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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Unterstützung brauchst?«
    »Nein!«, sage ich, zu heftig und zu schnell. Als ich sein Gesicht sehe, wird mir klar, dass ich einen Rückzieher machen muss. »Ich meine, Riley bleibt immer ewig auf, da ist es wahrscheinlich nicht so günstig.«
    Er sieht mich prüfend an, als spürte er es auch, das ungreifbare große falsche Ding, das zwischen uns schwebt und alles so verflixt merkwürdig wirken lässt. Achselzuckend wendet er sich zur Straße um und bestreitet den Rest der Fahrt in absolutem Schweigen. Oder zumindest er und ich schweigen. Seine Stereoanlage dröhnt in voller Lautstärke. Und obwohl mir das meistens auf die Nerven geht, bin ich heute froh darüber. Lieber konzentriere ich mich auf die bescheuerte Musik, die ich nicht ausstehen kann, als darauf, dass ich ihn nicht küssen will.
    Ich sehe ihn an, sehe ihn richtig an, so wie ich ihn nicht mehr angesehen habe, seit ich mich daran gewöhnt habe, dass wir ein Paar sind. Ich betrachte die geschwungenen Ponyfransen über seinen großen, leicht schräg stehenden grünen Augen, die ihn so unwiderstehlich machen - außer heute. Heute kann ich ihm leicht widerstehen. Wenn ich daran denke, wie ich gestern noch mein Notizbuch mit seinem Namen vollgekritzelt habe, kommt mir das völlig unbegreiflich vor.
    Er dreht sich zur Seite, bemerkt, wie ich ihn mustere, und nimmt lächelnd meine Hand. Dann flicht er seine Finger durch meine und drückt sie so, dass mir ganz mulmig wird. Aber ich zwinge mich selbst, beides zu erwidern, das Lächeln und den Druck, da ich weiß, es wird erwartet, es ist das, was eine brave Freundin tut. Dann sehe ich aus dem Fenster und unterdrücke die Übelkeit, während ich auf die vorbeiziehende Landschaft blicke, die regennassen Straßen, die Holzhäuser und die Kiefern, und mich freue, dass ich bald zu Hause bin.
    »Und, was ist mit heute Abend?« Er biegt in meine Einfahrt ein und dreht die Musik leiser, ehe er sich zu mir herüberlehnt und mich auf seine ganz spezielle Weise ansieht.
    Doch ich presse bloß die Lippen zusammen, greife nach meiner Tasche und halte sie mir vor die Brust wie einen Schild, einen massiven Schutzwall, der ihn fernhalten soll. »Ich schreib dir eine SMS«, murmele ich und weiche seinem Blick aus, indem ich aus dem Fenster sehe und meiner Nachbarin und ihrer Tochter beim Fangenspielen auf dem Rasen zuschaue. Dabei fasse ich zugleich nach dem Türknauf, um so schnell wie möglich weg von ihm und in mein Zimmer zu kommen.
    Gerade als ich die Tür aufgemacht und ein Bein hinausgestellt habe, sagt er: »Hast du nicht was vergessen?«
    Ich schaue auf meinen Rucksack hinunter, da ich weiß, dass ich nichts weiter dabeihatte, doch als ich ihn ansehe, begreife ich, dass er das nicht gemeint hat. Da es nur einen Weg gibt, um die Sache zu beenden, ohne weiteren Argwohn zu schüren, lehne ich mich zu ihm hinüber und schließe die Augen, während ich meine Lippen auf seine presse. Sein Mund erscheint mir objektiv samtig und weich, aber im Grunde neutral, ohne das altbekannte Prickeln.
    »Dann ... ähm, dann bis später«, murmele ich, springe aus dem Jeep und wische mir den Mund am Ärmel ab, noch ehe ich an der Haustür angekommen bin. Eilig gehe ich hinein und marschiere schnurstracks in Richtung Fernsehzimmer, wo ich allerdings durch ein Plastikschlagzeug, eine Gitarre ohne Saiten und ein kleines schwarzes Mikrofon, das zu zerbrechen droht, wenn Riley und ihre Freundin nicht aufhören, sich darum zu streiten, am Eintreten gehindert werde.
    »Wir haben uns schon geeinigt«, erklärt Riley und reißt das Mikrofon an sich. »Ich singe alle Jungssongs, und du singst alle Mädchensongs. Wo ist das Problem?«
    »Das Problem«, jammert ihre Freundin und zieht noch fester, »ist, dass es so gut wie keine Mädchensongs gibt, das weißt du ganz genau.«
    Doch Riley zuckt bloß mit den Schultern. »Das ist nicht meine Schuld. Beschwer dich bei Rock Band, nicht bei mir.«
    »Ehrlich, du bist so ...« Ihre Freundin hält inne, als sie mich kopfschüttelnd in der Tür stehen sieht.
    »Ihr müsst euch abwechseln«, sage ich und sehe Riley mahnend an. Ich bin froh, dass ich mit einem Problem konfrontiert werde, das ich lösen kann, obwohl man mich gar nicht darum gebeten hat. »Emily, du kriegst den nächsten Song, Riley, du den danach und so weiter. Glaubt ihr, ihr schafft das?«
    Riley verdreht die Augen, als ihr Emily das Mikrofon aus der Hand reißt.
    »Ist Mom da?«, frage ich, während ich Rileys finstere Miene ignoriere, die ich

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