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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Calderón, und Falcón, der seit seiner Zeit in Barcelona keine Freundschaften mehr mit Kollegen angeknüpft hatte, wusste, dass er ihn mochte.
    Ein Streifenwagen kam die Hauptstraße des Friedhofs hinuntergefahren, sein Blaulicht flackerte zwischen schwarzem Granit und weißem Marmor. Calderón zündete sich eine Zigarette an und rauchte sie angewidert. Falcón griff derweil nach seinem Handy und rief die zweite Nachricht ab, die er in der Aufregung über die erste vollkommen vergessen hatte. Es war Dr. Fernando Valera, der ihm mitteilte, dass er einen Termin bei einem Psychologen gemacht hätte, und eine Adresse in Tabladilla nannte.
    Felipe und Jorge, die schon nach dem Mord an Raúl Jiménez am Tatort gewesen waren, trafen ein, und gemeinsam warteten sie auf die Ankunft des Médico Forense. Sie kam ein paar Minuten später, eine Frau Mitte 30 mit langen dunklen Haaren, die sie unter eine weiße Plastikhaube stopfte. Ihre Inspektion der Leiche dauerte keine Viertelstunde. Als sie aus dem Mausoleum kam, drückte sie Falcón beiläufig die fallen gelassene Taschenlampe in die Hand, bevor sie Juez Calderón Bericht erstattete. Als Todeszeit gab sie den frühen Samstagmorgen an, da die Leichenstarre schon voll eingetreten war, weshalb sie auch davon ausging, dass die Leiche seit dem Wochenende dort gelegen hatte. Todesursache war Erdrosseln, der Brandwunde nach zu urteilen vermutlich mit dem fehlenden Strumpf. Die Art der Verletzung an der Vorderseite ihres Halses deutete darauf hin, dass der Mörder sie von hinten umgerissen und das Eigengewicht des Mädchens benutzt hatte, um sie zu töten. Zu den Augen wollte sie nichts sagen, bevor sie das Mädchen im Institut untersucht hatte.
    Felipe und Jorge traten auf den Plan, untersuchten Handy und Umschlag auf Fingerabdrücke, die jedoch beide sauber waren. Sie öffneten den Umschlag, überprüften ebenfalls erfolglos die Karte darin und übergaben beides mit fragend hochgezogenen Brauen an Falcón.

    ¿Por qué tienen que morir aquellos a quienes les encanta el amor?
    (Warum müssen die sterben, die zu lieben lieben?)

    Und auf der Rückseite stand die Antwort:

    Porque tienen el don de la vista perfecta.
    (Weil sie über die Gabe der perfekten Sicht verfügen.)

    Falcón las den Text laut vor und steckte Umschlag und Karte in einen Plastikbeutel. Die Médico Forense besprach sich mit Calderón und der secretaria , die sich Notizen machte. Ramírez wiederholte die Lektion der Sehschule.
    »Ich weiß, was die Worte bedeuten«, sagte er. »Ich verstehe es, aber … wissen Sie, was das wirklich heißen soll, Inspector Jefe?«
    »Nun, vielleicht meint er es ironisch«, sagte Falcón. »Eine Prostituierte liebt es nicht zu lieben.«
    Doch schon in dem Moment, in dem er es sagte, überlegte er es sich anders. Der steife Panda mit den traurigen Augen in Eloisa Gómez’ Schlafzimmer fiel ihm ein; vielleicht war der Mörder ja bis dorthin vorgedrungen.
    »Und die Gabe der perfekten Sicht?«
    »Vielleicht ist es so, wie Sie gesagt haben, Inspector Jefe«, sagte Calderón, der sich wieder ihrem Gespräch zugewandt hatte. »Diese Mädchen sehen die Dinge sehr klar.«
    »Der Strumpf«, sagte Falcón, »der fehlende Strumpf …«
    »Er hat sie wahrscheinlich mit Chloroform betäubt und ihn ihr dann ausgezogen«, sagte Ramírez.
    »Ja, so wird es vermutlich gewesen sein«, sagte Falcón, enttäuscht über die darin enthaltene Profanität.
    »Wo ist sie ermordet worden?«, fragte Calderón. »Es muss in der Nähe passiert sein, oder?«
    »Außerdem muss er ein Transportmittel gehabt haben«, sagte Ramírez.
    »Oder sie sind gemeinsam hergekommen, und er hat sie hier ermordet und die Leiche versteckt. Es gibt hier bestimmt jede Menge Gartenabfälle«, sagte Falcón und beauftragte Ramírez, dem portero eine Aufnahme des Mädchens zeigen zu lassen. »Außerdem werden wir den Friedhof absuchen müssen.«
    Ramírez sprach in sein Handy und ließ dabei den Blick über die Kreuze und Mausoleen schweifen, die sich in alle Richtungen hin erstreckten, bis zu den Palmen und Zypressen entlang der Friedhofsmauer. Falcón betrachtete derweil die aufwändigen Blumengestecke, die endlose Folge der Namen, die Reihen der Toten, die bis in den blauen Himmel mit seinen hohen Federwolken zu reichen schienen.
    Ein Leichenwagen kroch in würdevollem Tempo den Hauptweg des Friedhofs entlang, seine blinde Windschutzscheibe ließ ihn geisterhaft leer und unpersönlich wirken.
    »Ich rede mit Comisario Lobo und

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