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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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besorge Verstärkung zur Durchsuchung des Friedhofs«, sagte Falcón. Ramírez nickte, zog mit den Lippen eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an.
    »Glauben Sie, er hat die Augen auch hier entfernt?«, fragte Calderón.
    »Von einem eifersüchtigen Ehemann, den ich vor einigen Jahren in Barcelona eingebuchtet habe, weiß ich aus erster Hand, dass das gar nicht so schwierig ist«, sagte Falcón. »Er hatte es seiner Frau angetan, weil sie eine Affäre hatte. Er sagte, unter dem Druck seiner Daumen wären sie einfach herausgesprungen wie ein Paar Vogeleier.«
    Dass er diese Geschichte so kaltblütig erzählen konnte, ließ Falcón vor sich selbst erschaudern. Dann kamen die beiden Beamten von der Spurensicherung, um einen ersten Bericht zu erstatten.
    »Er hat sie außerhalb des Mausoleums getötet und dann hineingeschleift«, sagte Felipe. »Der Eingang war zu eng, um sie hereinzutragen, also hat er sie die Stufen hochgezerrt und reingehievt. Ihr Rock ist auf der Rückseite ganz zerknittert, der eine Strumpf stark zerrissen und die Rückseite ihres nackten Beines aufgeschürft. In den Regalen haben wir jede Menge Faserspuren gefunden, vermutlich hat er seinen Mantel abgeklopft, aber weder Blut, Speichel noch Sperma. Auch keine identifizierbaren Fußabdrücke. Das haben wir in den Haaren des Opfers gefunden, vielleicht hilft es ja, den eigentlichen Tatort zu ermitteln …«
    Jorge gab Falcón einen Beutel mit Rosen- und Chrysanthemenblüten, Gras und Blättern.
    »Gartenabfälle«, erklärte Felipe, und dann gingen die beiden Beamten.
    Calderón unterschrieb den levantamiento del cadaver. Die beiden Fahrer des Krankenwagens hoben die Leiche in einen Sack, zogen den Reißverschluss zu und trugen sie auf einer Bahre weg. Der Krankenwagen fuhr rückwärts den Weg hinunter, und das flackernde Blaulicht zog die überraschten Blicke einer Gruppe Trauernder auf sich. Zur Durchsuchung des Friedhofs teilte Lobo Falcón eine Truppe von 15 Mann zu. Calderón trat wieder auf Falcón zu.
    »Ich habe noch mal über diesen Satz nachdenken müssen, ›wo die Schatten sich bewegen‹«, sagte er. »Wenn man sich davor fürchten würde, würde man dann auf einen Friedhof gehen … mit wem auch immer, von einem Freier ganz zu schweigen? Das ergibt keinen Sinn.«
    »Außer man bedenkt, wie schwierig es ist, eine Leiche über eine dieser Mauern zu heben«, sagte Falcón. »Ich glaube, er hat ihre Nähe gesucht … so viel Nähe, dass sie ihm die Tür zu Jiménez’ Wohnung geöffnet hat und mit ihm auf einen Friedhof gegangen ist.«
    »Das Mädchen ist am Samstagmorgen ermordet worden«, sagte Ramírez, von seinen Telefonaten zurückkehrend, »und wir wissen, dass der Mörder später am selben Vormittag hier war, weil er auf der Beerdigung gesehen wurde.«
    »Vielleicht wusste er nicht, wo das Jiménez-Mausoleum lag«, sagte Falcón. »Außerdem hat er die Beerdigung gefilmt, er hatte also gleich zwei Gründe, sich hier aufzuhalten.«
    »Die Grasreste«, sagte Calderón.
    »Wenn er sie hier ermordet hat, hat er sie unter Gartenabfällen versteckt in der Annahme, dass sie am Wochenende nicht abtransportiert werden. Wenn er sie an einem anderen Ort getötet hat, hätte er sie in einem Auto herbringen müssen, und das, ohne seinen Wagen zu lange vor der Friedhofsmauer zu parken und dadurch aufzufallen.«
    »Dieser Funken von Inspiration, wie Sie es nennen, hat ihm jedenfalls einen Haufen Arbeit bereitet«, bemerkte Calderón.
    »Aber es ist ihm thematisch wichtig, außerdem will er uns sein Können beweisen«, sagte Falcón.
    Calderón nahm ein Taxi zurück zum Edificio de los Juzgados. Falcón und Ramírez ließen den Friedhof für den Rest des Tages absperren, Lobo stellte weitere zwölf Mann zur Verfügung, und bis zum Abend hatten sie alles durchkämmt. Am Griff des abgebrochenen Schwertes der Bronzestatue des Toreros Francisco Rivera wurde ein einzelner schwarzer Strumpf gefunden und in einer Kompostkiste auf der Rückseite des Friedhofs – unweit eines verrosteten Metalltores – war man auf eine große Menge von Gartenabfällen gestoßen. Die nahe liegende Mauer grenzte an eine Fabrik, und entlang der gesamten Mauer verlief ein schmaler, überwucherter Gang. Dort lehnten auch ein paar alte Metallleitern, wie sie auf dem Friedhof benutzt wurden, um die hohen Beinhäuser zu erklimmen. Das Gras in dem praktischerweise uneinsehbaren Gang war niedergetrampelt, und der Kompost befand sich direkt an der Mauer – es war also

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