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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Historiker interessant. Sie spielt eine wichtige Rolle in jeder Diskussion über Evolution. Und aus den Reihen der Taxonomen sind einige der unverblümtesten jener modernen Biologen hervorgegangen, die behaupten, sie seien Antidarwinisten.
    Zwar studieren die Taxonomen hauptsächlich Tiere oder Pflanzen, doch lassen sich auch alle anderen Dinge klassifizieren: Felsen, Kriegsschiffe, Bücher in einer Bibliothek, Sterne, Sprachen. Ordentliche Klassifikation wird häufig als eine Maßnahme der Bequemlichkeit dargestellt, als eine praktische Notwendigkeit, und das ist in der Tat ein Teil der Wahrheit. Die Bücher in einer großen Bibliothek sind beinahe nutzlos, solange sie nicht in einer nichtzufälligen Art und Weise so organisiert sind, daß man Bücher über ein spezielles Thema finden kann, wenn man sie braucht. Die Wissenschaft, oder vielleicht die Kunst, des Bibliothekswesens ist eine Übung in angewandter Taxonomie. Aus denselben Gründen erleichtert es den Biologen das Leben, wenn sie Tiere und Pflanzen nach Übereinkunft in Kategorien einordnen können. Wollte man jedoch sagen, dies sei der einzige Grund für Tier- und Pflanzentaxonomie, so ginge man an der Hauptsache vorbei. Für Evolutionsbiologen ist etwas ganz Besonderes an der Klassifikation lebender Organismen, etwas, das auf keine andere Art von Taxonomie zutrifft. Aus dem Gedanken der Evolution folgt, daß es nur einen einzigen korrekten, sich verzweigenden Stammbaum aller lebenden Dinge gibt und daß wir unsere Taxonomie darauf aufbauen können. Zusätzlich zu ihrer Einzigartigkeit hat diese Taxonomie die einmalige Eigenschaft, die ich als perfektes Einschachteln bezeichnen will. Was das bedeutet und warum es so wichtig ist, gehört zu den Hauptthemen dieses Kapitels.
    Benutzen wir die Bibliothek als Beispiel für nichtbiologische Taxonomie. Es gibt keine einzigartige, allein korrekte Lösung für das Problem, wie Bücher in einer Bibliothek oder in einem Buchladen klassifiziert werden sollten. Ein Bibliothekar kann seine Sammlung etwa in die folgenden Hauptkategorien einteilen: Naturwissenschaft, Geschichte, Literatur, andere Gebiete, ausländische Werke, usw. Jede dieser Hauptabteilungen der Bibliothek wird wieder unterteilt. Der naturwissenschaftliche Flügel der Bibliothek könnte Unterteilungen haben für Biologie, Geologie, Chemie, Physik usw. Die Bücher in der Biologieabteilung der Naturwissenschaften könnten unterteilt werden in Regale für Physiologie, Anatomie, Biochemie, Entomologie usw. Schließlich könnten die Bücher in jedem Regal in alphabetischer Reihenfolge untergebracht werden. Andere große Flügel der Bibliothek, der Geschichtsflügel, der Literaturflügel, der Fremdsprachenflügel usw., würden auf ähnliche Weise unterteilt. Die Bibliothek ist daher hierarchisch so gegliedert, daß ein Leser das gesuchte Buch finden kann. Hierarchische Klassifikation ist sinnvoll, denn sie ermöglicht es dem Benutzer, sich rasch durch die Sammlung der Bücher hindurchzufinden. Aus dem gleichen Grund sind die Wörter in Wörterbüchern in alphabetischer Reihenfolge angeordnet.
    Aber es gibt keine spezielle Hierarchie, nach der die Bücher in einer Bibliothek eingeordnet werden müssen. Ein anderer Bibliothekar könnte sich entschließen, dieselbe Sammlung von Büchern auf andere, immer noch hierarchische Art zu ordnen. Er könnte etwa keine getrennte Abteilung für fremdsprachige Bücher haben wollen und es vorziehen, die Bücher unabhängig von ihrer Sprache in den entsprechenden thematischen Abteilungen einzuordnen: deutsche Biologiebücher in der Biologieabteilung, deutsche Geschichtsbücher in der Geschichtsabteilung usw. Ein dritter Bibliothekar könnte die radikale Politik verfolgen, alle Bücher, egal über welches Thema, in chronologischer Reihenfolge nach dem Erscheinungsdatum zu ordnen, und sich zum Auffinden der Bücher über gewünschte Themen auf ein Verzeichnis (oder die entsprechende Computerinformation) verlassen.
    Diese drei Bibliothekspläne unterscheiden sich erheblich voneinander, aber sie würden wahrscheinlich alle angemessen funktionieren und von vielen Lesern als akzeptabel angesehen werden, allerdings nicht, nebenbei gesagt, von dem cholerischen älteren Londoner Klubmitglied, das ich im Radio heftig auf die Kommission seines Klubs schelten hörte, weil sie einen Bibliothekar eingestellt hatte. Die Bibliothek war hundert Jahre lang ohne Organisation ausgekommen, und er sah keinen Grund, warum sie nun organisiert werden

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