Der Blutfluch: Roman (German Edition)
tun, meine Liebe«, versprach er mit plötzlich belegter Stimme. Geschickt streifte er ihr das Hemd ab.
Die Nachtluft berührte ihren Leib. Streichelnd lösten Friedrichs Hände ihr die ängstlich verkrampften Muskeln.
Erleichtert wagte sie ein Blinzeln, und als er sich über sie beugte, um sie zu küssen, erwiderte sie zaghaft sein liebkosendes Streicheln.
Zuversichtlicher als zuvor tat sie, was seine Berührung an ihren Schenkeln forderte: Obwohl es ihr schwerfiel, sich auszuliefern, klammerte sie sich an sein Versprechen, er wolle ihr nicht weh tun.
Kein Laut drang aus ihrem Mund, als er es brach.
Die Gemahlin des Kaisers weinte nicht.
***
Rupert von Urach
Würzburg, bischöfliche Residenz, 15. Juni 1156
I n den Tiefen des bischöflichen Weinkellers lehnte Rupert von Urach, die Arme vor der Brust verschränkt, an einem Steinpfeiler. Moderhauch durchdrang das Gewölbe. Jeder Atemzug schmeckte in seiner Kehle nach Fäulnis. Ein grässlicher Ort. Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, seine engsten Vertrauten ausgerechnet hier zusammenzurufen. Zwar milderten die Weinfässer und die Pechfackeln den Eindruck, aber doch herrschte eine Kerkeratmosphäre, hier unter den Steinmassen der bischöflichen Residenz von Würzburg, die sich über ihnen türmte.
Er hasste Keller, Kerker und Höhlen, je tiefer, umso mehr. Atemnot und irrationale Furcht überfielen ihn, sobald er in die Erde hinabsteigen musste. Nur mit allergrößter Beherrschung verbarg er seine Gefühle vor Berthold von Zähringen und den anderen Gefährten. Es hätte Berthold amüsiert zu wissen, dass er noch immer unter dem Streich litt, den er dem Knappen Rupert vor vielen Jahren gespielt hatte.
Wie lange sollte dieses verschwörerische Treffen andauern? Der Kellermeister seiner Eminenz hatte die Zecher längst verlassen, zuvor aber die Krüge noch großzügig gefüllt. Rupert beneidete ihn um die Freiheit, einfach gehen zu dürfen. Berthold erging sich seit Tagen in Selbstmitleid, weil seine Pläne gescheitert waren. Es langweilte Rupert, seinen immer gleichen Tiraden und denen der Gefährten zu lauschen, die ihm nach dem Mund redeten.
Noch vor vier Jahren hatte Berthold von Zähringen zusammen mit Friedrich dem Staufer, dem heutigen Kaiser, Heinrich dem Löwen und Welf VI . aus dem Welfengeschlecht das mächtigste Quartett des deutschen Reiches gebildet. Als König Konrad im Februar 1152 unerwartet starb und nur einen sechsjährigen Sohn hinterließ, durfte jeder von ihnen sich berechtigte Hoffnungen auf die Königskrone machen. Aber ehe noch die Wahl in Frankfurt stattfinden konnte, hatte Barbarossa mit einem kühnen Handstreich die Krone an sich gerissen.
Seine Behauptung, Konrad habe ihm auf dem Sterbebett die Reichsinsignien überreicht, kam für alle völlig überraschend. Auch gab es für diesen einmaligen Vorgang nur einen einzigen Zeugen: Barbarossa selbst.
Um den Unmut seiner von ihm ausgestochenen Konkurrenten zu besänftigen, entschädigte er sie mit Titeln und Ländereien. Auch der Vertrag mit dem Hause Zähringen wurde damals erneuert, und Berthold, zu dieser Zeit Herzog und Rektor von Burgund, sah sich für kurze Zeit als ein Gewinner. Er hatte die Abmachungen so oft gelesen, dass er die wichtigen Passagen der Urkunde bis heute im Gedächtnis bewahrte:
Der Herr König wird dem Herzog das Gebiet Burgunds und der Provence geben und wird mit ihm in diese Lande einrücken und ihm helfen, sie zu unterwerfen, in guter Treue, nach dem Rat der bei dieser Heerfahrt befindlichen Fürsten. Für das Gebiet, das zurzeit der Graf Wilhelm von Mâcon anstatt seiner Nichte hat, wird der König dem Herzog Recht schaffen.
Von wegen Recht schaffen. Barbarossas Heirat mit der Erbin von Burgund sprach allen Verträgen Hohn. Berthold war nicht länger Herzog von Burgund. Man hatte ihn mit der Reichsvogtei über Genf, Lausanne und Sitten abgespeist. Die Kanzlei des Kaisers nannte ihn in den entsprechenden Urkunden Herr von Zähringen, nicht länger Herzog und
Rector Burgundiae,
wie zuvor.
Berthold knallte den Becher, den er in der Hand hielt, auf den vor ihm stehenden Holztisch, so dass sein Inhalt hochspritzte. Missgelaunt starrte er ins Dunkel. Er wartete schon allzu lange auf Rupert.
»Rupert, wo steckst du? So lange kann es doch nicht dauern, den Wein wieder abzuschlagen!«
Rupert gab seinen Warteposten auf und schloss sich der Runde wieder an, zu der auch Kuno von Vohburg gestoßen war.
Kuno von Vohburg, von dem er beim besten Willen nicht
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