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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Regenschirm gehalten, silbrige Wölkchen Zigarrenrauch zu den Neonröhren hochgeblasen und sich in die Sommer im Mittleren Westen zurückversetzt, eine Gegend, die Sylvanshine und den anderen jungen GS -9ern aus dem Osten, denen der Gruppenleiter etwas von Idyllen vorschwärmte, unbekannt war, wo man barfuß an den Ufern träger Ströme stand und angelte, wo man im Mondlicht Zeitung lesen konnte und wo alle einander bei jeder Begegnung grüßten und sich wie in fröhlicher Zeitlupe bewegten. Dieser Bussy, Mr Vince oder Vincent Bussy, trug einen Kmart-Parka, dessen Kapuze einen Kunstpelzbesatz hatte, konnte Essstäbchen über die Fingerknöchel wandern lassen wie Zauberer eine glänzende Münze und verschwand nach Sylvanshines zweiter RPZ -Weihnachtsfeier, nachdem seine Frau (also Mrs Bussy) plötzlich in einem weißgelben Nachthemd und dem gleichen Kmart-Parka mit offenem Reißverschluss unter den Feiernden aufgetaucht, auf den Regionalen Vizeprüfkommissar zugegangen war und ihm langsam, atonal und im Brustton der Überzeugung erklärt hatte, ihr Mann Mr Bussy habe gesagt, er (der RVPK ) sei ein potenziell wahrhaft böser Mensch, der bloß mal mehr Eier zeigen müsse, Bussy also war eine Woche später so abrupt verschwunden, dass sein Regenschirm noch fast ein Quartal lang in der Gemeinschaftsgarderobe des Blocks hing, bis ihn endlich jemand abnahm.
    Sie verließen das Flugzeug über eine Treppe, nahmen die schweren Reisetaschen an sich, die ihnen im Midway abgenommen und etikettiert worden waren und jetzt in einer bunten Reihe auf dem nassen Asphalt neben dem Flugzeug warteten, und standen dann kurz alle zusammen auf einem komplex bemalten Betonfeld, wurden von jemandem mit orangefarbenen Ohrschützern und Klemmbrett gezählt, der die Zahl dann mit einer früheren Zählung vom Midway verglich. Die ganze Operation wirkte etwas improvisiert und hopplahopp. Auf der steilen fahrbaren Fluggasttreppe hatte Sylvanshine die übliche Befriedigung gespürt, als er sich mit einer Hand den Hut aufsetzte und den Sitz zurechtrückte. Bei jedem Schlucken ploppte und knackte es in seinem rechten Ohr. Der Wind war warm und dunstig. Ein dicker Schlauch führte von einem kleinen Laster in den Bauch des Pendelflugzeugs und betankte es wohl für den Rückflug nach Chicago. Hoch und wieder zurück und so den ganzen Tag lang. Es roch stark nach Kerosin und nassem Beton. Die offenbar nicht mitgezählte ältere Dame kam jetzt die beängstigende Treppe herab und ging zu einem langen Automobil, das Sylvanshine vorher nicht aufgefallen war, weil es auf der Steuerbordseite des Flugzeugs wartete. Eine Tragfläche versperrte die Sicht, aber er konnte sehen, dass die Frau sich nicht selbst die Tür öffnete. In der Ferne neigten sich die Wipfel einer Baumreihe im Wind nach links und richteten sich dann wieder auf. Wegen früherer Probleme mit Unfällen, nachweislich verursacht durch spontane Fehlentscheidungen in Philly, fuhr Sylvanshine nicht mehr. Er war sich zu über 75 Prozent sicher, dass die Nusstüte jetzt in der Handtasche der alten Dame steckte. Zwischen dem Angestellten mit dem Klemmbrett und einem anderen Mann mit orangen Ohrschützern war eine Art Beratung im Gange. Mehrere Passagiere sahen ostentativ auf ihre Armbanduhren. Die Luft war warm und feucht und nicht nur schwül oder drückend. Auf der dem Wind zugewandten Körperseite wurden sie alle feucht. Sylvanshine fiel jetzt auf, dass die dunklen Mäntel der Geschäftsleute praktisch ebenso identisch waren wie die flatternden hochgestellten Kragen. Außer ihm trug niemand einen Hut. Er versuchte, sich auf seine Umgebung zu konzentrieren, um Angst und Grübeln zu vermeiden. Die administrative oder logistische Verzögerung ereignete sich unter einer tief hängenden Wolkendecke und einem so feinen Regen, dass er mit dem Wind von der Seite kam und nicht vom Himmel herabfiel. Der Regen erzeugte auf Sylvanshines Hut keine Geräusche. Der Pelz von Mr Bussys Kapuzenrand war auf eklige Weise dreckig gewesen und im Lauf der zwei Jahre, in denen er Sylvanshines Gruppenleiter bei der Abwicklung der Steuererklärungen gewesen war, immer ekliger geworden. Einige forschere Passagiere liefen auf eigene Faust über den rot vorgezeichneten Pfad zum Tor im Sicherheitszaun Richtung Terminal. Sylvanshine hatte sein Gepäck kontrolliert und Angst vor etwaigen Sanktionen für ein unerlaubtes Verlassen des Asphalts. Andererseits musste er einen vorgegebenen Zeitplan einhalten. Dass er in der ungeduldigen

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