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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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sein, als wenn sie nur als Signal für andere benutzt wird. Wie dem auch sei, ob nun der Energieverbrauch der Grund ist oder nicht, es scheint, als benutze (mit der möglichen Ausnahme einiger sonderbarer Tiefseefische) kein Lebewesen außer dem Menschen künstlich hergestelltes Licht, um sich zurechtzufinden.
    Was sonst könnte dem Ingenieur einfallen? Blinde scheinen manchmal einen unheimlich anmutenden Sinn für Hindernisse auf ihrem Weg zu haben. Man hat das als »Gesichtsvision« bezeichnet, denn Blinde berichten, daß es sich ein bißchen wie Berührung auf dem Gesicht anfühlt. In einem Bericht ist von einem blinden Jungen die Rede, der mit seinem Fahrrad in der Nähe seines Hauses recht schnell um den Block fahren konnte und sich dabei auf die »Gesichtsvision« berief. Experimente zeigten, daß »Gesichtsvision« in Wirklichkeit jedoch nichts mit Berührung der Gesichtsfläche zu tun hat, obgleich die Empfindung auf das Gesicht übertragen werden kann, so wie der Schmerz auf ein Scheinglied (abgetrenntes Glied). Es hat sich herausgestellt, daß die Orientierung über das Gehör erfolgt. Blinde benutzen, ohne sich dessen bewußt zu werden, Echos ihrer eigenen Schritte und anderer Töne, um Hindernisse aufzuspüren. Doch schon vor dieser Entdeckung hatten Ingenieure Instrumente gebaut, um zum Beispiel die Tiefe des Meeres unter einem Schiff durch Echolot zu messen. Nachdem diese Technik erfunden worden war, war es lediglich eine Frage der Zeit, bis die Waffenkonstrukteure eine Möglichkeit fanden, sie zur Entdeckung von U-Booten zu verwenden. Im Zweiten Weltkrieg vertrauten beide Seiten stark auf diese Geräte, für die sie Codenamen hatten wie Asdic (britisch) und Sonar (amerikanisch), ebenso wie für die ähnliche Technik des Radars (amerikanisch) oder RDF (britisch), die mit Radiowellen, arbeiten anstatt mit Schallwellen.
    Die Pioniere der Sonar- und Radarsysteme wußten zu jener Zeit nicht, was heute die ganze Welt weiß, daß Fledermäuse - oder vielmehr die natürliche Auslese in ihrer Wirkung auf Fledermäuse - das System zig Millionen Jahre früher vervollkommnet hatten und daß ihr »Radar« Wunder bei der Navigation und der Entdeckung von Beute und Hindernissen vollbringt, die jeden Ingenieur vor Neid erblassen lassen. Es ist technisch inkorrekt, von Fledermaus-»Radar« zu sprechen, da Fledermäuse keine Radiowellen benutzen. Es ist ein Sonarsystem. Aber die beiden Systemen, Radar und Sonar, zugrundeliegenden mathematischen Theorien sind sehr ähnlich, und unser wissenschaftliches Verständnis des Verhaltens von Fledermäusen entspricht zu einem großen Teil der Theorie des Radar. Der amerikanische Zoologe Donald Griffin, der entscheidend an der Entdeckung des Sonars bei Fledermäusen beteiligt war, prägte den Ausdruck »Echoortung« zur Bezeichnung von Sonar und Radar, gleichgültig, ob es von Tieren oder den Instrumenten des Menschen eingesetzt wird. In der Praxis scheint das Wort hauptsächlich angewandt zu werden, um das tierische Sonarsystem zu bezeichnen.
    Es ist irreführend, von Fledermäusen zu sprechen, als wären sie alle gleich. Das wäre so, als sprächen wir von Hunden, Löwen, Bären, Hyänen, Pandas und Ottern in einem Atemzug, nur weil sie alle Fleischfresser sind. Verschiedene Gruppen von Fledermäusen benutzen die Echoortung auf radikal unterschiedliche Weise, und sie scheinen sie gesondert und unabhängig voneinander »erfunden« zu haben, so, wie die Engländer, die Deutschen und die Amerikaner alle unabhängig voneinander den Radar erfanden. Außerdem benutzen nicht alle Fledermäuse Echoortung. Die tropischen Flughunde der Alten Welt haben ein gutes Sehvermögen, und die meisten von ihnen bedienen sich zur Orientierung nur ihrer Augen. Die Höhlen-Flughunde von der Gattung Rousettus können sich jedoch in völliger Dunkelheit zurechtfinden, wo noch so gute Augen machtlos sind. Sie verwenden Sonar, aber es ist eine gröbere Art von Sonar als das der kleineren Fledermäuse in gemäßigten Zonen. Rousettus stößt laute und rhythmische Schnalzlaute mit der Zunge aus, während er fliegt, und er navigiert durch Messung des Zeitintervalls zwischen jedem Schnalzen und seinem Echo. Ein guter Teil der Schnalzlaute von Rousettus ist für uns deutlich hörbar (was sie per definitionem zum Schall macht statt zum Ultraschall: Ultraschall ist dasselbe wie Schall, nur ist er für das menschliche Ohr zu hoch).
    In der Theorie ist ein Laut für genaues Sonar um so besser geeignet, je höher

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