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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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entstehen werden. Nicht nur das: Da sie automatisch Stammbäume bilden und gelegentlich falsch kopiert werden, werden spätere Versionen wegen der machtvollen Vorgänge der kumulativen Selektion dazu neigen, »besser« darin zu sein, Kopien von sich selbst herzustellen, als frühere Versionen. Es ist alles außerordentlich einfach und automatisch. Es ist so gut vorhersagbar, daß es fast unvermeidlich ist.
    Ein »erfolgreiches« RNS-Molekül in einem Reagenzglas ist erfolgreich, weil es selbst irgendeine direkte, ihm innewohnende Eigenschaft besitzt, etwas, das der »Haftfähigkeit« meines hypothetischen Beispiels vergleichbar ist. Aber Merkmale wie »Haftfähigkeit« sind recht langweilig. Sie sind elementare Eigenschaften des Replikators selbst; Eigenschaften, die eine direkte Wirkung auf die Wahrscheinlichkeit haben, mit der er verdoppelt wird. Was ist nun aber, wenn der Replikator irgendeinen Effekt auf etwas hat, das etwas anderes beeinflußt, das etwas anderes beeinflußt, das ...letzten Endes unmittelbar die Wahrscheinlichkeit, daß der Replikator kopiert wird, beeinflußt? Wir können erkennen, daß, wenn lange Ursachenketten wie diese existierten, die grundlegende Banalität immer noch zutreffen würde. Replikatoren, die zufällig das besitzen, was man braucht, um verdoppelt zu werden, würden schließlich die Welt beherrschen, gleichgültig, wie lang und indirekt die Kette der kausalen Glieder sein mag, mit der sie die Wahrscheinlichkeit der Verdoppelung beeinflussen. Und aus demselben Grund wird die Welt schließlich mit den Gliedern dieser kausalen Kette angefüllt sein. Wir werden diese Glieder sehen und bewundern.
    An den heute lebenden Organismen sehen wir sie die ganze Zeit. Es sind Augen und Haut und Knochen und Zehen und Gehirn und Instinkt. Diese Dinge sind die Werkzeuge der DNS- Replikation. Sie werden von der DNS in dem Sinne verursacht, daß Unterschiede in Augen, Haut, Knochen, Instinkten usw. durch Unterschiede in der DNS verursacht sind. Sie beeinflussen die Replikation der DNS, durch die sie hervorgebracht wurden, in dem Sinne, daß sie Überleben und Fortpflanzung ihrer Körper beeinflussen - Körper, die eben dasselbe DNS enthalten und deren Schicksal daher von der DNS geteilt wird. Daher übt die DNS selbst über die Merkmale von Körpern einen Einfluß auf ihre eigene Replikation aus. Man kann sagen, daß die DNS Macht über ihre eigene Zukunft ausübt; und Körper sowie ihre Organe und Verhaltensmuster sind die Instrumente jener Macht.
    Wenn wir von Macht reden, so reden wir über Konsequenzen von Replikatoren, die ihre eigene Zukunft beeinflussen, so mittelbar diese Konsequenzen auch sein mögen. Es kommt nicht darauf an, aus wie vielen Gliedern die Kette von Ursache zu Wirkung besteht. Wenn die Ursache eine sich selbst verdoppelnde Einheit ist, so kann der Effekt, wie entfernt und indirekt er auch sein möge, der natürlichen Auslese unterliegen. Ich möchte diese allgemeine Idee mit einer besonderen Geschichte über Biber zusammenfassen. In den Einzelheiten ist sie hypothetisch, aber sie kann gewiß nicht weit von der Wahrheit entfernt sein. Zwar hat bisher niemand über die Entwicklung von Gehirnverbindungen beim Biber gearbeitet, doch ist diese Art von Forschung bei anderen Tieren, etwa Würmern, durchgeführt worden. Ich borge die Schlußfolgerungen aus und wende sie auf Biber an, denn Biber sind für viele interessanter und sympathischer als Würmer.
    Ein mutantes Gen in einem Biber ist einfach eine Veränderung in einem Buchstaben des MilliardenbuchstabenTextes: eine Veränderung in einem speziellen Gen G. Wenn der junge Biber heranwächst, wird die Veränderung, zusammen mit allen anderen Buchstaben im Text, in alle Biberzellen hineinkopiert. In den meisten Zellen wird das Gen G nicht gelesen, wohl aber andere Gene, die für das Funktionieren der andern Zelltypen wichtig sind. Allerdings wird G in einigen Zellen des sich entwickelnden Gehirns gelesen. Es wird gelesen und in RNS-Kopien übertragen. Die RNS-Arbeitskopien treiben im Innern der Zellen herum, und schließlich stoßen einige gegen eiweißherstellende Maschinen namens Ribosomen. Die eiweißherstellenden Maschinen lesen die RNS- Arbeitspläne und produzieren gemäß ihren Instruktionen neue Eiweißmoleküle. Diese Eiweißmoleküle rollen sich zu einer speziellen Gestalt zusammen, die durch ihre eigene Aminosäuresequenz bestimmt wird; diese Aminosäuresequenz wird wiederum beherrscht von der DNS-Codesequenz des Gens

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