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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Jede »Generation« im Zyklus beginnt, wenn Samenkristalle in Form von Staub sich vom Elternstrom losreißen. Die kristalline Struktur jedes Staubpartikels ist eine Kopie der Kristallstruktur des Tons im Elternstrom. Es gibt diese Kristallstruktur an den Tochterstrom weiter, wo sie wächst und sich vervielfältigt und schließlich selbst wieder »Samen« aussendet.
    Die von den Vorfahren übernommene Kristallstruktur wird im Verlauf der Generationen beibehalten, es sei denn, es taucht gelegentlich ein Fehler im Kristallwachstum auf, eine gelegentliche Änderung im Ablagerungsmuster von Atomen. Nachfolgende Lagen desselben Kristalls werden denselben Fehler kopieren, und wenn der Kristall in zwei Stücke auseinanderbricht, wird daraus eine Unterpopulation veränderter Kristalle entstehen. Wenn nun die Veränderung den Kristall bei dem Dämmen/Trocknen/Erosions-Zyklus effizienter, oder weniger effizient, werden läßt, so wird dadurch die Anzahl der Kopien in nachfolgenden »Generationen« beeinflußt. Veränderte Kristalle könnten sich z. B. mit größerer Wahrscheinlichkeit aufspalten (»reproduzieren«). Ton aus veränderten Kristallen könnte auf irgendeine von vielen ganz speziellen Weisen eine größere Dämmkraft haben. Er könnte bei einer gegebenen Menge Sonnenschein schneller zerspringen. Er könnte schneller zu Staub zerbröckeln. Die Staubpartikelchen könnten den Wind besser einfangen, wie der Flaum an einem Weidensamen. Einige Kristalle könnten eine Abkürzung des »Lebenszyklus« und folglich eine Beschleunigung ihrer »Evolution« hervorrufen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie aufeinanderfolgende »Generationen« fortschreitend »Verbesserungen« erzielen können, die an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Mit anderen Worten, es gibt viele Gelegenheiten, damit eine rudimentäre kumulative Selektion in Gang kommt.
    Diese kleinen Höhenflüge der Phantasie, Ausschmückungen von Cairns-Smiths eigenen Vorstellungen, betreffen nur einen von mehreren möglichen mineralischen »Lebenszyklen«, der die kumulative Selektion auf ihrem folgenschweren Weg in Gang gesetzt haben könnte. Es gibt andere. Andere Varietäten von Kristallen könnten ihren Weg in neue Ströme finden, nicht, indem sie zu Staub»samen« zerbröckeln, sondern indem sie ihre Ströme in Unmengen kleiner Wasserläufe zerschneiden, die sich dann ausbreiten, bis sie schließlich auf neue Flußsysteme treffen und diese infizieren. Einige Varietäten könnten Wasserfälle bewerkstelligen, die die Felsen schneller abtragen und somit die Rohmaterialien schneller lösen, was nötig ist, um weiter flußabwärts neue Tone zu erzeugen. Einige Kristallvarietäten könnten Vorteile haben, indem sie die Bedingungen für »rivalisierende«, um Rohmaterial konkurrierende Varietäten erschweren. Andere könnten zu »Räubern« werden, indem sie rivalisierende Varietäten aufbrechen und deren Elemente als Rohmaterial verwenden. Man behalte dabei im Gedächtnis, daß wir keine »absichtliche« Bewerkstelligung annehmen, weder hier, noch im heute existierenden, auf der DNS aufbauenden Leben.
    Es ist einfach so, daß die Welt sich automatisch mit diesen Varietäten von Ton (oder DNS) anfüllt, deren zufällige Merkmale dafür sorgen, daß sie weiterbestehen und sich selbst verbreiten.
    Gehen wir jetzt zur nächsten Stufe der Beweisführung weiter. Einige Abstammungslinien von Kristallen könnten zufällig als Katalysatoren bei der Synthese neuer Substanzen wirken, die ihnen auf ihrem Weg durch die »Generationen« von Nutzen sind. Diese sekundären Substanzen hätten keine eigenen Stammbäume von Vorfahren und Nachkommen gehabt, jedenfalls nicht zu Beginn, sondern wären von jeder Generation primärer Replikatoren neu erzeugt worden. Man könnte sie als Werkzeuge der sich reproduzierenden Kristallstammbäume verstehen, als den Beginn primitiver »Phänotypen«. Cairns- Smith glaubt, daß organische Moleküle unter den sich nicht reproduzierenden »Werkzeugen« der anorganischen kristallinen Replikatoren einen wichtigen Platz einnahmen. Organische Moleküle werden wegen ihrer Auswirkungen auf die Fließfähigkeit von Flüssigkeiten sowie das Wachstum und auf die Aufspaltung anorganischer Partikel in der kommerziellen anorganischen chemischen Industrie häufig angewandt; gerade wegen der Effekte, die, kurz gesagt, den »Erfolg« von Stammbäumen sich reproduzierender Kristalle beeinflußt haben könnten. Beispielsweise spaltet sich ein Tonmaterial mit

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