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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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schockierte ihn das Kleid, das Sophia getragen hatte, am glücklichsten Tag ihres Lebens. Woher hatte sie es nur? Ja, richtig, er selbst hatte ihr den Schlüssel für Sophias Schränke gegeben. Sein Vertrauen. Sie hatte es wieder missbraucht. Er hatte ihr den Schlüssel nicht überlassen, damit sie … damit sie …
    Als er die Hände von seinem Gesicht nahm, hatte sich die Szene verändert. Einige der Spieler liefen vom Feld herunter, die anderen standen unschlüssig dort.
    Seine Augen brannten, aber es kamen keine Tränen.
    Falkengrund kam ihm auf einmal fremd vor, ein Anwesen, das er jetzt, in diesem Augenblick, zum ersten Mal sah. Ein Schachfeld im Garten. Wer kam nur auf solche Ideen? Eben hatte er dort unten noch seine geliebte Gemahlin gesehen. Nun war sie verschwunden. Eine Frau, die genau so aussah wie sie, stand noch immer dort. Aber es war nicht seine Gattin. Es war eine Hure.
    „Kümmert euch nicht um mich!“, rief er. „Wirklich. Es ist in Ordnung. Ich bin euer Gastgeber, und ich wollte es so. Ja. Spielt euer Spiel zu Ende – es stört mich nicht. Ich wäre … untröstlich, wenn ihr es aus falscher Höflichkeit abbrechen müsstet! Weiter! Weiter! Macht schon! Wer ist am Zug? Wer?“
    Er taumelte zurück ins Zimmer, prallte gegen eine Wand, warf ein Tischchen um und stürzte zu Boden.
    Dort blieb er geraume Zeit liegen. Versuchte nachzudenken und stellte fest, dass er das nicht mehr konnte. Er hatte es verlernt. Nachdenken, überlegen – wie stellte man das an?
    Irgendwann rappelte er sich auf. Als er erst einmal stand, fühlte er sich voller Energie.
    Er musste etwas tun. Aber was?
    Und dann merkte er, dass er durchaus noch denken konnte.
    Nur war es anders als früher.

12
    „Müde?“, fragte der Baron, als seine Gäste vom Garten hereinkamen. Er stand vor der linken Treppe, einen Arm in die Hüfte gestemmt – ein Schemen, das mit dem Hintergrund zu verschmelzen drohte. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt, und im Gebäude herrschte Zwielicht. Eine einzelne trübe Lampe brannte über dem Kamin. „Sehr müde? Oder ist noch Kraft übrig für ein Spielchen mehr?“
    Einige der Männer hatten ihre Hosen falsch zugeknöpft, und die Damen kämpften mit ihren Kleidern und Haaren. Sie waren ein bunter, verrückter Haufen, sahen aus wie Bauern, die sich als feine Herrschaften verkleidet hatten.
    „An welche Art von Spiel dachte der Herr Baron?“, wollte eine Gräfin wissen, die erfolglos versuchte, die geöffneten Haare ohne Hilfe eines Spiegels wieder hochzustecken. „Übrigens war es schade, dass Sie sich nicht zu uns gesellt haben. Wir waren alle seeeehr erleichtert, Sie nicht verärgert zu haben, und hofften, Sie würden uns begehren … äh … beehren.“ Sie lachte dümmlich, und die anderen stimmten ein. Sie sammelten sich in der Halle, blickten dem Baron erwartungsvoll entgegen. Wolfgang und Roland waren darunter. Und diese Frau, die seiner Katharina so ähnlich sah. Katharina wäre an seine Seite gekommen. Diese Frau blieb bei den anderen stehen.
    „Ich konnte nicht kommen, denn ich musste das hier vorbereiten.“ Er wies in eine Ecke der Halle, wo in den Schatten etwas aufgehäuft war. Es sah aus wie Seile oder Lederriemen.
    Der Graf von Sommerbühl war der erste, der hinüberging und sich den Haufen genauer ansah. Er hielt ein paar der Riemen hoch. Halsbänder waren daran befestigt. „Das sind … Hundeleinen“, sagte er mit lauter Stimme, um alle zu informieren.
    Lorenz wippte auf den Füßen, wie jemand, der unruhig auf seinen großen Auftritt wartete. „Ganz richtig. Hundeleinen. Wir brauchen sie für das Spiel.“
    „Welches Spiel, Vater?“ Das war Roland. Er wirkte verunsichert.
    „Ich habe schon mehrmals erwähnt, dass Schach mich nicht zu fesseln vermag“, erklärte er.
    „Und Hundeleinen tun es?“, rief jemand.
    „Hundeleinen fesseln jeden“, entgegnete Lorenz schlagfertig, und die Menge lachte. Sogar Roland und Wolfgang mussten schmunzeln. Natürlich lachte die Hure, die Katharinas Gesicht hatte, nicht mit, aber das kümmerte ihn nicht. Man konnte es nicht allen recht machen. „Meine Leidenschaft kennt ihr alle.“
    „Die Jagd!“
    „Die Jagd“, nickte er. „Und was wäre eine Jagd ohne Hunde?“
    „Nichts!“ Irgendjemand aus der Menge antwortete immer. Es war einfach. Sie waren vollkommen in seiner Hand. Eine Weile sagte er nichts. Er ließ den Leuten Zeit, sich die Leinen in Ruhe anzusehen und sie anzufassen. Es war nichts Besonderes an ihnen. Bis vor

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