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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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natürlich, dass du voreingenommen bist.»
    Er nahm Hut und Stock und ging zur Tür.
    «Ratschläge sind eigentlich nicht meine Sache.» Nun kam sein letzter Hieb. «Aber in diesem Fall rate ich ganz dringend zu vollständiger Offenheit zwischen Vater und Tochter.»
    Er ging schnell aus dem Zimmer und hatte die Tür schon hinter sich geschlossen, als der Millionär aufsprang.
    «Also, was zum Teufel hat er damit gemeint?», sagte Van Aldin, als er sich wieder auf den Stuhl sinken ließ.
    All sein Unbehagen kehrte verstärkt zurück. Da gab es etwas, das er noch nicht ausgelotet hatte. Das Telefon stand gleich neben ihm; er nahm den Hörer und verlangte die Nummer des Hauses seiner Tochter.
    «Hallo, hallo, ist dort Mayfair 81-907? Ist Mrs Kettering zu Hause? Ah, sie ist ausgegangen? Ja, zum Lunch. Wann kommt sie zurück? Das wissen Sie nicht? Na gut; nein, es ist nichts auszurichten.»
    Ärgerlich knallte er den Hörer auf die Gabel. Um zwei Uhr ging er in seinem Zimmer auf und ab und wartete auf Goby. Dieser wurde um zehn nach zwei hereingeführt.
    «Also?», bellte der Millionär scharf.
    Aber der kleine Mr Goby ließ sich nicht hetzen. Er setzte sich an den Tisch, zog ein sehr schäbiges Notizbuch hervor und begann mit eintöniger Stimme daraus vorzulesen. Der Millionär lauschte aufmerksam, mit wachsender Befriedigung. Goby kam zum Schluss und musterte aufmerksam den Papierkorb.
    «Ha!», sagte Van Aldin. «Sieht ziemlich eindeutig aus. Das Verfahren wird glatt durchgehen. Die Beweise für die Hotelgeschichte sind solide, nehme ich an?»
    «Wie Gusseisen», sagte Mr Goby mit einem bösen Blick auf einen vergoldeten Sessel.
    «Er sitzt also völlig auf dem Trockenen. Er versucht gerade, ein Darlehen aufzunehmen, sagen Sie? Hat schon praktisch alles zusammengekratzt, was er im Hinblick auf die zu erwartende Erbschaft seines Vaters kriegen kann. Wenn sich die Nachricht von der Scheidung herumspricht, kriegt er keinen Cent mehr, und nicht nur das; die Forderungen an ihn kann man aufkaufen und nutzen, um Druck auf ihn auszuüben. Wir haben ihn, Goby. Wir haben ihn im Schraubstock.»
    Er ließ die Faust auf den Tisch krachen. Sein Gesicht war grimmig und triumphierend.
    «Die Information», sagte Mr Goby mit dünner Stimme, «scheint zufrieden stellend zu sein.»
    «Ich muss jetzt in die Curzon Street», sagte der Millionär. «Ich bin Ihnen sehr verpflichtet, Goby. Sie sind die richtige Adresse.»
    Ein mattes Lächeln der Befriedigung zeigte sich auf dem Gesicht des kleinen Mannes.
    «Danke, Mr Van Aldin», sagte er, «ich tue, was ich kann.»
    Van Aldin ging nicht gleich zur Curzon Street. Er begab sich zuerst in die City, wo er zwei Besprechungen hatte, die zu seiner Befriedigung beitrugen. Von dort fuhr er mit der Untergrundbahn zur Down Street. Als er die Curzon Street entlangging, trat aus dem Haus Nr. 160 eine Gestalt und kam ihm die Straße hinauf entgegen, so dass sie einander passierten. Einen Moment lang hatte der Millionär gedacht, es sei Derek Kettering; Figur und Größe waren nicht unähnlich. Aber als er an dem anderen vorbeiging, sah er, dass ihm der Mann unbekannt war. Das heißt – nicht eigentlich unbekannt, sein Gesicht weckte irgendeine Erinnerung, und sie bezog sich ganz entschieden auf etwas Unangenehmes. Er marterte vergeblich sein Gehirn, kam aber nicht darauf. Er ging weiter und schüttelte ärgerlich den Kopf. Er hasste es, verblüfft zu sein.
    Ruth Kettering erwartete ihn offensichtlich. Sie lief auf ihn zu und küsste ihn, als er eintrat.
    «Nun, Dad, wie stehen die Dinge?»
    «Sehr gut», sagte Van Aldin, «aber ich habe dir ein paar Worte zu sagen, Ruth.»
    Er spürte die kaum sichtbare Veränderung in ihr; etwas Listiges, Lauerndes verdrängte die Impulsivität ihrer Begrüßung. Sie setzte sich in einen großen Lehnstuhl.
    «Ja, Dad?», sagte sie. «Worum geht es?»
    «Ich habe heute früh mit deinem Mann gesprochen», sagte Van Aldin.
    «Du hast mit Derek gesprochen?»
    «Ja. Er hat alles Mögliche gesagt, das meiste war die reine Frechheit. Beim Weggehen hat er etwas gesagt, das ich nicht verstanden habe. Er hat mir geraten, mich zu vergewissern, ob zwischen Vater und Tochter vollkommene Offenheit herrscht. Was meint er damit?»
    Mrs Kettering bewegte sich ein wenig auf dem Stuhl.
    «Ich – ich weiß nicht, Dad. Wie sollte ich auch?»
    «Natürlich weißt du es», sagte Van Aldin. «Er hat noch etwas gesagt; dass er seine Freunde hat und sich bei deinen Freunden nicht einmischt.

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