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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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habe.
    Aber was hätte ich denn machen sollen? Ich meine, wenn er in einen Unfall oder irgendwas verwickelt war, wären die Cops ja wohl die Ersten gewesen, die davon erfahren hätten. Also bin ich am Sonntagmorgen zum Revier gefahren und habe eine Vermisstenmeldung aufgegeben, indem ich sämtliche üblichen Fragen beantwortet habe: männlich, weiß, braune Augen, braunes Haar ... Bis wir zu seinem Alter kamen und ich mich beinahe verschluckt hätte, als ich kurz davor war zu sagen: Ahm ... Er ist ungefähr sechshundertsiebzehn Jahre alt.
    »Ja, ich habe ihn als vermisst gemeldet«, sage ich schließlich, trete fest aufs Gas, sowie die Ampel grün wird, und sehe zu, wie der Tacho in die Höhe schießt. »Sie haben alles aufgenommen und gesagt, sie würden sich darum kümmern.«
    »Das war alles? Soll das ein Witz sein? Er ist noch minderjährig, er ist kein Erwachsener!«
    »Ja, aber er ist juristisch für volljährig erklärt worden. Das ändert alles, denn damit ist er vor dem Gesetz für sich selbst verantwortlich und noch einiges andere, was ich nicht so ganz verstanden habe. Außerdem habe ich sowieso keine Ahnung von den Ermittlungsmethoden der Cops, die haben mich ja schließlich nicht in ihre Pläne eingeweiht«, sage ich und verlangsame die Fahrt, da wir nun das Umfeld der Schule erreicht haben.
    »Meinst du, wir sollen Flyer verteilen? Oder eine Mahnwache mit Kerzen abhalten, so wie im Fernsehen?«
    Mein Magen verkrampft sich bei seinen Worten, obwohl ich weiß, dass das nur Ausdruck seines gewohnt dramatischen, aber gutmütigen Naturells ist. Doch bis jetzt hätte ich nie vermutet, dass es einmal so weit kommen würde. Ich meine, Damen taucht bestimmt bald wieder auf. Er muss einfach. Er ist unsterblich. Was könnte ihm schon zustoßen?
    Und kaum biege ich auf den Parkplatz ein, da sehe ich ihn aus seinem Wagen steigen. Er sieht so cool aus, so sexy, so umwerfend, dass man glauben könnte, es sei alles völlig normal, und die letzten zwei Tage hätten nie stattgefunden.
    Ich trete unsanft auf die Bremse, woraufhin mein Auto erst einen Satz nach vorn und dann einen nach hinten macht, was den Fahrer hinter mir zwingt, ebenfalls abrupt auf die Bremse zu treten. Mein Herz rast und meine Hände zittern, als ich sehe, wie mein unfassbar attraktiver und tagelang vermisster Freund sich so gezielt, so akkurat und mit solch absoluter Konzentration mit einer Hand durch die Haare fährt, dass man meinen könnte, das wäre seine wichtigste Aufgabe.
    Damit hatte ich nicht gerechnet.
    »Was zum Teufel?«, kreischt Miles und starrt Damen an, während massenhaft Autos hinter uns hupen. »Und warum parkt er da drüben? Warum parkt er nicht auf dem zweitbesten Platz und hält uns den besten frei?«
    Da ich die Antwort auf keine dieser Fragen weiß, halte ich neben Damen an in der Hoffnung, dass er mir die Antworten gibt.
    Ich lasse mein Fenster herunter und bin ganz unerklärlich schüchtern und verlegen, als er mich nur kurz ansieht, um sich gleich wieder abzuwenden. »Ähm, ist alles in Ordnung?«, frage ich und zucke zusammen, als er nur kurz nickt und damit meine Anwesenheit lediglich mit der denkbar geringsten Aufmerksamkeit quittiert, die man sich vorstellen kann.
    Er greift in den Wagen, schnappt sich seine Tasche und nutzt die Gelegenheit, sich selbst im Fenster auf der Fahrerseite zu bewundern, während ich schwer schlucke und ihn anspreche. »Weil du am Freitagabend irgendwie plötzlich weg warst ... und ich dich das ganze Wochenende weder gefunden noch erreicht habe, da war ich eben ein bisschen beunruhigt. Ich habe dir auch ein paar Nachrichten aufgesprochen, äh ... hast du die gekriegt?« Ich presse die Lippen zusammen und winde mich vor Verlegenheit unter meiner jämmerlichen, ineffektiven und letztlich feigen Befragung.
    Du warst irgendwie weg? Ich war ein bisschen beunruhigt?
    Wo ich doch eigentlich laut schreien möchte: HEY DU - IN DEN SUPERCOOLEN SCHWARZEN KLAMOTTEN - WAS ZUM TEUFEL IST PASSIERT?
    Er schlingt sich die Tasche über die Schulter und sieht mich an. Sein schneller, kraftvoller Schritt schließt die Distanz zwischen uns binnen weniger Sekunden. Doch es ist nur die physische Distanz, nicht die emotionale, denn als ich ihm in die Augen sehe, scheint er meilenweit weg zu sein.
    Und gerade als mir bewusst wird, dass ich die Luft angehalten habe, lehnt er sich zum Fenster herein, hält sein Gesicht dicht vor meines und sagt: »Ja. Ich habe deine Nachrichten bekommen. Alle neunundfünfzig

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