Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
Vom Netzwerk:
Gesicht. Seine Fingernägel sind nach wie vor leuchtend pink lackiert. »Ich wollte sogar bei ihm zu Hause vorbeifahren, aber ich bin nicht am Tor vorbeigekommen. Und glaub mir, mit Big Sheila legt man sich lieber nicht an. Sie nimmt ihren Job sehr ernst.« Er lacht, in der Hoffnung, die Stimmung aufzulockern.
    Ich zucke nur die Achseln und wünsche mir, ich könnte in sein Lachen mit einstimmen, doch ich kann nicht. Ich bin seit Freitag mit den Nerven am Ende, und dagegen hilft nur, Damen wiederzusehen.
    »Mach dir doch nicht so viele Sorgen«, sagt Miles und wendet sich mir zu. »Bestimmt ist ihm nichts passiert. Ich meine, es ist schließlich nicht das erste Mal, dass er verschwunden ist.«
    Ich sehe ihn an und spüre seine Gedanken, ehe die Worte seinen Mund verlassen. Ich weiß, dass er auf das letzte Mal anspielt, damals, als ich Damen fortgeschickt habe. »Das war anders«, sage ich. »Glaub mir, das war etwas völlig anderes.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?« Sein Tonfall ist abwägend, und er lässt mich nicht aus den Augen.
    Ich hole tief Luft und starre auf die Straße, während ich mich frage, ob ich es ihm sagen soll oder nicht. Ich meine, ich habe so lange nicht mehr richtig mit jemandem gesprochen, mich so lange keinem Freund und keiner Freundin mehr anvertraut. Und wenn man all diese Geheimnisse unter Verschluss halten muss, fühlt man sich manchmal ganz schön einsam. Ich sehne mich danach, diese Last abzuschütteln und wieder zu schwatzen wie ein ganz normales Mädchen.
    Ich mustere Miles und bin mir sicher, dass ich ihm vertrauen kann, aber überhaupt nicht sicher, ob ich mir selbst traue. Ich bin wie eine Limodose, die heruntergefallen und geschüttelt worden ist, und jetzt sprudeln alle meine Geheimnisse an die Oberfläche.
    »Alles klar?«, fragt er und mustert mich aufmerksam.
    Ich schlucke schwer. »Am Freitagabend. Nach deinem Auftritt...« Ich halte inne, da ich weiß, dass ich jetzt seine geballte Aufmerksamkeit habe. »Also ... Wir, ähm ... Wir hatten sozusagen Pläne gemacht.«
    »Pläne?«
    »Große Pläne.« Ich nicke, und ein Lächeln umspielt meine Lippen, das auf der Stelle wieder erstirbt.
    »Wie groß?«, fragt er und sieht mich weiterhin unverwandt an.
    Ich schüttele den Kopf und schaue auf die Straße vor mir. »Ach, nur ein ganz gewöhnlicher Freitagabend«, sage ich. »Du weißt schon, ein Zimmer im Montage, neue Dessous, mit Schokolade überzogene Erdbeeren und zwei Sektkelche ...«
    »O mein Gott, das ist nicht dein Ernst!«, kreischt er.
    Ich sehe ihn an und verfolge, wie seine Miene ernst wird, als er die Wahrheit begreift.
    »O Gott, ich meine, dann habt ihr es also nicht getan. Ihr seid gar nicht so weit gekommen, weil er ...« Er starrt mich an. »O Ever, das tut mir ja so leid.«
    Ich zucke die Achseln und sehe die Verzweiflung, die ich empfinde, auf seiner Miene widergespiegelt.
    »Hör mal«, sagt er und greift nach meinem Arm, als ich an einer Ampel anhalte, zieht die Hand aber wieder weg, sowie ihm einfällt, dass ich es nicht mag, von jemand anders als Damen berührt zu werden. Allerdings weiß er nicht, dass das nur deshalb so ist, weil ich jedem unerwünschten Energieaustausch unbedingt aus dem Weg gehen will. »Ever, du bist superhübsch, ehrlich. Ich meine, vor allem jetzt, seit du nicht mehr diese unförmigen Kapuzensweatshirts und diese ausgebeulten ...«Er schüttelt den Kopf. »Jedenfalls bin ich mir absolut sicher, dass Damen dich unter keinen Umständen freiwillig sitzen lassen hat. Ich meine, geben wir's doch zu, der Typ ist total in dich verliebt, das sieht einfach jeder. Und glaub mir, so wie ihr zwei ständig am Knutschen seid, hat das auch jeder mitgekriegt. Es ist völlig ausgeschlossen, dass er sich aus dem Staub gemacht hat!«
    Ich würde ihn gern an Romans Behauptung erinnern, er hätte Damen davonrasen sehen, und ihm erzählen, dass ich das schreckliche Gefühl habe, Roman habe etwas damit zu tun - doch gerade als ich es aussprechen will, merke ich, dass ich das nicht kann. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, keinerlei Beweise.
    »Hast du die Polizei verständigt?«, fragt er auf einmal ganz ernst.
    Ich presse die Lippen aufeinander und spähe zu der Ampel, während ich mich dafür verwünsche, dass ich tatsächlich die Polizei verständigt habe. Dabei weiß ich genau, wie ungehalten Damen, wenn sich alles in Wohlgefallen auflöst und er heil wieder auftaucht, darüber sein wird, dass ich solche Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt

Weitere Kostenlose Bücher