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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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befriedigend, die Bedienung recht gut und die Landschaft herrlich. Ich empfehle Ihr Hotel jedem Interessenten.
    Hochachtungsvoll Ingenieur Dulnikker
    Nachdem der dankbare Staatsmann seinen Abschiedsbrief in eine zur Veröffentlichung geeignete Fassung gebracht hatte, legte er eine große Geldsumme auf das Blatt. Als er seinen Brief nochmals durchgelesen hatte, strich er jedoch das Wort >Ingenieur< aus.
    »Albern«, murmelte er, »schließlich bin ich überhaupt kein Ingenieur.«
    Dulnikker trug einen alten grünen Pullover, dazu grüne Wollfäustlinge und Ohrenschützer, sowohl wegen der Winterkälte als auch aus persönlichen Überlegungen. Er drückte seinen Koffer zu, indem er sich mit seinem ganzen
    Gewicht auf ihn setzte. Die Schlösser klickten scharf zu, aber -dem Himmel sei Dank - der Polizist schlummerte weiter wie ein Bär im Winterschlaf.
    Die Situation war dennoch äußerst kritisch. Einerseits konnte er es nicht riskieren, die knarrende Holztreppe hinunterzusteigen, weil der Wirt und Malka im Nebenzimmer schliefen. Andererseits war jedoch sein Regenschirm dem zusätzlichen Gewicht des Koffers nicht gewachsen. Deshalb knüpfte der Staatsmann seinen Bademantel an sein sorgfältig zusammengedrehtes Bettlaken und fügte noch ein Handtuch hinzu, dessen anderes Ende er um den Griff des Koffers schlang. Dann trug er den ganzen Apparat auf den Balkon und senkte die Ladung sorgfältig in den Garten hinab, während ihn die ganze Zeit die Frage bekümmerte: >Warum nur muß ich immer alles selber machen?<
    Der vollgestopfte Koffer schwebte durch die Luft und stieß gelegentlich so laut an die Hauswand, daß Dulnikker sich schreckliche Szenen vorzustellen begann, in denen Malka in sein Zimmer gestürzt kam, sich ihm zu Füßen warf und laut kreischte: >Gehen Sie nicht fort, Dulnikker, gehen Sie nicht fort!<
    Der Staatsmann begann vor Aufregung zu schwitzen. Zu alledem stellte sich heraus, daß er das behelfsmäßige Bademantel-Bettlaken-Handtuch-Seil nicht wieder heraufziehen konnte, weil sonst auch der Koffer mit heraufgekommen wäre.
    Dulnikker blickte auf die Uhr und stellte zitternd fest, daß ihm nur noch zehn Minuten bis Mitternacht blieben. Daher schuf er für seinen eigenen Bedarf ein zweites Seil aus allen Stoffgegenständen, die ihm in der Dunkelheit des Zimmers zur Hand kamen, einschließlich des Tischtuches, der Hose und des Unterhemds des Kuhhirten sowie seiner eigenen Krawatte, die er hastig vom Hals knüpfte und an dem Balkongitter befestigte.
    Dann kehrte Dulnikker auf einen Augenblick in das dunkle Zimmer zurück, um sich davon zu verabschieden, aber die kühle Luft draußen ließ ihn plötzlich laut niesen.
    Mischa wachte auf und fragte undeutlich: »Was ist denn?«
    »Mi-i-au«, erwiderte der Staatsmann, öffnete seinen großen schwarzen Regenschirm und eilte über das neue Seil hinunter. Aber das Schicksal arbeitet zu solchen Zeiten mit einem unbegrenzten Budget an Hindernissen. Das Unterhemd des Kuhhirten zerriß mit einem lauten Knall, und Dulnikker landete neben seinem Koffer, halb verrückt von den nächtlichen Verwirrungen. Es war genau Mitternacht. Dulnikker stand auf, nahm sein Gepäck und fing zu laufen an. Er stolperte jedoch sofort und fiel flach aufs Gesicht, weil sich das noch immer an seinen Koffer geknüpfte Seil um einen Baum gewickelt hatte. Mit klappernden Zähnen versuchte der Staatsmann, den Knoten um den Koffergriff aufzuknüpfen, aber er kam damit nicht weiter. Daher befreite er den Baum aus dem Griff des Seils und lief wie irr durch die Hecken auf die Straße hinaus ...
    »Schon weg?« fragte der Wirt seine Gattin, welche die Manöver des Ingenieurs durch das Fenster beobachtet hatte.
    »Hoffentlich«, erwiderte Malka und ging ins Bett zurück.
    In Amitz Dulnikkers sehr aktivem Leben nehmen jene paar hundert Schritte den Rang eines unvergeßlichen Alptraums ein. Die wachsamen Dorfhunde begannen sich sofort für die lange Schleppe zu interessieren, die hinter der Gestalt dahinzog, und sie fielen mit wütendem Gebell über sie her, so daß Dulnikkers letzte Schritte vorwärts zu einem Tauziehen zwischen ihm und der Hundemeute wurde. Es ist sehr zu bezweifeln, ob die Hunde durch ein rein zahlenmäßiges Übergewicht den Staatsmann den Weg zurückgezogen hätten oder nicht, wäre sein loyaler Freund, der Chauffeur, nicht aus dem Schatten der Nacht aufgetaucht, um Dulnikker zu helfen, die einfältigen Tiere loszuwerden.
    »Wo ist mein Krankenwärter?« fragte der Staatsmann am

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