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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Staatsmann zwischen ihnen zu achten. Dulnikker zappelte wie ein Fisch im Netz. Zum Glück gelang es ihm, mitten in einem dreifachen Salto einer der streunenden Katzen auf den Schwanz zu treten, und das ohrenzerreißende Gekreisch des Tieres brachte die Kämpfer augenblicklich zur Vernunft.
    Dulnikker saß mit einer dicken Staubschicht bedeckt und zerrauft auf dem Boden. »Schluß!« kreischte eine fremde Stimme aus seiner Lunge. »Schluß, ihr Mörder! Ihr verrückten, bösartigen Viecher, jeder einzelne von euch! Schluß, ihr Metzger! Schluß, sage ich! Zev!« schrie Dulnikker plötzlich seinen Ersten Sekretär an, der noch immer gelassen auf dem
    Podium saß. »Warum rührst du keinen Finger, du Taugenichts, wenn du siehst, daß man mich vor deinen Augen ermordet?«
    »Herr Ingenieur, Sie haben mich angewiesen, mich nicht in die Debatte zu mischen«, erwiderte der Sekretär. »Meine Aufgabe ist es, mechanisch Protokoll zu führen, nichts weiter.«
    Amitz Dulnikker stampfte auf und brach buchstäblich in Tränen der Enttäuschung aus. Malka umarmte seinen zitternden Körper und führte ihn auf die Rednertribüne. Das Schluchzen des kranken Staatsmannes wirkte auf die Menge genauso wie die Tränen eines Lehrers auf ungebärdige Schüler.
    »Was haben wir denn falsch gemacht?« flüsterte Zemach Gurewitsch den übrigen Repräsentanten zu, während er sich seine blauen Flecken rieb. »War denn nicht er es, der uns geschrieben hat, daß die Oberste Kommunalkörperschaft die Bürgermeisterei entscheiden würde? Weshalb weint er also?«
    Die Räte glätteten ihre Kleider und kehrten höchst verblüfft auf ihre Sitze zurück. Diese plötzliche Stille löste ein böses Geschrei der Menge draußen aus. Die Bürgerschaft reagierte auf die unerwartete Unterbrechung höchst unmutig mit mißbilligendem Pochen an die Fensterscheiben.
    Dulnikker stand auf und stürzte, eine Hand auf seine verletzte Seite gedrückt, wütend zur Tür. Er schob den Riegel zurück und stellte sich dem tobenden Mob.
    Er ergoß seine ganze Wut auf sie:
    »Ruhe! Sonst schmeiß’ ich euch alle miteinander aus diesem Dorf hinaus!«
    Sein vulkanartiger Wutausbruch brachte sie zum Schweigen. Eine einsame Stimme wagte es, ihn respektvoll über das Meer von Köpfen hinweg auf die Tatsache hinzuweisen:
    »Entschuldigen Sie, Herr Ingenieur, aber bis jetzt ist noch keiner besiegt worden!« »Ihr Erbauer von Babel!« zischte der Staatsmann zwischen zusammengebissenen Zähnen und kehrte dem blutdürstigen Gesindel den Rücken. Er versperrte die Tür hinter sich, schneuzte sich mit einem empörten Trompetenstoß und kehrte auf seinen Platz am Präsidialtisch zurück.
    »Meine Herren«, rief er dem Rat kummervoll zu, »was um Himmels willen hat sich hier getan?«
    Fast die ganze nächste Stunde lang erhielten Dulnikker und Sekretär eine aufschlußreiche Belehrung über >Begriffe und Bedingungen in Kimmelquell und ihre Bedeutung für die Funktionen des Dorfrates als einer kommunalen Körperschaft«. Mit wachsender Bestürzung hörte sich Dulnikker die lokalen Ansichten an und versetzte das Dorf im Geist vom Mittelalter in die Steinzeit zurück.
    »Genossen!« sprach er den Rat mit schwacher Stimme an, »zivilisierte Menschen entscheiden Führungsfragen nicht durch Faustkämpfe, sondern durch demokratische Wahlen.«
    »Demokratische Wahlen?« wiederholten die Räte unter viel schnellem Blinzeln. »Wozu?«
    »Weil die Dorfbewohner - sie und nur sie - entscheiden dürfen, wer sie regieren darf, Genossen.«
    »Herr Ingenieur«, platzte der Schuhflicker flehentlich heraus, »ist unser System nicht einfacher?«
    Dulnikker war am Ende seiner Geduld angelangt und warnte Gurewitsch unter energischen Hammerschlägen, daß er keinerlei provokante Zurufe dulden würde.
    »Meine Herren!« wandte er sich scharf an seinen Sekretär. »Warum nehmen Sie kein Protokoll auf?«
    »Entschuldigen Sie, Dulnikker, aber das habe ich doch!« protestierte der andere höflich und las dem Dorfrat unverzüglich vor, was er auf ein Stück Papier gekritzelt hatte: »Nach Ankunft des Vorsitzenden fand ein Kommunalkampf de facto zwischen zwei provisorischen Ratsmitgliedern statt, den
    Herren Zemach Gurewitsch und Salman Hassidoff. Verletzt wurde ein Anwesender: der Herr Ingenieur.«
    Nach Verlesung des Protokolls verbeugte sich der Sekretär und setzte sich feierlich nieder. Dulnikker beherrschte sich bewundernswert und dankte dem jungen Taugenichts für seinen Fleiß. Dann erhob sich der

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