Der Blumenkrieg
dessen wurde ich aus dem Garten Eden zurück in die Welt der Menschen getrieben, allein, unglücklich … nein, mehr als unglücklich. Meines Lebensinhalts beraubt. Wahnsinnig vor Schmerz.«
»Siehst du? Du kannst nicht Eamonn Dowd sein, denn deine Angaben stimmen nicht. Dowd hat diese Welt niemals verlassen – Primel erzählte mir, daß seine Schwester entführt wurde, nachdem die Verbannung hätte erfolgt sein sollen. Er hat sie also irgendwie umgangen. Wenn es etwas gibt, wovon alle felsenfest überzeugt sind, dann ist es dieser … Dings, dieser Kleeblatteffekt. Niemand kann hierherkommen, weggehen und dann noch einmal zurückkommen, und wenn du das behauptest, dann bist du nicht er. Quid pro quo.«
Das dürre Lachen wehte wieder durch den Raum, doch es klang nicht sehr heiter. »Was du sagen wolltest, ist quod erat demonstrandum, ›was zu beweisen war‹, nicht quid pro quo, was letztlich ›Verwechslung‹ bedeutet.«
Theo war innerlich zu aufgewühlt, um Peinlichkeit zu empfinden. »Von mir aus. Du weißt, was ich meine. Du sagst, du wärst in die Menschenwelt zurückgekehrt, aber ein Eamonn Dowd, der jetzt hier vor mir säße, wäre dazu nicht in der Lage gewesen.«
»Theo, Theo.« Es klang, als ob das Wesen in der dunklen Ecke mild tadelnd den Kopf schüttelte, auch wenn er keine entsprechende Bewegung erkennen konnte. »Du mußt mir wirklich nichts vom Kleeblatteffekt erzählen. Von den wahren Verhältnissen in Elfien hast du erschreckend wenig Ahnung – was übrigens für die meisten Elfen genauso zutrifft. Also warum hältst du nicht einmal eine Weile den Mund und hörst zu?
Über mich wurde die Verbannung ausgesprochen. Ich sollte gewaltsam aus Neu-Erewhon entfernt werden. Die juristischen Formalitäten, die noch zu erledigen waren, bevor die Verbannung rechtskräftig wurde, beanspruchten drei Tage – wenn es um sinnloses Abstempeln von Dokumenten und Schlangestehen geht, sind diese Blumenelfen so schlimm wie die britischen und selbst die russischen Apparatschiks. Erephine war mir weggenommen und auf den Landsitz ihrer Familie verschleppt worden, der mehr oder weniger eine Festung ist. Ich wußte, daß ich jeden Versuch, an sie heranzukommen, mit dem Leben bezahlen würde, und doch dachte ich ernsthaft darüber nach, überlegte, ob es nicht besser wäre, auf ihrem Rasen zu sterben, als mich von ihrer Familie und deren willfährigen Parlamentsabgeordneten rausschmeißen zu lassen. Ich war nicht mehr bei Sinnen, Theo. Ich liebte sie, ich hätte bedenkenlos meine unsterbliche Seele verkauft, um mit ihr zusammenzusein …«
»O Gott.« Theos Haut kribbelte, und sein Magen verkrampfte sich, bis ihm ganz übel war. »O Gott, du bist es wirklich. Du bist wirklich Eamonn Dowd.«
»Ich wußte das bereits«, sagte der Beseitiger. »Wieso glaubst du mir auf einmal?«
»Von allem andern abgesehen, wegen der Art, wie du gerade gesagt hast, daß du deine Seele verkauft hättest. Genauso wie ein normaler Mensch das sagen würde, selbst wenn er gar nicht an so was glaubt. Die menschenähnlichen Elfen denken nicht an Seelen und solches Zeug, weniger, weil sie nicht daran glauben, als weil sie anscheinend noch nie auf den Gedanken gekommen sind, daß es so was geben könnte. Die wenigen Male, die ich sie darauf angesprochen habe, war es, als hätte ich sie gefragt, ob sie Tentakel haben – wo doch alle Welt sehen kann, daß sie keine haben.«
»Nun, einige Elfenformen haben Tentakel. Du solltest mal bestimmte Tiefseenixen sehen. Selbst wenn einer hier ursprünglich mehr oder weniger wie ein Mensch aussieht, ist dies eine Lamarcksche Welt, und ein paar tausend Jahre unter extremem Druck machen komische Sachen mit einem.«
»Okay, okay, ich geb mich geschlagen, du bist wirklich mein Großonkel. Ich muß nicht die ganze Geschichte hören, ich muß meiner Freundin Apfelgriebs helfen – und diesem Freund hier.« Er deutete auf Wuschel. »Also, was wirst du tun? Mir helfen? Oder mich an diese mordgierigen Bestien Nieswurz und Stechapfel verraten?«
»Wie schon gesagt, du mußt dir anhören, was …«
»Nein! Ich habe Verpflichtungen!«
Ein langes Schweigen trat ein. Als Dowd es brach, hatte seine Stimme einen kalten, strengen Ton angenommen, den sie vorher nicht gehabt hatte und der Theo gar nicht behagte. »Du hast mich nicht zu unterbrechen, ob du nun einen moralischen Anspruch an mich hast oder nicht. Ich habe lange gewartet, und die Situation ist verwickelt. Ich werde dir meine Geschichte erzählen
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