Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Darwinismus ist, daß er die Einschränkungen durch die Embryologie vernachlässigt. Die Darwinisten (hier haben wir die Karikatur wieder) meinen, wenn die Selektion irgendeinen denkbaren evolutionären Wandel begünstigen würde, dann würde sich zeigen, daß die erforderliche mutationistische Variation zur Verfügung steht. Die Mutationsveränderung ist in jede Richtung gleich wahrscheinlich: die einzige Beeinflussung ist die Auslese.
Doch jeder realistische Darwinist würde einräumen, daß zwar jedes Gen auf jedem Chromosom jederzeit mutieren kann, die Konsequenzen der Mutation auf Körper durch die Vorgänge der Embryologie jedoch streng begrenzt sind. Wenn ich das jemals bezweifelt hätte (habe ich nicht), dann wären meine Zweifel von meinen Computersimulationen der Biomorphe zerstreut worden. Man kann nicht einfach eine Mutation »zu« Flügeln, die in der Mitte des Rückens sprießen, erwarten. Flügel oder alles andere sonst können nur entstehen, wenn der Entwicklungsvorgang es ihnen erlaubt. Nichts »sprießt« wie mit Zauberkraft. Es muß durch Embryonalentwicklung hergestellt werden. Nur ein kleiner Teil der Dinge, die theoretisch entstehen könnten, werden vom Status quo des bestehenden Entwicklungsprozesses tatsächlich gestattet. Wegen der Art, in der Arme sich entwickeln, können Mutationen die Länge von Fingern vergrößern und Hautschleier zwischen ihnen wachsen lassen. Aber es scheint nichts in der Embryologie des Rückens zu existieren, das sich dazu hergibt, Engelflügel »sprießen« zu lassen. Gene können mutieren, bis sie blau werden, kein Säugetier wird jemals Engelsflügel ausstülpen, es sei denn, die Vorgänge der Säugetierembryologie lassen diese Art von Änderung zu.
Solange wir nicht alle Feinheiten der Embryonalentwicklung kennen, ist natürlich Raum für Meinungsdifferenzen darüber, wie wahrscheinlich es ist, daß spezielle imaginäre Mutationen jemals existiert haben oder nicht. Es könnte sich etwa herausstellen, daß es nichts in der Säugetierembryologie gibt, das Engelsflügel verbietet, und daß die Karikatur eines Darwinisten in diesem speziellen Fall recht hatte, als er behauptete, Engelsflügelansätze seien entstanden, aber von der Auslese nicht gefördert worden. Oder es könnte sich zeigen, daß wir, wenn wir mehr über Embryologie wissen, erkennen, daß Engelsflügel immer Fehlstarts waren und daß die Auslese ihnen daher niemals eine Chance gab. Es gibt eine dritte Möglichkeit, die wir der Vollständigkeit halber anführen wollen, nämlich daß die Embryologie die Möglichkeit von Engelsflügeln nie zuließ und daß die Auslese sie niemals gefördert hätte, selbst wenn die Embryologie sie zugelassen hätte. Wir können es uns aber einfach nicht leisten, die Beschränkung zu ignorieren, die die Embryologie der Evolution auferlegt. Alle seriösen Darwinisten wären sich darin einig; es gibt jedoch einige Leute, die die Darwinisten so darstellen, als leugneten sie das. Es zeigt sich, daß Autoren, die eine Menge Wind um »entwicklungsmäßige Einschränkungen« als angebliche antidarwinistische Kraft machen, den Darwinismus mit seiner Karikatur, die ich oben parodiert habe, verwechseln.
Wir begannen mit einer Erörterung darüber, was gemeint ist, wenn wir sagen, eine Mutation sei »zufällig«. Ich nannte drei Aspekte, denen zufolge die Mutation nicht zufällig ist: (1) sie wird von Röntgenstrahlen usw. induziert; (2) verschiedene Gene haben verschiedene Mutationsraten; (3) Vorwärts- und Rückwärtsmutationen müssen nicht gleich groß sein. Dem haben wir nun einen vierten Aspekt hinzugefügt, nach dem Mutation nicht zufällig ist. Mutationen sind nichtzufällig in dem Sinne, daß sie nur existierenden Vorgängen der Embryonalentwicklung Veränderungen aufdrücken können. Ich kann nicht aus der Luft irgendeinen denkbaren Wandel heraufbeschwören, den die Auslese fördern könnte. Die Variation, die für die Auslese zur Verfügung steht, ist durch die bereits existierenden Vorgänge der Embryologie eingeschränkt.
Es gibt noch einen fünften Aspekt, nach dem Mutationen vielleicht nichtzufällig gewesen sind. Wir können uns (gerade noch) eine Form von Mutation vorstellen, die systematisch dahingehend beeinflußt war, die Angepaßtheit des Tieres an sein Leben zu verbessern. Aber obwohl wir sie uns vorstellen können, hat niemand jemals auch nur annähernd eine Methode vorgeschlagen, wie diese Beeinflussung entstehen könnte. Nur im Falle dieses fünften
Weitere Kostenlose Bücher