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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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um ans Fenster zu gelangen, bemerkte er einen Gegenstand auf ihrem Nachttisch, der nicht hierher gehörte. Es kam oft vor, dass sie vor dem Einschlafen noch etwas las, und neben der Nachttischlampe lag für gewöhnlich eines der kleinen Büchlein mit Gedichten aus der Hausbibliothek. Was nun dort lag, war wesentlich größer und bedeckte beinahe das ganze Tischchen.
    Er nahm es in die Hand. Wollte nicht glauben, dass es das war, wofür er es hielt.
    Doch als er darin blätterte, wurde die Vermutung zur Gewissheit. Er sah die Landschaftszeichnungen, die Jagdszenen, die Porträts, die schaurigen Todesmotive, von denen Katharina gesprochen hatte. Kein Zweifel – es war Eugens Skizzenbuch!
    Was suchte es hier?
    Er warf den Block auf das Bett, nahm ihn wieder an sich, wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Schließlich klemmte er ihn sich unter den Arm und trat vor das Zimmer.
    Er musste nicht lange auf Katharina warten. Sie trug eines von Sophias einfacheren Kleidern. In diesem Augenblick tat es ihm weh, dass sie es anzog, um in den Stall hinauszugehen. Obwohl es alt und abgetragen war, tat es ihm weh.
    Stumm streckte er ihr das Buch entgegen.
    „Was ist das?“, fragte sie.
    „Du weißt, was es ist“, stellte er fest.
    Sie nickte. „Ja, das ist … aber wo hast du es her? Eugen, ist er … hier?“
    Lorenz’ Augenbrauen zogen sich zusammen. „Das wäre dir sicher nicht unrecht.“
    Katharina versuchte ihn ins Zimmer zu drängen, wohl, um ungestört mit ihm reden zu können (denn am Ende des Korridors öffnete sich vorsichtig eine Tür, und einer der Gäste spähte heraus), doch Lorenz ließ sie nicht hinein.
    „Wer hat es dir gegeben?“, fragte Katharina. „Ist … Eugen etwas geschehen? Er würde es nie aus der Hand geben!“
    „Und wenn doch, dann nur an einen besonderen Freund“, erwiderte Lorenz lauernd. „Du weißt, dass du mich mit dieser Schauspielerei rasend machst, Katharina! Sag schon, hast du es dir geholt, oder hat er es dir gebracht? Wo habt ihr euch getroffen? Oder war einer unserer Gäste beauftragt – ein kleiner Umweg – ein pikantes Geheimnis hinter dem Rücken des Schlossherrn? Hast du vergessen, dass ich morgens in dein Zimmer zu kommen pflege?“
    „Nein, das habe ich eben nicht vergessen.“ Sie hatte den ersten Schrecken überwunden, und ihre Augen sprühten Funken des Zornes. „Und deshalb hätte ich dieses Buch, wenn ich es je besessen hätte, niemals an einen Ort gelegt, wo du es hättest finden können, du Dummkopf!“
    „Deine Zunge verrät deine betrügerischen Gedanken“, gab er zurück. Sein Gesicht verfärbte sich.
    „Du glaubst mir also immer noch nicht? Nach allem, was ich getan habe, um endlich dein Vertrauen zu gewinnen? Du weißt immer noch nicht, dass ich dich nie belügen würde?“
    „Eben hast du ein ausgezeichnetes Beispiel deines betrügerischen Verstandes gegeben“, brummte er.
    „Das war nur … ein Beispiel. Für etwas, was ich nicht tun würde.“
    Er schmetterte das Buch auf den Boden, dass es durchs ganze Haus hallte. „Das hier ist auch ein Beispiel. Ein Beispiel für deine untreuen Gedanken.“
    „Lo…“ Ihre Stimme versagte, und sie machte einen zweiten Versuch. „Lorenz! Willst du es wirklich beenden? Wir sind so weit gekommen, haben so viele Fortschritte gemacht. Und jetzt …“
    „Ich will nichts beenden“, schnappte er. „Ich will, dass du dich meines Vertrauens endlich würdig erweist. Dass du dich endlich entscheidest, wer dir wichtig ist! Mein Vertrauen ist kein Freibrief. An mein Vertrauen sind Bedingungen geknüpft.“
    „Ich weiß nicht, wie dieses Buch hierher kommt. Und ich weigere mich zu glauben, dass es in meinem Zimmer war. Als ich meine Kammer vor einer halben Stunde verlassen habe, war es noch nicht da. Wo hast du es her?“
    In diesem Moment kam einer der Gäste aus einer der benachbarten Türen und grüßte.
    Lorenz trat einen Schritt auf ihn zu, und Katharina nutzte die Situation, um in ihr Zimmer zu schlüpfen und die Tür hinter sich zu verriegeln.

11
    Lorenz, der den Tag auf der Jagd verbrachte, sah seine Gemahlin nur kurz am Abend. Sie zeigte sich auf dem Bankett – in einem ihrer eigenen Kleider –, begrüßte die Gäste, wünschte allen einen amüsanten Abend und entschuldigte sich, dass eine Unpässlichkeit sie leider zwang, früh zu Bett zu gehen. Lorenz schenkte sie keinen Blick. Er griff nach ihr, doch als sie sich ihm entwand, wagte er es nicht, sie festzuhalten. Die Jagd hatte einen großen Teil

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