mit einem wehmütigen Klang in der Stimme. »Man muss doch zueinander halten, auch wenn’s mit der Liebe zu Ende geht.«
    »Auch wenn der Mann ein Mörder ist?«
    Sie blickte mir ins Gesicht. »Auch dann – aber es war kein Mord.«
    »Das wird gegen die Aussage von Kallmeyer schwer zu beweisen sein.«
    »Versuchen Sie es, bitte!«
    Ich stand auf, machte ein paar Schritte durch den Raum und blieb am Fenster stehen. Hier hatte sie gestanden, als das passierte, was von einer Sekunde zur anderen wohl ihr ganzes Leben verändert hatte. Mir lag auf der Zunge, ihr mein Mitgefühl auszudrücken, ich sagte jedoch: »Erzählen Sie, was Sie so machen und womit Ihr Mann seinen Lebensunterhalt verdient.«
    Es stellte sich heraus, dass Laflör im Immobiliengeschäft tätig war und dass sie einen dieser neuen Computerberufe ausübte.
    »Was genau machen Sie?«, fragte ich.
    »Ich gestalte Internetseiten.«
    »Wird so etwas gut bezahlt?«
    »Ich stehe auf eigenen Füßen, wenn es das ist, was Sie meinen, Herr Mogge. Ihr Honorar, denke ich, kann ich aufbringen.«
    Sie ging in den Nebenraum und kam mit einem Briefbogen wieder, den sie mir reichte.
    »Marie Laflör – klingt gut«, nickte ich, während ein gefleckter Hund, der durch die Tür gewischt war, meine Hosenbeine beschnupperte.
    »Telefon und Fax stehen drauf.« Sie blickte auf die Uhr. »Ich muss jetzt meinen Sohn Sebastian vom Kindergarten abholen.
    Wenn Sie mitfahren, kann ich unterwegs die Fragen beantworten, die Sie sicher noch haben.«
    »Einverstanden.«
    6.
    Wir fuhren ins Zentrum von Walsum. Ein paar
    Verwaltungsbauten überragten die alten zwei-
    und
    dreistöckigen Wohnhäuser. Blumenkübel schmückten die Fußgängerzone; Rennwagen und Raketen, die mit Münzen zum Aufheulen gebracht werden konnten, sollten die Kinder zu den Geschäften und die Eltern zu den Kaufregalen locken.
    Marie Laflör lenkte den Wagen, ich saß auf dem
    Beifahrersitz und hatte den Atem eines Foxterriers im Nacken, der jeden anderen Hund im Straßenbild ankläffte.
    »Sie machen besser das Seitenfenster zu, sonst springt Mecki während der Fahrt noch raus.«
    Ich zog meinen Ellbogen zurück und gehorchte. Ich kam mir vor wie ein Familienvater, eine Rolle, die mir nicht besonders gut liegt.
    Wir hielten vor dem Kindergarten, den man als solchen sofort an den bemalten Fenstern erkannte.
    Aus einer Kindergruppe löste sich ein etwa vierjähriger Junge. Sebastian gab seiner Mutter einen flüchtigen Kuss und begrüßte ausgiebig den Hund, mich beachtete er nicht. Ein hübsches Kind, blondes Haar wie seine Mutter, braune Augen.
    Schweigend fuhren wir zum Haus zurück. Dass wir jetzt, vor dem Jungen, nicht über den Vorfall sprachen, lag auf der Hand. Doch auch auf der Hinfahrt zum Kindergarten hatte Marie Laflör auf meine Fragen nur recht einsilbig geantwortet; und ich überlegte, ob es ihr nicht nur darum gegangen war, mir ihren Sohn zu zeigen. Das Kind sollte mich dazu bewegen, den Auftrag anzunehmen, den Vater aus der Untersuchungshaft zu holen.
    »Weiß er, was vorgefallen ist?«, fragte ich, nachdem der Junge zusammen mit dem Hund den Wagen verlassen hatte.
    »Nein. Aber ich denke, er spürt, dass etwas Schreckliches passiert ist.« Sie gab mir die Hand. »Sebastian braucht seinen Vater.« Als ob das nicht deutlich genug gewesen wäre, fügte sie hinzu: »Er braucht ihn zu Hause und nicht im Gefängnis.
    Für wie lange könnte… würde er, wenn…?«
    »Kommt drauf an«, entgegnete ich ausweichend.
    »Und wenn jemand aussagen würde, dass Bodach meinen Mann provoziert oder gar bedroht hat?«
    Wer das denn machen könne, wollte ich wissen.

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