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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Macheten auf die Gefangenen ein, bis das Blut buchstäblich durch die gepflasterten Straßen der Stadt strömte. In das San Juan Hospital wurden Granaten geworfen, und als die Regulares auf ein Kloster zumarschierten, in dem sich eine Gruppe Anarchisten verschanzt hatte, ging das Gebäude in Flammen auf.

    30. September 1936, Toledo
    Oscar hat herausgefunden, dass die Republikaner die El Grecos in der Stadt zurückgelassen haben, und bei unserem Hauptmann die Genehmigung erwirkt, dass wir sie uns ansehen können. Schlussendlich bekommen wir sieben der Apostelgemälde gezeigt, aber nicht das berühmte Begräbnis des Grafen Orgaz. Ich bin fasziniert, ohne die Technik zu begreifen, mit der er eine Art inneres Licht schafft, das durch Fleisch, Blut und sogar die Gewänder der Apostel scheint. Nach dem Tosen der Schlacht, den Verstümmelungen und blutgetränkten Straßen finden wir vor diesen Gemälden Frieden, und ich weiß, dass ich Künstler werden will.

    20. November 1936, Ciudad Universitaria de Madrid
    Dieser Krieg hat ein neues Niveau erreicht. Mehr als eine Woche lang haben wir unsere Hauptstadt mit Sprengstoff und Brandbomben überschüttet. Wir hatten unser Lager neben den Eisenbahngleisen am Westufer des Flusses Manzanares aufgeschlagen. Jeder unserer Versuche, den Fluss zu überqueren, wurde problemlos abgewehrt. Dann waren wir plötzlich doch auf der anderen Seite und stürmten, überrascht, auf keinerlei Widerstand zu stoßen, zur Universität. Wir konnten uns nicht erklären, was geschehen war – wieder ein Nervenverlust im entscheidenden Moment oder das übliche republikanische Chaos, wo eine Einheit sich zurückzieht, bevor Ersatz eingetroffen ist. Die folgende Schlacht deutet eher auf Letzteres hin. Wir haben die Hochschule für Architektur eingenommen, sind jedoch aus der geisteswissenschaftlichen Fakultät zurückgedrängt worden. Wir kämpfen gegen Internationale Brigaden aus Deutschen, Franzosen, Italienern und Belgiern. In den Gebäuden hallen deutsche Arbeiterlieder und die Internationale wider. Oscar sagt, diese Brigaden würden aus Schriftstellern, Dichtern, Komponisten und Künstlern bestehen. Sogar ihre Bataillone haben sie nach literarischen Märtyrern benannt. Als ich ihn frage, warum Künstler ausschließlich die Linke unterstützen, gibt er mir eine seiner gewohnt rätselhaften Antworten: »Es liegt in ihrer Natur.« Und wie immer muss ich nachfragen, denn unsere Schüler-Lehrer-Beziehung hat sich eigentlich nie verändert.
    »Sie sind kreativ«, sagt er. »Sie wollen die Dinge verändern. Sie mögen die alte Ordnung der Monarchie, der Kirche, des Militärs und der Landbesitzer nicht. Sie glauben an die Macht des einfachen Mannes und an sein Recht auf Gleichheit. Und um die herbeizuführen, müssen sie die alten Institutionen zerstören.«
    »Und wodurch wollen sie sie ersetzen?«, frage ich.
    »Sie werden sie durch eine andere Ordnung ersetzen … eine, die ihnen gefällt, ohne Könige und Priester, Geschäftsleute und Bauern. Darüber solltest du nachdenken, Francisco, wenn du ein Künstler sein willst. Große Kunst verändert unsere Sichtweise auf die Dinge. Denke nur an den Impressionismus. Die Leute haben Monets verschwommene Sicht verspottet. Denke an den Kubismus. Man nahm an, dass Braque nach seinem Kopfschuss und der anschließenden Entfernung der Kugel den Verstand verloren hatte. Denk an Picassos Les Demoiselles d’Avignon – das sollen Frauen sein? Und was glaubst du, was sich General Yagüe an die Wand hängt oder General Várela?«
    »Jetzt machst du dich über mich lustig«, werfe ich ihm vor.
    Ein neuer Angriff beginnt, und wir kriechen ans Fenster und schießen auf die Männer, die aus der Geisteswissenschaftlichen Fakultät kommen (wir selbst sitzen im Gebäude für Landwirtschaft). In der Uniklinik hört man eine gewaltige Explosion (ausgelöst durch eine Bombe, die die Regulares in einem Fahrstuhl nach oben geschickt haben, wie wir später erfahren). Wir beschließen, uns in die Casa de Velázquez des Französischen Instituts zurückzuziehen, wo die Leichen einer Kompanie Polen liegen. Als wir uns im Zickzack vorwärts bewegen, ruft Oscar mir zu, dass General Yagüe wahrscheinlich eingehüllt in die Leinwand meines heroischen Porträts ins Grab sinken wird. Kugeln zerfetzen die Holztüren des Gebäudes, und wir wechseln die Richtung, hechten durch ein offenes Fenster und landen weich auf den toten Polen. Dann erwidern wir das Feuer durchs Fenster, bis der Angriff

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