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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Zevs Rückkehr erstaunlich verjüngt, aber die Zeichen des Alters blieben in seinem Gesicht eingegraben. Zevs Gesicht hingegen war beträchtlich runder und sein Körper plump und dicklich geworden.
    »Höre, mein Freund Zev«, zog ihn Dulnikker gutmütig auf, »dein ausgestopfter Kopf beginnt allmählich wie der Vollmond auszusehen, wie der Kopf des Schächters, der zum Rabbi kam und rief, >Rebbe, Rebbe< ...« Plötzlich schwieg der Staatsmann und runzelte die Stirn, als ihm ein Gedanke in den Sinn kam. »Genossen«, fragte er zögernd seinen Sekretär, »habe ich euch je diesen Witz erzählt?«
    »Nein«, erwiderte Zev. Und erst am Ende - als es sich herausstellte, daß der Schächter zu Rosh Hashanah nicht Schofar blasen durfte, weil er nicht in das kalte Wasser der Mikve untergetaucht war, brach der treue Sekretär in ein echtes, aufrichtiges Gelächter aus, das dasjenige des Staatsmannes noch übertraf.
    »Großartig«, keuchte Dulnikker erleichtert. »Wie geht’s deiner reizenden Frau? Wie trägt sie ihren gesegneten Zustand?«
    »Worüber reden Sie da?« Der Sekretär wurde ernst. »Es gibt keine gesegneten Umstände. Eine Woche nach der Trauung kommt Dwora und sagt zu mir: >Zev, ich glaube nicht, daß ich schwanger bin.< Haben Sie je schon einmal so was Dummes gehört, Dulnikker?«
    »Scherze des Schicksals«, versicherte Dulnikker und fügte ein bißchen bekümmert hinzu: »Natürlich bedauerst du es jetzt, daß du sie geheiratet hast?«
    »Ich habe sie nicht geheiratet, Dulnikker. Nur unter uns: Ein Schächter ist doch kein Rabbi!«
    Der Sekretär lag auf dem Rücken im Bett und starrte zur Decke.
    »Haben Sie wegen Dwora kein ungutes Gefühl, Dulnikker. Ein paar Wochen Eheleben haben genügt, ihr beizubringen, daß ich für sie zu intelligent bin. Mischa der Kuhhirt paßt zu ihr, nicht ich. Und das Komischste an der ganzen Sache ist, daß ich gerade jetzt - wirklich, wie soll ich es ausdrücken - sie gern zu haben begann. So ein Hühnchen!«
    Dulnikker konnte seinen Handrücken nicht länger beherrschen, die Umgebung seiner Nasenflügel zu reiben, ein Vergnügen, das er seit langem nicht mehr genossen hatte.
    »Also, was wird jetzt?«
    »Wir sind übereingekommen, daß ich mich davonmache, sobald ich ihren Vater loswerden kann.«
    »So gern hat dich Gurewitsch?«
    »Wie ein Loch im Kopf, Dulnikker. Aber er läßt mich bis zur Wahl nicht aus den Augen, weil er meinen Rat braucht.«
    »Die Dorfbewohner sind wahnsinnig geworden«, versicherte Dulnikker. Und er enthüllte seinem Sekretär mit gesenkter Stimme vertraulich einen Teil des Briefes, den er durch seinen vertrauenswürdigen Chauffeur Gula geschickt hatte. »Mein Wagen kann jeden Augenblick eintreffen«, schloß der Staatsmann seine Erzählung, und die Hoffnung, daß sie bald in den Wirbel des öffentlichen Lebens zurückkehren konnten, erinnerte Zev an seine etwas vernachlässigte ehemalige Funktion.
    »Ich wünsche Ihnen Glück, Dulnikker«, sagte er im offiziellen Tonfall des Ersten Sekretärs. »Es ist wirklich an der Zeit, daß Sie die Angelegenheiten Ihres Büros wieder in die Hand nehmen.«
    Auch Dulnikker war über die angenehme Veränderung froh.
    »Ich bin aus offenkundigen Gründen etwas müde, Genossen«, sagte er, während er im Zimmer auf und ab ging. »Ich werde wirklich froh sein, wenn Sie sich, mein Freund, daran machen, einen Entwurf für meine Rede an die Reporter nach meinem Empfang zu verfassen. Ein paar Worte über den gesunden Einfluß ruhiger Ferien draußen auf dem Land und Rast für die Nerven einer Gestalt der Öffentlichkeit .«
    »Sie brauchen nicht weiterzureden, Dulnikker.« Der Sekretär zog einige gefaltete Blätter aus der Tasche. »Es ist schon alles da.«
    Die letzte Sitzung des Provisorischen Dorfrats fand in einer beispiellos geladenen Atmosphäre statt. Auf der Tagesordnung stand eine heikle, gefahrvolle Frage. Mit anderen Worten, die Dorfjugend hatte die Regierung informiert, daß sie eine Fußballmannschaft aufzustellen wünsche, die gegen die Mannschaft des Dorfes jenseits des Flußberges antreten wolle. Diese explosive Idee wäre noch vor einigen Monaten als gotteslästerlich empfunden worden, angesichts der Veränderung jedoch, die sich in der Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber Reisen vollzogen hatte, war die Sache schwierig zu entscheiden. Die Dorfräte beeilten sich daher nicht, eine Entscheidung zu treffen, sondern gingen persönlich in das Gebiet am Fuß der Dämme und studierten die Übungen der

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