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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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der Ton ist, weil Laute mit niedriger Tonhöhe große Wellenlängen haben, die den Raum zwischen dicht beieinander liegenden Gegenständen nicht auflösen können. Daher müßte, von allem anderen einmal abgesehen, ein Geschoß, das durch Echos gesteuert wird, im Idealfall Laute sehr hoher Tonhöhe erzeugen. Die meisten Fledermäuse benutzen in der Tat Laute extremer Tonhöhe, bei weitem zu hoch für das menschliche Ohr - Ultraschall. Im Gegensatz zu Rousettus, der sehr gut sehen kann und unveränderte Laute mit relativ niedriger Tonhöhe dazu benutzt, um sein gutes Sehvermögen durch eine bescheidene Echoortung zu ergänzen, scheinen kleinere Fledermäuse technisch weit fortgeschrittene Echomaschinen zu sein. Sie haben winzige Augen, die in den meisten Fällen wahrscheinlich kaum etwas sehen können. Sie leben in einer Welt der Echos, und wahrscheinlich sind ihre Gehirne in der Lage, mit Hilfe der Echos etwas zu tun, das dem Bilder»sehen« verwandt ist, obwohl es uns mehr oder weniger unmöglich ist, uns vorzustellen, wie diese Bilder aussehen mögen. Die Geräusche, die sie hervorbringen, sind nicht nur gerade etwas zu hoch, als daß wir Menschen sie hören könnten, etwa wie eine Superhundepfeife. In vielen Fällen sind sie ungeheuer viel höher als die höchste Note, die je jemand gehört hat oder sich vorstellen kann. Nebenbei gesagt ist es ein Glück, daß wir sie nicht hören können, denn sie sind ungeheuer gewaltig und wären ohrenbetäubend laut. Könnten wir sie hören, dann könnten wir nachts unmöglich ruhig schlafen.
    Diese Fledermäuse sind so etwas wie Miniatur-Spionage - flugzeuge, sie strotzen von hochempfindlichen Instrumenten. Ihre Gehirne sind fein eingestellte Bauelemente elektronischen Hexenwerks in Miniaturformat, programmiert mit der hochkomplizierten Software, die zum Entschlüsseln einer Welt von Echos in kurzer Zeit erforderlich ist. Ihre Gesichter sind oft zu Wasserspeiern verzerrt und erscheinen uns abschreckend, bis wir sie als das sehen, was sie sind: außerordentlich empfindlich gestaltete Instrumente zum Ausstrahlen von Ultraschall in alle gewünschten Richtungen.
    Wir können die Ultraschallimpulse dieser Fledermäuse nicht unmittelbar hören, aber wir können mit Hilfe einer Übersetzungsmaschine oder eines »Fledermausdetektors« eine Vorstellung davon gewinnen, was geschieht. Dieses Gerät empfängt die Impulse über ein spezielles Ultraschallmikrophon und verwandelt jeden Impuls in ein hörbares Schnalzen oder einen hörbaren Ton, den wir über Kopfhörer vernehmen können. Wenn wir einen solchen »Fledermausdetektor« auf eine Lichtung mitnehmen, auf der eine Fledermaus auf der
    Jagd nach Nahrung ist, hören wir, zu welchem Zeitpunkt jeder Fledermausimpuls ausgestoßen wird, obwohl wir nicht hören können, wie sich die Impulse wirklich »anhören«. Handelt es sich bei unserer Fledermaus um ein Mausohr, Myotis, eine der gewöhnlichen kleinen braunen Fledermäuse, so werden wir, wenn die Fledermaus auf einem Routineflug hin- und herkreuzt, ein Klappern von Schnalzlauten hören, von denen ungefähr 10 pro Sekunde ausgestoßen werden. Das ist etwa die Geschwindigkeit eines Standardfernschreibers oder einer Bren-Maschinenpistole.
    Vermutlich wird das Bild, das sich die Fledermaus von der Welt macht, in der sie fliegt, 10mal pro Sekunde auf den neuesten Stand gebracht. Unser eigenes visuelles Bild scheint kontinuierlich modifiziert zu werden, solange unsere Augen offen sind. Wir können eine Vorstellung davon bekommen, wie es wäre, ein schubweise sich änderndes Bild der Umwelt zu haben, wenn wir nachts ein Stroboskop benutzen. Man erlebt es manchmal in Diskotheken, wo es dramatische Effekte erzeugt. Ein Tanz erscheint als Aufeinanderfolge gefrorener, statuenhafter Haltungen. Es ist offensichtlich, daß das Bild um so mehr der normalen »kontinuierlichen« Sicht entspricht, je schneller wir das Stroboskop laufen lassen. Stroboskopisch die Umwelt mit der Fluggeschwindigkeit einer Fledermaus von ungefähr zehn Bildern pro Sekunde zu sehen wäre für einige Zwecke fast genauso gut wie das normale »kontinuierliche« Sehen, allerdings nicht, wenn wir einen Ball oder ein Insekt fangen wollen.
    Das ist lediglich die Suchfrequenz einer Fledermaus auf einem Routineflug. Wenn eine dieser kleinen braunen Fledermäuse ein Insekt entdeckt und auf Kollisionskurs mit dem Insekt geht, so schnellt die Schnalzgeschwindigkeit hoch. Schneller als ein Maschinengewehr, kann sie Spitzenwerte von 200

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