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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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aufgeweckt und trat gerade auf den Balkon hinaus, als der Barbier und der Schuhflicker durch das Fenster der Ratskammer hinauskollerten. Beide Abgeordneten hatten einander mit Zähnen und Fingernägeln gepackt und bedeckten sich mit dem Schmutz der Landstraße, während jeder >diesem Bauernlümmel< tödliche Hiebe versetzte. Diesmal beeilte sich der Staatsmann jedoch durchaus nicht, den Kampf abzubrechen. Er schaute mit einem Gefühl heilsamer Erleichterung hinunter. >Wenn sich diese schwachsinnigen Kreaturen gegenseitig umbringen würden, dann wäre das Dorf gerettet<, dachte Dulnikker und ging gelassen vor das Wirtshaus, weil das Laub der Bäume am Straßenrand die zwei ineinander verbissenen Kämpfer vor seinen Blicken verbarg.
    »Sie sehen, Herr Ingenieur«, jammerte Elifas Hermanowitsch, der neben dem Staatsmann stand, »wie sie das Image des Dorfrats zerstören.«
    Dulnikker brach in einen Lachanfall aus, der seinen ganzen Körper schüttelte. >Mögen sie sich ihres Geschmacks an Schmutz erfreuen<, sagte er zu sich. >Ich wünschte, daß dieser Liliputanerzirkus zerfiele, daß dieser ganze Dorfrat vom Angesicht der Erde weggewischt würde, denn er hat meine Ferien auf dem Land verdorben und zerstört. Mit welchem Recht haben sich die Abgeordneten in mein Privatleben gemischt und meine Ruhe zerstört? Wie haben sie mich in ihre Irrsinnsverwirrung mit hineingezogen?<
    >Vielleicht bin auch ich etwas schuld daran<, überlegte der Staatsmann. >Am Tag meiner Ankunft in dem Dorf hätte ich den Provisorischen Dorfrat unterrichten sollen, daß ich an der Regelung seiner Gemeindeangelegenheiten nicht teilnehmen würde. Jetzt ...<, Dulnikker streckte sich genußvoll, >jetzt ist mir Gott sei Dank die ganze Angelegenheit ohnehin aus den Händen genommene
    Wenige Schritte entfernt bemerkte Dulnikker ein gefaltetes Stück Papier, eine aus seinem Parteiorgan gerissene Seite, mit der die Tnuva ihre Kartons ausstopfte. Neugierig hob Dulnikker die Seite auf, weil das Blatt noch nicht zu gelb war. Er strich es glatt und begann zu lesen.
    Wenig später brach der Staatsmann an der Ecke des Wirtshauses fast zusammen, und kalter Schweiß brach auf seinem bleichen Gesicht aus.
    Sowie er sich leicht erholt hatte, raste der gefährlich erregte Staatsmann zum Schuhflickerhaus hinüber und hielt seinem Sekretär die Zeitungsseite unter die Nase. Ganz unten auf der Seite versteckt stand eine kurze bescheidene Notiz:
    Ein Sprecher des Presseamts der Regierung gab gestern abend bekannt, daß Amitz Dulnikker aus Gesundheitsgründen um seine Entlassung ersucht habe, die vom Minister angenommen wurde. Die Regierung ratifizierte die Ernennung Shimshon Groidiss ’ zum Stellvertretenden Generaldirektor anstelle Dulnikkers.
    »Was hast du dazu zu sagen, mein Freund?« knurrte Dulnikker, und eine panische Angst tanzte in seinen Augen. Nur einmal, vor ungefähr zehn Jahren, war Dulnikker etwas Ähnliches zugestoßen, als man ihn leise aus dem
    Parteivorstand hinausgeschmissen hatte. Damals gründete Dulnikker sofort die Fraktion für Interne Säuberung, die er erst auflöste, als man ihn - in Panik - als Vorsitzenden wieder eingesetzt hatte. Aber damals war der Staatsmann um zehn Jahre jünger gewesen.
    »Das bedeutet nichts, Dulnikker«, versuchte ihn der Sekretär zu beruhigen. »Bald kehren wir heim und kümmern uns darum. Es ist schon Schlimmeres passiert.«
    »Schlimmeres als das?« Dulnikkers Gesicht lief rot an, und was immer von seiner Kraft übriggeblieben war, sammelte sich in seiner Kehle. »Soll das das Schicksal eines Mannes sein, der seinerzeit die Partei aufbaute und heute mit sechsundsiebzig Jahren am Ende seines Lebens steht, an dem jeder Tag aktiv und schöpferisch war? Nennst du das >nichts<, Zev, mein Freund, daß am Ende ausgerechnet Shimshon Groidiss auf meinen Platz gesetzt wird? Bedeutet das, meine Herren, Ihrer Meinung nach keine Provokation? Oder sind Sie vielleicht froh über meinen Sturz?«
    »Schon gut, Dulnikker, schon gut«, entschuldigte sich seine hilflose Rechte Hand, »wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen!«
    »Kämpfen?« flüsterte Dulnikker. »Ich, Amitz Dulnikker, werde mich so erniedrigen, daß ich diesem unreifen Niemand Shimshon Groidiss den Krieg erkläre?«
    »Nein, Dulnikker, wirklich nicht.« Zev blickte ängstlich auf die geschwollenen Adern. »Ein Kampf ist gar nicht nötig!«
    »Großartig!« brüllte der Staatsmann. »Du erwartest also, daß ich mit gefalteten Händen

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