Der blinde Hellseher
eingesperrt ist.“
„Das... äh... kommt später“,
sagte Tarzan. In seinem Kopf war der nächste Plan fertig. Nachher wollte er das
den Freunden auseinandersetzen. Zunächst ging es um was anderes.
„Ich könnte heulen“, sagte Gaby
und wischte sich die Tränen aus den Augen.
„Lupo muß gerettet werden“,
sagte Tarzan und öffnete sein Kabelschloß. „Das ist ein Fall für den
Tierschutzverein. Du kennst doch den Hauptmacher, Gaby.“
„Du meinst Dr. Vogel?“ fragte
sie. „Den Tierarzt. Der ist prima. Oskar kriegt jedes Jahr seine Spritzen bei
ihm.“
„Na, dann nichts wie hin!“
meinte Karl und schwang sich als erster aufs Rad.
Sie fuhren los. Gaby kannte Dr.
Vogels Adresse. Die Praxis lag in einer belebten Gegend. Als die vier mit Oskar
in den Warteraum kamen, war nur eine Frau da. In einem Korb hatte sie einen
weißen Stallhasen, der an Gleichgewichtsstörungen litt. Aber das sei durch Dr.
Vogels Behandlung schon viel besser geworden, sagte sie.
Dr. Vogel war ein netter,
ruhiger Mann mit dunkler Hornbrille und kräftigen Händen.
Als die Kinder ihm von Lupo
berichteten, nickte er ernst.
„Den Lupo kenne ich. Ihr seid
nicht die ersten, die auf ihn aufmerksam machen. Jemand von unserem
Tierschutzverein war bereits bei diesem Herrn Frasketti. Aber der weigert sich,
den Hund herauszugeben. Und auf die Spitze treiben wollten wir es zunächst
nicht, weil solche Tierquäler ihre Wut dann meistens an dem Hund auslassen.
Immerhin hat Herr Frasketti zugesagt, den Hund artgemäß zu halten. In zwei,
drei Tagen hätte ich das ohnehin kontrolliert.“
„Das heißt also“, sagte Tarzan,
„daß man im Moment nicht viel machen kann?“
Der Arzt nickte. „Leider. Die
Rechtslage ist so. Um jemandem einen Hund einfach wegzunehmen, muß ein
schwerwiegender Grund vorliegen.“
„Daß der Hund in einem
erbärmlichen Zustand ist und bald verhungern wird, müßte als Grund eigentlich ausreichen.“
„Ich verspreche euch“, sagte
der Arzt: „Morgen sehe ich mir Lupo an. Und notfalls lasse ich ihn mit
Polizeigewalt ins Tierheim bringen.“
„Ein Glück, daß es Tierheime
gibt“, sagte Gaby. „Ich bin oft dort. Leider sehe ich immer nur traurige Hunde.“
„Das ist wie mit Heimkindern“,
nickte Dr. Vogel. „Wie ein Kind seine Eltern braucht, braucht ein Hund Herrchen
oder Frauchen. Ein Hund ist ein soziales Wesen — das heißt, zur Gemeinschaft
geboren. Es schließt sich dem Menschen an. Früher hatte der Windhund sein
Rudel. In Jahrtausenden ist er zum Haushund geworden. Heute braucht er uns.“
Die Kinder bedankten sich und
gingen. Als sie bei ihren Rädern waren, herrschte bedrücktes Schweigen.
„Ihr sollt sehen“, Gaby schlug
grimmig auf den Lenker ihres Rades, „es kommt nichts dabei raus. Die Gründe
reichen nicht, um Lupo aus seiner Lage zu befreien.“
„Befreien muß man ihn!“ sagte
Tarzan mit Nachdruck. „Nur darum geht’s. Das WIE ist unwichtig. Im allgemeinen
bin ich sehr gegen Diebstahl. Aber in diesem Fall nicht. Wenn wir Lupo klauen,
schädigen wir Frasketti nicht — oder nur wenig. Bereicherung kann man uns nicht
vorwerfen, denn es geschieht ja nur zum Guten von Lupo. Alles klar? Wer macht
mit?“
„Du... du... hast ein Tempo
drauf“, stotterte Karl. „Wie... stellst du dir das vor?“
„Klößchens Eltern kriegen den
Hund.“
„Uiiih!“ meinte Klößchen. „Das
wär’ was. Stimmt schon. Mein Vater läßt einen Zwinger bauen. Das heißt, seit
Montag ist er fertig. Eigentlich wollten meine Eltern einen Dobermann kaufen —
als Wachhund. Aber wenn Lupo erstmal Speck auf die Rippen kriegt, ist er
mindestens so brauchbar. Meinen Eltern kann ich ja sagen, er wäre uns
zugelaufen. Sonst nehmen sie ihn nicht.“
„Zu deinen Eltern sollten wir
ehrlich sein“, sagte Tarzan. „Ich glaube, sie würden trotzdem mitmachen. Deinen
Vater schätze ich so ein, daß er Frasketti anonym einen Batzen Geld schickt.
Stimmt’s?“
Klößchen strahlte.
„Haarscharf!“
„Prima!“ sagte Gaby und strich
ihre seidige Mähne zurück. „Einen besseren Platz kann ich mir für Lupo nicht
vorstellen. Ihr habt den schönsten Garten in der Stadt, Willi. Das heißt,
eigentlich ist es ja schon ein Park. Da kann Lupo sich austoben.“
„Dann los!“ meinte Tarzan. „Es
wird schon dämmerig. Da sieht man uns nicht so. Gaby beruhigt ihn. Wir nehmen
ihn mit, und die Sache ist geritzt. Und wehe, mir kommt einer in die Quere.“
7.
Eine glückliche Lösung
Gaby war
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