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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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schüttele nur den Kopf und beschleunige meinen Schritt, verärgert darüber, dass sie mir nachspioniert haben, und genervt, weil sie sich ständig einmischen.
    »Ich habe alles unter Kontrolle«, sage ich mit einem Blick nach hinten. »Also könnt ihr gerne ...« Ich halte inne, da ich keine Ahnung habe, was sie eigentlich machen, wenn sie nicht gerade mich belästigen. Also hebe ich die Schultern und belasse es dabei, da ich weiß, dass es mich nicht mehr betrifft, ganz egal, was sie vorhaben.
    Sie laufen neben mir her, beäugen sich gegenseitig und kommunizieren in ihrer privaten Zwillingssprache, ehe sie sagen: »Irgendetwas stimmt nicht.« Sie sehen mich eindringlich an und nötigen mich zum Zuhören. »Irgendetwas fühlt sich entsetzlich falsch an.« Ihre Stimmen verschmelzen in perfekter Harmonie.
    Doch ich zucke bloß mit den Schultern und interessiere mich nicht die Bohne dafür, ihren Code zu knacken, und als ich die Marmortreppe vor mir sehe, laufe ich einfach weiter und lasse die schönsten Bauelemente der Welt an mir vorüberziehen, ehe ich hineinstürme. Die Stimmen der Zwillinge verstummen hinter den Türen, als ich in der großartigen Marmorhalle stehe und die Augen fest schließe in der Hoffnung, dass ich nicht wieder ausgesperrt bleibe wie letztes Mal, in der Hoffnung, dass ich in der Zeit zurückreisen kann. Ich denke:
    Ich bin bereit. Ich bin wirklich und ehrlich bereit. Also lasst mich bitte zurückkehren. Zurück nach Eugene, Oregon. Zurück zu meiner Mom und meinem Dad und zu Riley und Buttercup. Bitte lasst mich einfach zurückkehren, damit alles wieder in Ordnung kommt.
    Im nächsten Augenblick erscheint ein kurzer Korridor, der zu einem Raum am anderen Ende führt - einem Raum, in dem sich nichts weiter befindet als ein Hocker und ein Tisch. Aber es ist nicht einfach irgendein x-beliebiger Tisch, sondern einer dieser langen Metalltische, wie wir sie im Chemielabor in meiner alten Schule hatten. Und als ich mich auf den Hocker setze, schwebt eine große Kristallkugel vor mir heran, die flimmert und flackert, bis sie schließlich bei einem Bild von mir stehen bleibt, wie ich genau an diesem Metalltisch sitze und mit einem Test in Naturwissenschaften kämpfe. Und obwohl das so ungefähr die letzte Szene ist, die ich mir zur Wiederholung ausgesucht hätte, weiß ich, dass es die einzige Gelegenheit für meine Rückkehr ist, die ich je bekommen werde. Und so drücke ich mit dem Finger auf den Bildschirm - und schnappe nach Luft, als alles um mich herum schwarz wird.
     

FÜNFUNDVIERZIG
    O mein Gott. Also, ich hab echt total  versagt«, stöhnt Rachel, während sie sich das wellige braune Haar über die Schulter wirft und die Augen verdreht. »Ich meine, ich hab gestern Abend kaum mehr was gelernt. Ehrlich. Und dann hab ich ganz spät noch gesimst.« Sie blickt mich aus großen Augen an und schüttelt den Kopf. »Na, egal. Nur damit du weißt, dass mein Leben, so wie es bisher war, vorbei ist. Also schau mich noch einmal gut an, denn sobald die Noten raus sind und meine Eltern Bescheid wissen, krieg ich lebenslänglich Hausarrest.«
    »Bitte.« Ich rolle mit den Augen. »Wenn irgendjemand versagt hat, dann ja wohl ich. Ich habe in dem Kurs das ganze Jahr nur Bahnhof verstanden! Außerdem will ich ja keine Naturwissenschaftlerin werden oder so. Ich brauch den Stoff doch nie im Leben.« Ich bleibe kurz vor ihrem Spind stehen und sehe ihr zu, wie sie ihn aufschließt und einen Stapel Bücher hineinwirft.
    »Ich bin bloß froh, dass es vorbei ist und die Noten erst nächste Woche rauskommen. Das heißt, ich muss unbedingt Party machen, solange ich noch kann. Apropos - um wie viel Uhr soll ich eigentlich heute Abend vorbeikommen?«, fragt sie mit so weit hochgezogenen Brauen, dass sie unter ihrem Pony verschwinden.
    Ich schüttele den Kopf und seufze, als mir klar wird, dass ich es ihr noch nicht gesagt habe und sie jetzt garantiert sauer reagieren wird. »Also, wegen heute Abend ...« Ich gehe neben ihr her in Richtung Parkplatz und stecke mir die langen blonden Haare hinter die Ohren. »Da gibt es eine kleine Änderung. Meine Eltern gehen aus, und ich muss auf Riley aufpassen.«
    »Und das nennst du eine kleine Änderung?« Rachel bleibt abrupt vor dem Parkplatz stehen und mustert die Autoreihen, weil sie unbedingt mitbekommen will, wer mit wem fährt.
    »Na ja, ich dachte, dass du vielleicht vorbeikommen könntest, wenn sie ins Bett gegangen ist, und ...« Doch ich mache mir gar nicht die Mühe,

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