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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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weiß nicht, wie tief du in diesen kindischen, dummen Streich verwickelt warst, der alles, was ich hier erreicht habe, zunichte machen sollte. Jedenfalls warst du in stillschweigendem Einverständnis mit den Verschwörern.«
    »Dulnikker«, sagte Zev, »ich weiß, daß auch ich von einer oberflächlichen Perspektive aus gesehen etwas Schuld zu haben scheine, aber glauben Sie mir, ich handelte nur im Interesse des Staates und der Gesamtheit.«
    »In dem Fall, meine Herren, haben Sie sich verrechnet.« Dulnikker war böse. »Weil es weder der Staat noch die Gesamtheit war, die dich vom absoluten Nullpunkt dazu erhob, Amitz Dulnikkers Sekretär zu sein! Ich, und nur ich, habe das getan, in einem meiner schwachen Augenblicke. Nichtsdestoweniger beabsichtige ich im Augenblick nicht, eine Disziplinarmaßnahme zu treffen. Ich muß Sie jedoch, meine
    Herren, darauf hinweisen, daß nur redliche, anständige Ausdauer bei der Wiederherstellung unseres Dorfes Ihr taktloses Benehmen möglicherweise einigermaßen sühnen kann.«
    »Ich verstehe, Dulnikker«, antwortete der Sekretär und kehrte seinen Blick abermals himmelwärts. Wie zu erraten ist, dauerte es auch diesmal lange, bis eine Antwort kam.
    Der peinliche Zwischenfall verzögerte die Entwicklung von Kimmelquell nur um einige flüchtige Stunden. Der Staub in den Wagenspuren hatte sich noch kaum gesetzt, als neue Einladungen zu den Mitgliedern des Provisorischen Dorfrats unterwegs waren, die sie zu einer offiziellen Sitzung einberiefen, deren Zweck - in des wiedergekehrten Sekretärs einzigartigem Stil verfaßten Tagesordnung - >die Errichtung einer örtlichen Verwaltung< war, >deren Funktion es sein wird, ein ständiges Einkommen zu sichern, um die Existenz der Örtlichen Verwaltung zu garantieren<.
    Die Sitzung wurde wie gewöhnlich bei dem flackernden Licht von zehn Laternen in der Ratskammer abgehalten. Dulnikker, auf die Höhen des Podiums zurückgekehrt, führte einen neuen Vorgang ein und hielt einen Zählappell, um zu sehen, ob alle Mitglieder anwesend waren. Es stellte sich heraus, daß niemand fehlte. Angesichts dessen erteilte der Vorsitzende das Wort Ofer Kisch, der, wie erinnerlich, beauftragt worden war, eine Liste von Steuerzahlern aufzustellen. Der kleine Schneider erhob sich feierlich und las folgende offizielle Einzelheiten aus einem Notizbuch vor:
    »Um die Anzahl von Bürgern festzustellen, die dreitürige Kleiderschränke besitzen, besuchte ich im Lauf von vier Tagen persönlich: Häuser - 65; Räume - 206; Familien - 75 .« »Langsam, ofer, langsam«, polterte Zemach Gurewitsch, »du mißt keinen Anzug an! Sag uns einfach, wie viele dreitürige Kleiderschränke du gefunden hast?«
    »Ich? Keinen.«
    »Keinen?«
    »Keinen.«
    »Sie sehen, Herr Ingenieur«, wandte sich Elifas höchst erbittert an den Vorsitzenden. »Jetzt gehen Sie einmal hier herum, Steuern einzuheben! Das ist ein höchst halsstarriges Volk.«
    »Ich ersuche um Ruhe, meine Herren!« Der zornige Vorsitzende schlug mit seinem Hammer auf den Tisch. »Wer hat euch denn beigebracht, wenn ich fragen darf, daß der Vertreter des Städtischen Steueramtes persönlich hingehen und nachsehen soll, was die Dorfbewohner tun? Ich erinnere mich sehr gut, daß Herr Kisch nur gebeten wurde, eine Liste der Einzustufenden zusammenzustellen.«
    »Eine Liste der was?«
    »>Einzustufender< bedeutet einen Steuerzahler«, erklärte Dulnikker ungeduldig. »Man mißt den finanziellen Stand eines Einzustufenden nicht mit dem Zollstock, Genossen, man schätzt ihn ein!«
    Die Abgeordneten schrumpften in sich zusammen, rührten in ihrem Tee herum und tätschelten den Katzen mit den Stiefelspitzen die Rücken.
    Zev rettete die Schlacht und die Debatte. »Der Herr Ingenieur will sagen, daß es nicht wichtig ist, wer wirklich einen dreitürigen Kleiderschrank besitzt, sondern nur, wer einen solchen Schrank besitzen könnte.«
    Der Schächter Ja’akov Sfaradi war der erste, dem der Sinn der Sache aufging. »Ich verstehe«, verkündete er. »Das ist ein viel gerechteres System. Wir werden uns nicht um den Schrank kümmern, der wirklich ein unwichtiges Symbol ist .«
    »Halt!« Der Barbier begann die Sache zu erfassen. »Vor allem müssen wir klären, was >wir werden uns kümmern< bedeutet. Wer wird sich kümmern?«
    »Der gesunde Menschenverstand diktiert«, meinte der Schneider, »daß der Mann, der dazu ernannt ist, die Einzustufenden, oder wie sie heißen, zusammenzustellen, auch die Steuerzahler

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