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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Schritt an das Bett heran und klammerte sich an dessen Gitter, um nicht hinzufallen.
    »Zugegeben, daß ich heute eine zu stark aufgeblasene Seifenblase bin«, sagte er leise zitternd, »zugegeben, daß ich heute nicht mehr gebraucht werde, irgendein alter Narr, dessen Rücken dazu da ist, daß man hinter ihm lacht. Aber zu sagen, daß ich nie etwas Aufbauendes geleistet hätte? Daß ich nur schwätze? Wer hat dieses Land aufgebaut, wenn nicht die Dulnikkers?« Die Stimme des Staatsmannes brach, und Tränen stiegen ihm in die Augen. »Warum hast denn du, mein junger, praktischer Freund, warum hast du diesem Taugenichts von Altem so glatt geschmeichelt, daß du ihn vollständig getäuscht hast? Warum hast du seine Gunst gesucht? Nur um dich in der Partei hochzuarbeiten? Dann bist du, mein begabter, nützlicher Freund, schlimmer als so ein Träumer wie ich: Du hast einfach einen schwachen Charakter, weil du genau gewußt hast, daß du eine Komödie aufführst, Du, mein Freund Zev, wirst in einigen Jahren genauso sein wie der schmarotzende Mitläufer, den du mir eben beschrieben hast, mit dem winzigen Unterschied, daß er - dieser verrückte Amitz Dulnikker - seine Tage als ein armer Mann beenden wird, dessen Hände rein sind, während du, mein klardenkender Freund, ein niedriger, korrupter Heuchler sein wirst.«
    Der Sekretär richtete sich auf seinem Bett auf, und seine Glieder begannen schrecklich zu zucken.
    »Dulnikker, hören Sie auf!« kreischte er. »Halten Sie um Gottes willen den Mund! H-a-l-t!«
    Dulnikker verließ das Zimmer und bahnte sich still seinen Weg durch die Hochzeitsgäste. Im Vorbeigehen bemerkte er zu Hermann Spiegel:    »Mein    lieber Tierarzt, mein
    Krankenwärter bedarf zusätzlicher Aufmerksamkeit.«

Persona non grata
    Meine liebste Gula,
    Ich sende Dir diesen Brief heimlich mit dem treuen Tnuva-Chauffeur, weil ich nicht wünsche, daß sein streng vertraulicher Inhalt öffentlich bekannt wird. Zuerst dachte ich, ich würde mit dem Lastwagen heimfahren, aber nachher beschloß ich, meine Gesundheit, die ohnehin schwach ist, nicht zu gefährden, indem ich zusätzliche Risiken eingehe. Daher möchte ich Dich hiermit bitten, Gula, mir ohne Verzug den Wagen zu schicken, um mich heimzubringen.
    Diesmal ist kein Verdacht am Platz. Ich gedenke meinen eisernen Entschluß unter keinen Umständen zu ändern, und du wirst nicht von den gleichen kindischen Schritten Gebrauch machen müssen, um mich heimzubekommen. Ich habe jeden Kontakt zu Menschen abgebrochen, und ich habe sogar aufgehört, das Vieh zu hüten. Ich habe soeben eine schwere geistige Krise durchgemacht, die ihr Zeichen in meiner oben erwähnten schwachen Gesundheit hinterlassen hat. Heute bin ich wieder gezwungen, haufenweise verschiedene Schlaftabletten zu schlucken, da mein Magen launisch und mein Blutdruck über dem normalen Stand ist. Ich wurde von einem Menschen doppelt enttäuscht, der jahrelang zu meinen Füßen gelernt hat und meine Unschuld ausnützte. Diese Wunde ist noch nicht geheilt, so daß ich Dir im Augenblick keinen eingehenden Bericht über die schmerzliche Angelegenheit geben kann. Ich möchte Dir kurz eine Enttäuschung anderer Art beschreiben, die ich im Dorf Kimmelquell erlitten habe, deren uneinige Bürger ihr Leben verwüsten und auf Schlimmeres zusteuern. Ich hoffe, daß Dir diese Enthüllungen, Gula, die unerträgliche Situation, die mein Sein bedrückt, verstehen helfen. Vor zwei Wochen fand ich einen anonymen Brief auf meinem Bett. Er enthielt in äußerst primitiven Buchstaben die Frage: >Warum baut der Barbier einen Kuhstall statt eines Büros?< Zu der Zeit hatte ich mich bereits von den Dorfangelegenheiten zurückgezogen, war jedoch gezwungen, die Folgerungen des anonymen Briefes zu überlegen, weil auch ich bemerken mußte, daß in den letzten eineinhalb Monaten Baumaterial ins Dorf geströmt war, und daß auf der Baustelle des Gemeindeamts dennoch kein Bau vorhanden war, mit Ausnahme von vier Betonsäulen des Gerüsts. Selbst auf der Baustelle des Kulturhauses ist nur ein hastig aufgestelltes Schild zu finden, auf dem steht: >Hier wird der Kulturpalast des Dorfes zur Erinnerung an den verstorbenen Amitz Dulnikker errichtet werden. < (Die Unterstreichung stammt von mir. Ich meine damit nämlich, daß sie es zur >Erinnerung an den verstorbenen< gemacht haben, weil ich, als ich seinerzeit das Projekt plante, gleichzeitig die Dorfräte informierte, daß ich den Byzantinismus bedauere, Gebäude nach

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