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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schrecklich, mußt du wissen. Und nicht nur für dich.«
    Plötzlich fielen Theo wieder Fürst Stockroses Spekulationen an dem Nachmittag vor dem Brand der Narzissen-Residenz ein. »Du meinst damit die Urnacht, nicht wahr? Die sie auf die Menschenwelt loslassen wollen. So was wie eine schwarzmagische Flutwelle …« Und noch während er das sagte, wurde ihm klar, daß er sich auf keinen Fall opfern durfte, für Wuschel Segge nicht, für Apfelgriebs nicht, für niemanden. Er hatte keine Ahnung, was für ein Wissen er angeblich besaß, aber das Risiko war zu groß. Er wirbelte herum und stürmte auf die Tür zu.
    Er hätte sie beinahe erreicht, schien es ihm. Schon streiften seine Finger die Klinke, da krallte sich eine mächtige, teigige Hand in den Rücken seines Hemdes, das zwar an den Nähten riß, aber doch lange genug hielt, daß die Bestie ihn in ihren Klammergriff nehmen konnte. Er trat und schlug wie wild um sich, versuchte, dem Alraun mit der freien Hand ins Gesicht zu langen, ihm in die Augen zu kratzen und ihn wütend zu machen. Er wußte, daß dies seine letzte Tat im Leben sein konnte, daß er damit Selbstmord betrieb, nur um sich nicht zum Werkzeug der Nieswurzpartei machen zu lassen, doch obwohl er seine Nägel tief in die Augenhöhlen des Ungeheuers grub, gab es dort nichts zu verletzen: Die feuchte, faserige Masse schälte sich einfach ab und glitschte an seinem Handgelenk hinunter. Das Ding zog ihn an sich, umschlang ihn mit seinen gewaltigen Armen, hielt ihn fest.
    Theo schossen Tränen der Wut und Verzweiflung in die Augen. »Du Scheißkerl!« schrie er den Zuschauer im Schatten an. »Wenn du mich nicht tötest, bring ich die andern dazu. Ich werde ihnen nicht geben, was sie haben wollen.«
    »Dieses Versprechen würdest du nicht lange halten, wenn sie dich erst einmal in die Mangel genommen hätten«, erklärte die trockene Stimme. »Aber du verstehst mich falsch. Der Irrha hatte den Auftrag, dich zunächst zu mir zu bringen, aber nicht damit ich mir Nieswurz’ Belohnung verdiene, sondern damit ich mich meinerseits mit dir unterhalten kann. Nidrus Nieswurz ist nicht der einzige, der lange gewartet hat, um sich den Wunsch seines Herzens zu erfüllen. Auch ich brauche deine Hilfe.«
    »Meine Hilfe! Du spinnst wohl! Eher sterbe ich. Von mir aus kannst du mit den Daumenschrauben ankommen.« Doch das waren falsche, hohle Töne. Er wußte, daß selbst die Härtesten und Willensstärksten unter der Folter einknickten, und er gehörte gewiß nicht zu denen. Seine einzige Hoffnung war, diesen Beseitiger am Reden zu halten und auf einen günstigen Moment zur Flucht zu hoffen. Poppis Telefon fiel ihm ein, und er fragte sich, ob er sich gefügiger stellen und auf eine Chance warten sollte, ihr damit irgendwie ein Notsignal zu senden. Doch was konnte sie tun? Mit ihrer Schulfreundin angefahren kommen? Er hatte schon Wuschel und Apfelgriebs nicht schützen können, seine beiden anderen engsten Freunde, er konnte nicht auch noch Poppi ans Messer liefern. »Du treibst also mit Nieswurz ein doppeltes Spiel«, sagte er. »Du hast wohl einen andern Kunden gefunden, der dir für mein vermeintliches Wissen mehr zahlt.«
    »Ich bedauere es ehrlich, daß es sich so entwickelt hat, Theo. Das Leid, das ich dir und den Deinen zugefügt habe, beschwert mein Gewissen schon genug, aber der Druck, unter dem ich stehe, ist sehr groß.«
    »Gewissen? Elfen haben kein gottverdammtes Gewissen. Ihr alle seid die egoistischsten Kreaturen, die mir je begegnet sind. Selbst Hitler hätte nicht getan, was Nieswurz tun will, nämlich eine ganze Welt zerstören, bloß um an der Macht zu bleiben.«
    »Ich vermute eher, er hätte es getan, wenn sich ihm die Gelegenheit geboten hätte«, sagte der Beseitiger. »Aber wie dem auch sei, dein Anwurf trifft daneben. Ich bin nämlich kein Elf. Jedenfalls kein richtiger.«
    »Und was bist du? Offensichtlich ein Monster.«
    »Ob ich ein Monster bin, darüber läßt sich streiten. Aber ich bin in dieser Welt hier viel weniger zu Hause als du.«
    Theos Angst war zu einem schweren, zähen Ekel geronnen. »Ist mir egal. Deine Probleme und deine Rätsel gehen mir am Arsch vorbei.«
    »Ich hatte gehofft, es würde besser laufen«, sagte die Stimme im Schatten nach längerem Schweigen. »Vielleicht finde ich nicht die richtigen Worte für das, was ich sagen will. Als ich mir seinerzeit diesen Tag ausmalte, war ich mir sicher, wir würden irgendwie miteinander reden können, wo wir doch so viel gemeinsam

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