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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Nuance des Darwinismus wispert, muß damit rechnen, seine Worte verzerrt und kaum wiedererkennbar durch die eifrig wartenden Lautsprecher hinausdröhnen und echoen zu hören.
    Eldredge und Gould flüstern nicht, sie rufen, wortgewandt und kräftig! Was sie rufen, ist häufig recht subtil, aber die Botschaft, die am anderen Ende ankommt, ist, daß etwas nicht stimmt am Darwinismus. Halleluja, »die Wissenschaftler« haben es selbst gesagt! Der Herausgeber von Biblical Creation schrieb:
    »Es kann nicht geleugnet werden, daß die Glaubwürdigkeit unserer religiösen und wissenschaftlichen Position von dem kürzlichen Rückzieher im neodarwinistischen Bereich erheblich gestärkt worden ist. Und dies ist etwas, das wir voll ausnutzen müssen.«
    Eldredge und Gould sind beide mannhafte Kämpfer im Kampf gegen den starrköpfigen Kreationismus gewesen. Sie haben ihre Beschwerden über den Mißbrauch ihrer eigenen Worte hinausgeschrien, nur um zu erfahren, daß die Mikrophone für diesen Teil ihrer Botschaft plötzlich abgeschaltet worden sind. Ich kann es ihnen nachfühlen, denn ich habe eine ähnliche Erfahrung mit einem anderen Satz vor Mikrophonen gemacht, die in diesem Fall eher politisch als religiös eingestimmt waren.
    Was wir nun tun müssen, ist, laut und klar die Wahrheit sagen: daß die Theorie der unterbrochenen Gleichgewichte sicher und fest in die neodarwinistische Synthese eingebettet ist. Daß sie es immer schon war. Es wird Zeit brauchen, bis der Schaden aus der übertriebenen Rhetorik repariert ist, aber er wird repariert werden. Die Theorie des unterbrochenen Gleichgewichts wird dann im richtigen Verhältnis gesehen werden, als eine interessante, aber unbedeutende Falte auf der Oberfläche der neodarwinistischen Theorie. Ganz gewiß liefert sie keinen Grund für irgendeinen »Rückzieher im neodarwinistischen Bereich« und auch keinerlei Basis, auf der Gould behaupten könnte, daß die synthetische Theorie (ein anderer Name für Neodarwinismus) »effektiv tot ist«. Es ist, als ob die Entdeckung, daß die Erde keine vollkommen runde Kugel, sondern ein leicht abgeplattetes Rotationsellipsoid ist, unter der Schlagzeile hinausposaunt würde:
     
    KOPERNIKUS HATTE UNRECHT.
    THEORIE EINER FLACHEN ERDE GEFORDERT.
     
    Aber, um gerecht zu sein, Goulds Bemerkung zielte nicht so sehr auf den behaupteten »Kontinuismus« der darwinistischen Synthese ab, sondern auf die These, die Eldredge und Gould bestreiten, daß alle Evolution, selbst auf der größten geologischen Zeitskala, eine Extrapolation von Ereignissen ist, die innerhalb von Populationen oder Arten stattfinden. Sie glauben, daß es eine höhere Form der Auslese gibt, die sie als »Artselektion« bezeichnen. Ich verweise dieses Thema in das nächste Kapitel. Dort muß auch eine weitere Schule von Biologen behandelt werden, die aus gleich fadenscheinigen Gründen zuweilen als antidarwinistisch ausgegeben worden sind, die sogenannten »transformierten Kladisten«. Sie gehören in das allgemeine Gebiet der Taxonomie, der Wissenschaft der Klassifikation.

Kapitel 10 Der eine wahre Baum des Lebens
     
    Dieses Buch handelt hauptsächlich von der Evolution als Lösung für das komplexe Problem des »Bauplans«; von Evolution als der richtigen Erklärung der Erscheinungen, von denen Paley meinte, sie bewiesen die Existenz eines göttlichen Uhrmachers. Das ist der Grund, weshalb ich ständig von Augen und Echoortung rede. Aber es gibt noch eine ganze Reihe anderer Dinge, die von der Evolutionstheorie erklärt werden. Das sind die Phänomene der Vielfalt: das Muster der Verteilung verschiedener Tier- und Pflanzentypen über die Welt und die Verteilung von Merkmalen über diese Typen. Obgleich mein Augenmerk hauptsächlich den Augen und anderen komplexen Maschinerien gilt, darf ich diesen anderen Aspekt der Rolle der Evolution bei unserem Verständnis der Natur nicht vernachlässigen. So befaßt sich dieses Kapitel also mit Taxonomie.
    Taxonomie ist die Wissenschaft der Klassifikation. Für einige Leute steht sie unverdient im Ruf, langweilig zu sein, mit einer unbewußten Assoziation zu staubigen Museen und dem Geruch von Konservierungsmitteln, als würde sie mit dem Präparieren und Ausstopfen von Tieren (Taxidermie) verwechselt. In Wirklichkeit ist sie alles andere als fade. Sie ist, aus Gründen, die ich nicht ganz verstehe, eines der Gebiete, auf denen die bittersten Kontroversen in der gesamten Biologie ausgetragen werden. Sie ist für Philosophen und

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