Der Blaumilchkanal
Das, so meinte er, machte ihren Fluchtplan frei von Hindernissen. Dulnikker selbst half ihnen unwissentlich, indem er ihre Einladung, eine Tour durch die ländliche Umgebung zu machen, annahm, denn er sah darin ein ermutigendes Zeichen einer Änderung in der Einstellung seiner
Besucher zu seinem Entschluß, im Dorf zu bleiben. Die Gruppe ging sofort nach dem Frühstück zum Wagen hinaus, aber auf der Straße begab sich etwas, das ihre Abreise verzögerte.
»Unser Geld zurück, bitte«, begrüßte etwa ein Dutzend Bauern Gula. Sie hatten sich um den Wagen versammelt und streckten ihr die Quittungen hin, welche ihnen die Zwillinge aufgedrängt hatten. »Wir wollten diese Zettel verwenden, um den Tnuva-Chauffeur für unsere Waren zu bezahlen, aber er will sie nicht annehmen.«
»Aber Genossen«, argumentierte Gula, »ihr habt Geld für Waisenkinder gespendet!«
»Das haben wir dem Chauffeur auch gesagt, aber er hat sich trotzdem geweigert, die Zettel als Geld anzunehmen. Vielleicht reden Sie mit ihm, gnädige Frau!«
Gula wollte die Entführung nicht durch einen weiteren Zeitverlust gefährden, daher begann sie die zerknitterten Zettel zurückzukaufen. Aus irgendeinem Grund kostete sie diese Aktivität insgesamt neun Pfund und 58 Agorot. Die Zwillinge, die diesem Umtausch mit erstaunlichem Gleichmut zusahen, benutzten das kurze Zwischenspiel, um ihren eigenen Beitrag zu der Verwirrung zu leisten. Sie zogen den Ingenieur beiseite und flüsterten ihm ins Ohr:
»Ihr Krankenwärter hat Ihren Koffer in den Wagen gesteckt. Dann hat uns Ihre Frau Ingenieur gebeten, es Ihnen nicht zu erzählen, und wir sagen auch nichts. Das wär’s.«
In diesem Augenblick saß die Gruppe im Wagen, bereit, Hals über Kopf und auf und davon zu fahren. Dulnikker stürzte zum Kofferraum, hob schnell den Deckel und erblickte mit seinen eigenen Augen seinen größten Koffer in majestätischer Ruhe daliegen. Blitzartig traf der Gestank des Komplotts die Nasenflügel seines Geistes. Er sprang zur Wagentür, riß sie auf und brüllte: »Was soll das?«
»Alles wird völlig in Ordnung kommen, Herr Dulnikker«, sagte Professor Tannenbaum, während er das Jackett des Staatsmannes packte und ihn hineinzerrte. Dulnikker begann mit dem Leibarzt der Parteihierarchie zu ringen, aber Gula schaltete sich ein und stieß ihren Gatten mit unwiderstehlicher Kraft auf seinen Sitz zwischen den zwei zu Stein erstarrten Würdenträgern. Gleichzeitig versuchte sie den Staatsmann zu beruhigen:
»Du darfst dich nicht aufregen, Dulnikker ... das Land braucht dich ... du bekommst alle Leitern und Regenschirme, die du willst, Dulnikker . es ist alles nur zu deinem eigenen Wohl .«
Die Reporter beobachteten atemlos diese Alptraumszene. Sie waren so erstaunt, daß der Bildreporter sogar vergaß, die Dulnikker-Entführung für die Nachwelt festzuhalten, was er sich nie verzieh. Zev saß die ganze Zeit drinnen, sein Gesicht ein Bild des >nichts-Ungewöhnliches-bemerkend<. Gula war die erste, die sich erholte, und rief dem Chauffeur zu: »Los!«
Genau in dem Augenblick riß Dulnikker den Mund auf und brüllte wild: »Hilfe! Entführer! Hilfe!«
Die Dörfler, die sich um den Wagen versammelt hatten, reagierten mit bemerkenswerter Wachsamkeit, rissen die geschlossene Wagentür auf und versuchten, ihren geliebten Ingenieur aus dem Wagen zu zerren. Die Schreie der Bürgerschaft »Sie entführen den Ingenieur!« wurden lauter, und kräftige Verstärkungstruppen ergossen sich von allen Seiten auf den Schauplatz. Diesmal waren sogar der Schuhflicker und der Barbier einig in ihren Anstrengungen, ihren Meister und Lehrer aus den Händen der Eindringlinge zu retten. Endlich zogen sie ihn gemeinsam durch die Tür, zusammen mit dem Teil Professor Tannenbaums, der um die Beine des Staatsmannes gewickelt war. Der Leibarzt der Parteihierarchie ließ Dulnikker schließlich los, als das Fenster neben dem Chauffeur durch einen Stein zerschmissen wurde. So kam es, daß das entfliehende Fahrzeug den Gegenstand seiner Flucht in den Händen seiner örtlichen Verehrer hinterließ.
Der schwarze Wagen raste rücksichtslos über die Steine der Landstraße dahin, aber jetzt beachtete keiner der Leute drinnen sein Rütteln; sie beschworen alle einstimmig den Chauffeur, so schnell wie möglich zu fahren.
»Schnell, schnell!« schrie die zitternde Gula. »Sie verfolgen uns wahrscheinlich zu Pferd!«
Nachdem es klar wurde, daß die Wachsamen nicht über dem nächsten Kamm erscheinen würden,
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