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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Impulsen pro Sekunde erreichen, während die Fledermaus sich schließlich auf das bewegliche Ziel zustürzt. Zur Nachahmung müßten wir unser Stroboskop so beschleunigen, daß seine Lichtblitze doppelt so schnell kämen wie die Perioden des Wechselstroms, die wir beim normalen Licht nicht bemerken.
    Es ist klar, daß wir in einer visuellen Welt, deren Impulse mit derart hoher Frequenz kommen, keine Schwierigkeiten haben, alle unsere normalen Sehfunktionen, selbst zum Squash- oder Tischtennisspielen, auszuüben. Wenn wir uns einmal Fledermausgehirne als etwas vorstellen, was eine unseren eigenen visuellen Bildern vergleichbare Welt konstruiert, so scheint allein schon die Bildfrequenz den Gedanken nahezulegen, daß das Echobild der Fledermaus womöglich mindestens ebenso detailliert und »kontinuierlich« ist wie unser eigenes visuelles Bild. Natürlich mag es andere Gründe geben, weshalb es doch nicht so detailliert ausfällt wie unser eigenes visuelles Bild.
    Wenn Fledermäuse ihre Peillaute auf 200 Impulse pro Sekunde hochschnellen lassen können, warum behalten sie das nicht immer bei? Da ihr »Stroboskop« allem Anschein nach einen Geschwindigkeitsregler besitzt, warum stellen sie ihn nicht permanent auf Maximum und sorgen so dafür, daß ihr Bild der Welt ständig so scharf wie möglich ist, damit sie jedem Notfall begegnen können? Ein Grund ist, daß diese hohe Frequenz nur für nahe Ziele geeignet ist. Wenn ein Impuls seinem Vorgänger zu schnell folgt, so vermischt er sich mit dem Echo seines Vorgängers, das von einem entfernten Ziel zurückkommt. Und selbst wenn es nicht so ist, gibt es wahrscheinlich gute wirtschaftliche Gründe dafür, die maximale Impulsgeschwindigkeit nicht permanent aufrechtzuerhalten. Es muß kostspielig sein, laute Ultraschallimpulse zu erzeugen, verbraucht viel Energie, nutzt Stimme und Ohren ab, ist vielleicht auch kostspielig in Computerzeit. Ein Gehirn, das 200 getrennte Echos pro Sekunde verarbeitet, hat vielleicht keine weiteren Kapazitäten frei, um an irgend etwas anderes zu denken. Sogar die Leerlaufgeschwindigkeit von etwa 10 Impulsen pro Sekunde ist wahrscheinlich relativ teuer, allerdings weniger als die maximale Rate von 200 pro Sekunde. Eine einzelne Fledermaus, die ihre Grundfrequenz hochkurbelt, würde einen zusätzlichen Preis an Energie usw. zahlen, der durch die gesteigerte Sonarschärfe nicht gerechtfertigt wäre. Wenn das einzige sich bewegende Objekt in der unmittelbaren Nachbarschaft die Fledermaus selbst ist, so wird die Welt in Folgen von Zehntelsekunden gut genug wahrgenommen und braucht nicht häufiger abgetastet zu werden. Wenn allerdings im wahrnehmbaren Umkreis ein weiteres sich bewegendes Objekt auftaucht, insbesondere ein fliegendes Insekt, das kurvt, wendet und abtaucht in dem verzweifelten Versuch, den Verfolger abzuschütteln, dann rechtfertigt der Extravorteil, der der Fledermaus aus der Steigerung ihrer Rufrate erwächst, die höheren Kosten voll und ganz. Natürlich sind die KostenNutzen-Erwägungen in diesem Absatz Annahmen, aber etwas Ähnliches findet sicher statt.
    Der Ingenieur, der ein leistungsfähiges Sonar- oder Radargerät entwerfen will, stößt bald auf das Problem, die Impulse extrem laut machen zu müssen, weil die Wellenfront eines ausgesandten Schalls sich in Form einer immer größer werdenden Kugel ausbreitet. Der Schalldruck wird über die ganze Oberfläche der Kugel verteilt und in gewissem Sinne »verdünnt«. Die Oberfläche jeder Kugel ist dem Quadrat ihres Radius proportional. Die Lautstärke an jedem speziellen Punkt der Kugel nimmt daher, je mehr die Wellenfront vordringt und die Kugel anschwillt, nicht im Verhältnis zum Abstand (Radius), sondern im Verhältnis zum Quadrat des Abstandes von der Schallquelle ab. Das bedeutet, daß der Laut beachtlich schnell leiser wird, in dem Maße, wie er sich von seiner Quelle, in diesem Fall von der Fledermaus, entfernt. Wenn dieser verdünnte Laut auf ein Objekt, sagen wir einmal, eine Fliege, trifft, so prallt er von ihm ab. Dieser zurückgeworfene Laut entfernt sich nun wiederum strahlenförmig in einer expandierenden kugelförmigen Wellenfront von der Fliege. Auch er nimmt, ebenso wie der ursprüngliche Ton und aus demselben Grund, im Quadrat der Entfernung von der Fliege ab. Bis das Echo die Fledermaus wieder erreicht, ist der Abfall in seiner Intensität nicht dem Abstand der Fliege von der Fledermaus proportional, noch nicht einmal dem Quadrat des Abstandes, sondern einer

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