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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Größe, die mehr dem Quadrat des Quadrates - der 4. Potenz - des Abstandes entspricht. Das bedeutet, daß es wirklich sehr, sehr leise ist. Das Problem läßt sich zum Teil überwinden, wenn die Fledermaus den Laut mit einer megaphonähnlichen Vorrichtung ausstrahlt, aber nur, wenn sie bereits die Richtung des Ziels kennt. In jedem Fall muß der ausgesandte Peilton beim Verlassen der Fledermaus tatsächlich sehr laut sein, wenn die Fledermaus überhaupt irgendein vernünftiges Echo von einem entfernten Ziel erhalten will, und das Instrument für den Empfang des Echos, das Ohr, muß für sehr leise Töne - Echos - hochempfindlich sein. Wie wir gesehen haben, sind die Schreie von Fledermäusen in der Tat oft sehr laut, und ihre Ohren sind sehr empfindlich.
    Hier haben wir nun das Problem, mit dem sich der Ingenieur auseinandersetzen müßte, der eine fledermausähnhche Maschine entwerfen will. Wenn das Mikrophon, oder das Ohr, derart empfindlich ist, so läuft es Gefahr, von den enorm starken Schallwellen schwer beschädigt zu werden. Man kann das Problem nicht lösen, indem man die Laute leiser macht, denn dann wären die Echos viel zu leise, um gehört zu werden. Und es hat keinen Sinn, dieses neue Problem lösen zu wollen, indem man das Mikrophon (»Ohr«) empfindlicher macht, denn dann würde es nur verletzlicher und die Gefahr größer, daß es von den (wenn auch nun geringfügig leiseren) ausgesandten Rufen beschädigt wird! Das Dilemma ist durch den drastischen Unterschied in der Lautstärke zwischen dem ausgesandten Laut und seinem zurückkehrenden Echo zwangsläufig gegeben; ein Unterschied, der unausweichlich durch die Gesetze der Physik bestimmt ist.
    Welche andere Lösung könnte dem Ingenieur einfallen? Als im Zweiten Weltkrieg die Erfinder des Radars sich mit einem vergleichbaren Problem konfrontiert sahen, verfielen sie auf eine Lösung, die sie als »Sende/Empfangs«-Radar bezeichneten. Die Radarsignale wurden zwangsläufig mit sehr starken Impulsen ausgestrahlt, welche die hochempfindlichen Antennen, die die schwachen zurückkommenden Echos auffingen, hätten beschädigen können. Der »Sende/Empfangs«-Stromkreis schaltete die empfangende Antenne jeweils dann ab, wenn der hinausgehende Impuls gesendet werden sollte, und schaltete sie dann rechtzeitig wieder an, um das Echo zu empfangen.
    Die Fledermäuse entwickelten die »Sende/Empfangs«- Schalttechnik vor langer Zeit, wahrscheinlich Millionen von Jahren bevor unsere Vorfahren von den Bäumen herunterkamen. Sie funktioniert folgendermaßen: In den Ohren der Fledermäuse wird, wie in unseren auch, der Schall vom Trommelfell über eine Brücke aus drei winzigen Knöchelchen, die ihrer Form wegen als Hammer, Amboß und Steigbügel bekannt sind, zu den mikrophonischen schallsensiblen Zellen weitergeleitet. Montage und Aufhängung dieser drei Knöchelchen ist übrigens ganz genau so, wie sie ein Hifi-Ingenieur entwerfen würde, um eine notwendige »Impedanz-Anpassung« zu erreichen, aber das ist eine andere Geschichte. Hier geht es darum, daß einige Fledermäuse gutentwickelte Muskeln haben, die an Steigbügel und Hammer ansetzen. Wenn diese Muskeln angespannt werden, geben die Knöchelchen den Ton nicht so effizient weiter - es ist, als dämpfe man ein Mikrophon, indem man den Daumen gegen die vibrierende Membran drückt. Die Fledermaus kann diese Muskeln benutzen, um ihre Ohren zeitweilig abzustellen. Die Muskeln ziehen sich unmittelbar vor jedem ausgesandten Impuls zusammen und schalten damit gewissermaßen die Ohren ab, so daß sie vom Schalldruck nicht beschädigt werden. Dann entspannen sie sich, so daß das Ohr seine maximale Empfindlichkeit zurückbekommt - gerade rechtzeitig für das zurückkehrende Echo. Dieses Sende/ Empfangs-System funktioniert nur, wenn in der zeitlichen Planung eine Genauigkeit von Bruchteilen von Sekunden beibehalten wird. Die Bulldogg-Fledermäuse der Gattung Tadarida können ihre »Schaltmuskeln« 50mal pro Sekunde abwechselnd an- und entspannen und arbeiten dabei perfekt synchron mit den maschinengewehrähnlichen Ultraschallimpulsen - eine phantastische Leistung, vergleichbar mit einem schlauen Trick, den einige Flugzeugkonstrukteure während des Ersten Weltkriegs anwandten. Ihre Maschinengewehre feuerten »durch« den Propeller hindurch, d. h., sie waren so sorgfältig mit der Rotation der Propeller synchronisiert, daß die Kugeln immer zwischen den Rotorblättern hindurchflogen und sie nicht wegschossen.
    Das

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