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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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trotzdem – ich wette, da gibt es etwas, was sie mir nicht erzählt hat.»

Fünftes Kapitel

Ein nützlicher Herr
     
    R ufus Van Aldin hatte soeben sein karges Frühstück aus Kaffee und trockenem Toast beendet, als Knighton eintrat.
    «Mr Goby ist unten, Sir, um Sie zu sprechen.»
    Der Millionär warf einen Blick auf die Uhr. Es war gerade halb zehn.
    «Na gut», sagte er kurz. «Er soll heraufkommen.»
    Eine oder zwei Minuten später trat Mr Goby ins Zimmer. Er war ein kleiner, älterer Mann, schäbig gekleidet, dessen Augen immer neugierig im Zimmer umherblickten, aber nie den Gesprächspartner ansahen.
    «Morgen, Goby», sagte der Millionär. «Setzen Sie sich.»
    «Danke, Mr Van Aldin.»
    Goby setzte sich, die Hände auf den Knien, und betrachtete ernst den Heizkörper.
    «Ich habe einen Job für Sie.»
    «Und zwar, Mr Van Aldin?»
    «Sie wissen vielleicht, dass meine Tochter mit Mr Derek Kettering verheiratet ist.»
    Mr Goby ließ seinen Blick von der Heizung zur linken Schublade des Schreibtischs wandern und ein geringschätziges Lächeln über sein Gesicht huschen. Mr Goby wusste viele Dinge, gab das aber nicht gern zu.
    «Auf meinen Rat hin wird sie die Scheidung einreichen. Das ist natürlich Sache des Anwalts. Aber aus privaten Gründen wünsche ich vollständige und eingehende Informationen.»
    Mr Goby sah den Wandsims an und murmelte:
    «Über Mr Kettering?»
    «Über Mr Kettering.»
    «Sehr gut, Sir.»
    Mr Goby stand auf.
    «Wann kann ich damit rechnen?»
    «Ist es eilig, Sir?»
    «Bei mir ist es immer eilig», sagte der Millionär.
    Mr Goby lächelte verständnisvoll das Kamingitter an.
    «Sagen wir heute Nachmittag um zwei, Sir?», fragte er.
    «Ausgezeichnet», sagte der andere. «Guten Morgen, Goby.»
    «Guten Morgen, Mr Van Aldin.»
    «Ein sehr nützlicher Mann», sagte der Millionär, als Goby hinausging und der Sekretär hereinkam. «In seiner Branche ist er ein Fachmann.»
    «Was ist seine Branche?»
    «Informationen. Geben Sie ihm vierundzwanzig Stunden Zeit, und er wird das Privatleben des Erzbischofs von Canterbury vor Ihnen bloßlegen.»
    «Wirklich ein nützlicher Bursche», sagte Knighton lächelnd.
    «Er war mir schon ein- oder zweimal sehr nützlich», sagte Van Aldin. «Also dann, Knighton, ich bin so weit. An die Arbeit.»
    In den nächsten paar Stunden wurde ein großes Quantum an Arbeit rasch bewältigt. Es war halb eins, als das Telefon läutete und Van Aldin davon unterrichtet wurde, dass Mr Kettering da sei. Knighton sah Van Aldin an und deutete dessen knappes Nicken.
    «Bitte lassen Sie Mr Kettering heraufkommen.»
    Der Sekretär packte seine Papiere zusammen und ging. Er begegnete dem Besucher in der Tür, und Derek Kettering trat beiseite, um den andern vorbeizulassen. Dann trat er ein und schloss die Tür hinter sich.
    «Guten Morgen, Sir. Wie ich höre, willst du mich dringend sprechen.»
    Die träge Stimme mit dem leicht ironischen Unterton weckte Erinnerungen in Van Aldin. Charme lag darin – hatte immer darin gelegen. Er sah seinen Schwiegersohn durchdringend an. Derek Kettering war vierunddreißig, schlank, mit dunklem, schmalem Gesicht, das selbst jetzt etwas unbeschreiblich Jungenhaftes hatte.
    «Komm rein», sagte Van Aldin knapp. «Setz dich.»
    Kettering ließ sich in einen Armsessel fallen. Er betrachtete seinen Schwiegervater mit einer Art nachsichtiger Belustigung.
    «Lange nicht gesehen, Sir», bemerkte er freundlich. «An die zwei Jahre, glaube ich. Hast du Ruth schon gesehen?»
    «Ich habe sie gestern Abend besucht», sagte Van Aldin.
    «Sieht ganz gut aus, wie?», sagte der andere leichthin.
    «Ich glaube nicht, dass du viele Gelegenheiten hattest, das zu beurteilen», sagte Van Aldin trocken Derek Kettering hob die Brauen.
    «Ach, wir treffen uns manchmal im selben Nachtclub, weißt du», sagte er unbekümmert.
    «Ich will nicht um den heißen Brei herumreden», sagte Van Aldin brüsk. «Ich habe Ruth geraten, die Scheidung einzureichen.»
    Derek Kettering schien unbewegt.
    «Arg drastisch!», murmelte er. «Stört es dich, wenn ich rauche, Sir?»
    Er zündete sich eine Zigarette an und stieß eine Rauchwolke aus, während er gelassen hinzusetzte:
    «Und was hat Ruth gesagt?»
    «Ruth will meinem Rat folgen», sagte ihr Vater.
    «Wirklich?»
    «Sonst hast du nichts dazu zu sagen?», fragte Van Aldin scharf.
    Kettering schnipste die Asche in den Kamin.
    «Weißt du, ich glaube», sagte er, als ob es ihn nicht beträfe, «dass sie da einen großen Fehler

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